19.10.2005 -

Werden Dienstwagen zur privaten Nutzung von dem Arbeitgeber überlassen, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, den damit verbundenen geldwerten Vorteil zu versteuern. Üblicherweise geschieht dies mit der 1 %-Listenpreismethode. Die Arbeitnehmer haben allerdings auch die Möglichkeit, gegenüber dem Finanzamt mit Hilfe eines Fahrtenbuches einen geringeren Privatnutzungsanteil nachzuweisen, um die Steuerlast zu vermindern. Wir hatten bereits früher eine Entscheidung des LAG Hamm wiedergegeben, in der ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Auskunft gegen den Arbeitgeber bezüglich aller den Pkw betreffenden Unterhaltskosten abgelehnt wurde. Nunmehr hatte sich auch das Bundesarbeitsgericht mit der Frage zu befassen und anders als das LAG Hamm eine grundsätzliche Pflicht des Arbeitgebers zur Auskunfterteilung bejaht (LAG Hamm, Urt. v. 25.02.2004 – 14 Sa 1849/03 -; Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 19.04.2005 – 9 AZR 188/04 -, NZA 2005, 983). Die Auswirkungen für die Praxis sind bedeutend. Wir möchten deshalb nachfolgend die wesentlichen Grundsätze des neuen BAG-Urteils darstellen.

Der Sachverhalt der Entscheidung (verkürzt):

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Auskunft über die Kosten des vom Kläger benutzten Dienstfahrzeuges. Der Kläger war seit 1992 bei der Firma als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Ihm stand ein Dienstfahrzeug auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Der beklagte Arbeitgeber ermittelte den geldwerten Vorteil der Privatnutzung von Anfang an nach der so genannten 1%-Regelung. Der steuerliche Ansatz betrug beispielhaft im Mai 1992 100,33 DM, im November 2001 hingegen 407,00 DM.

Der Kläger machte der Finanzverwaltung gegenüber für die Jahre 2000 und 2001 geltend, der der Lohnsteuer zugrunde gelegte Privatnutzungsanteil sei zu hoch bemessen, weil er das Dienstfahrzeug privat nur in geringem Umfang nutzte. Ihm wurde daraufhin von der Finanzverwaltung anheim gestellt, ein Fahrtenbuch einzureichen sowie eine Aufstellung des Arbeitgebers über die das Dienstfahrzeug betreffenden Kosten. Der Beklagte lehnte ab, eine entsprechende Bescheinigung für den Mitarbeiter zu erstellen.

Der Arbeitnehmer erhob daraufhin Auskunftsklage. Der Arbeitgeber sei aus der arbeitsvertraglichen Nebenpflicht gehalten, ihm die gewünschte Auskunft zu erteilen. Da er steuerrechtlich befugt sei, den geldwerten Vorteil der Privatnutzung individuell zu berechnen, müsse ihm der Beklagte die erforderliche Auskunft erteilen. Sein Steuererstattungsanspruch belaufe sich auf rund 1.000,00 € jährlich. Dies sei ein erheblicher Betrag. Zudem sei es dem Arbeitgeber unschwer möglich, ihm hierzu zu verhelfen.

Der Arbeitgeber hat hingegen geltend gemacht, einer Auskunftspflicht stehe die arbeitsvertraglich vereinbarte Bemessung nach der so genannten 1%-Regelung entgegen. Jedenfalls schulde er keine Auskunft, weil deren Erteilung mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden sei.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Auskunftsklage abgewiesen.

Die Entscheidung des BAG:

Das BAG hat hingegen in der Revision den Auskunftsanspruch bejaht.

I. Auskunft als Nebenpflicht

Das BAG bejaht einen Auskunftsanspruch als arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG besteht außerhalb der gesetzlichen oder vertraglich geregelten Auskunftsansprüche ein Auskunftsrecht immer dann, wenn die Rechtsbeziehung zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang eines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen tatsächlichen Angaben unschwer machen kann.

So liegt der Fall hier. Der Kläger ist auf die Auskunft des Arbeitgebers angewiesen. Dies erklärt sich aus den Besonderheiten des Lohnsteuerabzugsverfahrens. Die Überlassung eines Dienstfahrzeugs auch zur privaten Nutzung an einen Arbeitnehmer stellt einen geldwerten Vorteil dar. Dieser ist deshalb bei den Einkünften gem. § 19 EStG zu berücksichtigen.

Steuerrechtlich bestehen nach § 8 Abs. 2 EStG wahlweise zwei Möglichkeiten zur Ermittlung des Nutzungswertes zur Verfügung. Die pauschale 1%-Listenpreismethode oder aber die konkrete Kostenermittlung durch Nachweise. Haben aber die Arbeitsvertragsparteien pauschal die 1%-Listenpreismethode vereinbart, kann dem Arbeitnehmer steuerrechtlich ein Nachteil entstehen, wenn der tatsächliche Nutzungswert unter dem versteuerten Pauschalwert liege. Der Arbeitgeber hat in einem solchen Fall zuviel Steuer für den Arbeitnehmer abgeführt. Dieses System begründet grundsätzlich einen Auskunftsanspruch.

II. Übermäßige Belastung des Arbeitgebers?

Der Auskunftspflicht kann im Einzelfall durchaus eine übermäßige Belastung des Arbeitgebers entgegenstehen. Ein erheblicher Mehraufwand zur Ermittlung der Kosten muss aber substantiiert von dem Arbeitgeber dargelegt werden. Dies setzt voraus, dass der Arbeitgeber vorträgt, welche Arbeitsschritte im Einzelnen erforderlich sind, um die gewünschten Auskünfte zu erteilen. Dabei kommt es z.B. nicht auf die Größe des Fuhrparks an. Dem Auskunftsanspruch können nach Auffassung des BAG nur solche Aufwendungen entgegengehalten werden, die mit der Auskunft tatsächlich verbunden sind.

Hinweis für die Praxis:

Bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages sollten die Arbeitsvertragsparteien die spätere steuerrechtliche Behandlung im Auge behalten und entsprechend handhaben. Aus Arbeitgebersicht empfiehlt es sich, die Vor- und Nachteile zu benennen und dann ggf. den Arbeitnehmer nachweisbar entscheiden zu lassen. Auf diese Weise kann späterer Streit vermieden werden. In der vorliegenden Entscheidung wurde leider auch nicht berücksichtigt, dass der Arbeitnehmer nahezu 10 Jahre lang die 1%-Regelung widerspruchslos hingenommen hatte.

Verfasser: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Nicolai Besgen

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • TOP-Wirtschafts­kanzlei für Arbeits­recht
    (FOCUS SPEZIAL 2023, 2022, 2021, 2020)

  • TOP-Kanzlei für Arbeitsrecht
    (WirtschaftsWoche 2023, 2022, 2021, 2020)

  • TOP-Anwältin für Arbeitsrecht: Ebba Herfs-Röttgen
    (WirtschaftsWoche, 2023, 2022, 2021, 2020)

  • TOP-Anwalt für Arbeitsrecht: Prof. Dr. Nicolai Besgen
    (WirtschaftsWoche 2023, 2020)

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen