19.10.2005

Ehepartner, die sich scheiden lassen, können nicht mehr sämtliche Kosten des Scheidungsverfahrens steuerlich als außergewöhnliche Belastungen geltend machen. Dies entschied nun der Bundesfinanzhof in zwei Urteilen (Az: III R 36/03 und III R 27/04), die am Mittwoch bekannt gegeben wurden.

Bislang konnten Anwalts-, Gerichts-, Notar- und Gutachterkosten, die im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren entstanden, insgesamt steuerlich berücksichtigt werden. Aufwendungen für sog. Folgesachen, d.h. die Regelung der elterlichen Sorge, des Umgangsrechts, der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern und dem Ehegatten, der güterrechtlichen Verhältnisse und der Rechtsverhältnisse an Ehewohnung und Hausrat sowie eventuell Prozesskostenvorschüsse, die an den getrennt lebenden Ehegatten zu zahlen waren, waren davon umfasst.

Diese Möglichkeit reduzierte der Bundesfinanzhof nun drastisch: Ausschließlich die Prozesskosten für die Scheidung und den Versorgungsausgleich – die Aufteilung der Anwartschaften für die Altersversorgung – könnten steuermindernd berücksichtigt werden, da sie zwingend mit der Scheidung zu regen sind. Die Aufwendungen für die Folgesachen, mit denen sich das Familiengericht nur auf Antrag befasst, seien demgegenüber nicht abzugsfähig.

In dem Rechtsstreit III R 36/03 hatten die in Gütergemeinschaft lebenden Eheleute zur Vorbereitung der Scheidung einen notariellen Auseinandersetzungsvertrag geschlossen; die hierfür entstandenen Notar- und Anwaltskosten ließ der Bundesfinanzhof nicht zum steuerlichen Abzug zu. In dem Rechtsstreit III R 27/04 hatten die in Zugewinngemeinschaft lebenden Eheleute die Auseinandersetzung ihres Vermögens in einem gerichtlichen Vergleich im Rahmen des Scheidungsverfahrens geschlossen. Auch die hier entstandenen Gerichts-, Anwalts- und Gutachterkosten sah der Bundesfinanzhof nicht als abzugsfähige außergewöhnliche Belastungen an.

Als außergewöhnliche Belastungen sind nach § 33 EStG größere Aufwendungen steuerlich abzugsfähig, die einem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen und die die  überwiegende Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstands nicht bzw. nicht in dieser Höhe zu tragen hat. Zwangsläufig sind Aufwendungen, denen sich der Steuerpflichtige aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Liegt die Ursache der Aufwendung allerdings in der „gestaltbaren Lebensführung“ des Einzelnen, kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ein Abzug nicht in Betracht.

Bislang hatte der Bundesfinanzhof es als ausreichend erachtet, wenn Kosten mit der Scheidung in einem unlösbaren prozessualen Zusammenhang standen (vgl. etwa Entscheidung vom 09.05.1996, Az. III R 224/94), was auch dann bejaht wurde, wenn eine Folgesache auf Antrag einer der Ehepartner in den Scheidungsverbund fiel. 

Nun entschied der Bundesfinanzhof, dass lediglich die Kosten des sog. Zwangsverbundes, also der Scheidung selbst und des Versorgungsausgleichs, als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig seien. Der Gesetzgeber habe „im Fall der Scheidung den (früheren) Eheleuten die Regelung ihrer Verhältnisse im Wesentlichen in gleicher Weise zur eigenverantwortlichen Gestaltung übertragen wie in bestehender Ehe oder im Falle nichtehelicher Familienbeziehungen“.

Die Entscheidungen betreffen zwar allein Kosten für die Regelung der Vermögensauseinandersetzung; in der Begründung unterscheidet der Bundesfinanzhof jedoch grundsätzlich zwischen Zwangsverbund und Folgesachen: Alle Regelungen, die außerhalb des sog. Zwangsverbundes durch das Familiengericht oder außergerichtlich getroffen werden, sind danach als „Privatsache“ der Eheleute nicht steuermindernd zu berücksichtigen.

Verfasser: RAin Annette Wittmütz, Bonn

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