23.10.2005 -

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Betriebsrat die erforderlichen sächlichen Mittel für die Betriebsratsarbeit zur Verfügung zu stellen und die anfallenden Kosten umfassend übernehmen. Diese generelle Kostentragungspflicht ist in § 40 BetrVG geregelt. Im Zuge des Betriebsverfassungsreformgesetzes 2001 ist § 40 Abs. 2 dahingehend ergänzt worden, dass dem Betriebsrat in erforderlichem Umfang Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung zu stellen ist. In der Praxis kommt es immer wieder über den Inhalt und die Reichweite dieses Anspruchs zum Streit. In einem aktuellen Beschluss hatte sich das Bundesarbeitsgericht nun mit der Frage zu befassen, ob der Betriebsrat Anspruch auf Veröffentlichung seiner Informationen auf einer eigenen Homepage auch in einem vom Arbeitgeber eingerichteten betriebsübergreifenden Intranets hat (BAG, Beschl. v. 01.12.2004 – 7 ABR 18/04 -, AP Nr. 82 zu § 40 BetrVG 1972).

Der Sachverhalt der Entscheidung:

Die beteiligten Betriebspartner streiten darüber, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, dem Betriebsrat die Veröffentlichung von Informationen im betriebsübergreifenden Intranets zu gestatten.

Bei dem Arbeitgeber handelt es sich um die Tochtergesellschaft einer schwedischen Bank. Bei der Zentrale in Deutschland ist ein Betriebsrat gebildet, der ca. 790 Arbeitnehmer vertritt. Daneben bestehen Betriebsräte für die Filiale Frankfurt sowie für die bundesweit verteilten anderen Filialen. Mehr als 90 % der Arbeitnehmer steht ein PC am Arbeitsplatz und der Zugang zum unternehmensweiten Intranets zur Verfügung. Nahezu sämtliche Informationen im Unternehmen werden ins Intranet gestellt.

Das Intranet ist allerdings nicht nach Betrieben segmentiert. Auch nur die Zentrale betreffenden Informationen, z.B. die Einladung zu einer Mitarbeiterversammlung, werden in das unternehmensweite Intranet eingestellt.

Der nur für die Zentrale gebildete Betriebsrat hat beantragt, ihm die Nutzung des Intranets gem. § 40 Abs. 2 BetrVG zu gestatten. In dem Schreiben des Betriebsrats an die Arbeitgeberin heißt es u.a.:

1.   Die Nutzung des Intranets soll die bisherigen Möglichkeiten der Bekanntmachung über Anschlagbretter und Rundschreiben ergänzen. Der Betriebsrat benötigt den Zugang, um Termine mitzuteilen und über die Gremien -und Ausschlussaktivitäten sowie organisatorische Angelegenheiten zu berichten.

2. …

Die Arbeitgeberin verweigerte dem Betriebsrat die beantragte Nutzung. Daraufhin hat der Betriebsrat im Wege des Beschlussverfahrens beantragt, der Arbeitgeberin aufzugeben, ihm das bankinterne Intranet als Forum zur Verfügung zu stellen.

Die Arbeitgeberin hat dabei insbesondere die Ansicht vertreten, der Betriebsrat sei zur Erfüllung seiner Aufgaben nicht auf die Nutzung des Intranets angewiesen. Er könne vielmehr weiterhin das Schwarze Brett nutzen und Rundschreiben versenden. Zudem sei das Intranet nicht nach den einzelnen Betrieben segmentiert. Es könne daher nicht verhindert werden, dass Mitarbeiter Arbeitszeit für die Lektüre von Informationen örtlicher Betriebsräte anderer Betriebe verwendeten, die nicht für sie bestimmt seien.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben den Anträgen des Betriebsrats weitestgehend stattgegeben.

Die Entscheidung des BAG:

Im Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht sind die Beschlüsse der Vorinstanz bestätigt worden.

I. Grundsätze

Der Wortlaut des § 40 Abs. 2 BetrVG spricht davon, dass der Arbeitgeber Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung zu stellen hat. Es geht also damit nicht um einen Kostenerstattungsanspruch in Form eines Zahlungsanspruchs, wie es § 40 Abs. 1 BetrVG vorsieht, sondern vielmehr richtet sich der Anspruch des Betriebsrats bei dem in Abs. 2 genannten Sachaufwand darauf, dass ihm diese Gegenstände zur Verfügung gestellt werden. Es handelt sich damit um eine Naturalleistungspflicht des Arbeitgebers. Der Betriebsrat ist daher wegen dieser Bereitstellungspflicht des Arbeitgebers nicht berechtigt, sich die benötigten Sachmittel selbst zu verschaffen. Er ist deshalb darauf verwiesen, seine Ansprüche gegen den Arbeitgeber durchzusetzen, auch wenn dies im Einzelfall mit Verzögerungen verbunden sein mag.

II. Grundsatz der Erforderlichkeit

Die Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Betriebsrat Sachmittel zur Verfügung zu stellen, besteht nicht uneingeschränkt. Vielmehr kommt ein Anspruch nur „in erforderlichem Umfang“ in Betracht. In der Rechtsprechung richtet sich die erforderliche Einzelfallbeurteilung im Wesentlichen nach den Aufgaben des Betriebsrats, nach der Größe und Beschaffenheit des Betriebs, nach der Größe des Betriebsrats und nach den besonderen Erfordernissen im Einzelfall. Der Ausstattungsanspruch des Betriebsrats kann damit je nach Lage der Umstände durchaus unterschiedlich sein. Es ist daher ohne weiteres möglich, dass der Anspruch eines Betriebsrats in einem kleineren Betrieb bspw. auf Bereitstellung eines Computers oder Nutzung des Intranets abzulehnen ist, in einem Großbetrieb hingegen wegen der betrieblichen Notwendigkeiten bejaht wird.

III. Eigene Homepage des Betriebsrats als Schwarzes Brett im Intranet?

Zur Erledigung seiner Aufgaben bei der Information der Belegschaft hat der Betriebsrat Anspruch auf Bereitstellung einer Anschlagsfläche, auf das so genannte „Schwarze Brett“. In der modernen Arbeitswelt wird hingegen das klassische Schwarze Brett durch das Intranet ersetzt. Die Aushänge werden elektronisch im Unternehmen verbreitet. Gerade in großen Unternehmen, die über zahlreiche Niederlassungen im In- und Ausland verfügen, werden so die Wege verkürzt und eine einheitliche gleichzeitige Information aller Arbeitnehmer ist gewährleistet.

Der Betriebsrat ist nicht nur für die Ausübung von Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechten zuständig, sondern die Erfüllung seiner sonstigen gesetzlichen Aufgaben betrifft auch die Information der Arbeitnehmer zu individualrechtlichen und kollektivrechtlichen Angelegenheiten. Die Nutzung des Intranets ist daher insbesondere auch für den Betriebsrat interessant und dient der Erfüllung seiner Aufgaben.

Problematisch ist aber die Frage, ob der Betriebsrat Anspruch auf eine eigene Homepage innerhalb des Internets hat, um dort seine Informationen veröffentlichen zu können. In diesem Zusammenhang stellt sich gerade auch die im vorliegenden Fall problematisierte Frage, ob der Anspruch eines Einzelbetriebsrats auf eine solche Homepage auch dann besteht, wenn der Arbeitgeber ein betriebsübergreifendes Intranet eingerichtet hat, so dass auch nicht vom Betriebsrat vertretene Arbeitnehmer (anderer betriebsratsfähiger Einheiten) auf Informationen zugreifen können. Wegen dieser Bedenken hat bspw. das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz die Installierung einer eigenen Homepage eines örtlichen Betriebsrats als nicht erforderlich angesehen (LAG Rheinland Pfalz, Beschl. v. 10.05.2003 – 2 TaBV 40/04 -, NZA-RR 2004, 310).

Demgegenüber hat das Bundesarbeitsgericht einen Anspruch des Betriebsrats auf eine eigene Homepage ausdrücklich anerkannt, ebenso wie das Hessische Landesarbeitsgericht bereits im Jahre 2003 (Hessisches LAG, Beschl. v. 20.11.2003 – 9 TaBV 68/03 -, ArbR 2004, 370; siehe auch Arbeitsgericht Paderborn, Beschl. v. 29.01.1998 – 1 BV 35/97 -, DB 1998, 678; dazu kritisch Mühlhausen NZA 1999, 136). Der Arbeitgeber kann nach Auffassung des BAG dem Betriebsrat die Art seiner innerbetrieblichen Kommunikation nicht vorschreiben. Ist das Intranet das im Unternehmen vorhandene übliche Kommunikationsmittel, kann sich der Betriebsrat zur Erfüllung seiner Aufgaben dieses Mediums bedienen. Insbesondere stehe der Erforderlichkeit nicht entgegen, dass der Arbeitgeber das Intranet nur betriebsübergreifend ausgestaltet habe und deshalb die nicht vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer andere Einheiten auf die entsprechenden Informationen zugreifen können. Ausschlaggebend sei allein, dass der Betriebsrat nicht die unternehmensbezogene Kommunikation geltend mache. Führe dies dann dennoch dazu, dass auch der betriebsübergreifende Zugriff möglich sei, sei dies die Folge der konkreten Ausgestaltung des Intranets durch den Arbeitgeber. Dem Betriebsrat könne deshalb aber nicht die Nutzung versagt werden, denn andernfalls hätte es der Arbeitgeber in der Hand, durch entsprechende technische Ausgestaltung den gesetzlichen Anspruch des Betriebsrats nach § 40 Abs. 2 BetrVG zu beseitigen. Damit hat der Betriebsrat Anspruch auf eine Homepage im Intranet.

Hinweis für die Praxis:

Die Entscheidung ist in verschiedener Hinsicht für die Praxis relevant. Zunächst einmal wird nochmals der Grundsatz der Erforderlichkeit bekräftigt. Entgegen anders lautender Stimmen in der Literatur muss in jedem Einzelfall gesondert geprüft werden, ob das verlangte Sachmittel für die Erledigung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich und deshalb vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist. Der Betriebsrat hat dabei die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und berechtigte Interesse des Arbeitgebers, insbesondere auf eine Begrenzung seiner Kostentragungspflicht andererseits, gegeneinander abzuwägen.

Bedeutung erlangt die Entscheidung auch, weil dem Betriebsrat eine eigene Homepage im Intranet auch dann zugebilligt wird, wenn das Intranet betriebsübergreifend ausgestaltet ist. Der Arbeitgeber ist daher in solchen Fällen gehalten, die unternehmensbezogene Kommunikation ggf. technisch einzuschränken.

Von der Homepage im Intranet ist die eigene Homepage des Betriebsrats im Internet zu unterscheiden. Eine Homepage im Internet ist für eine unbegrenzte Öffentlichkeit zugänglich. Ein Anspruch des Betriebsrats auf eine eigene Homepage im Internet ist daher abzulehnen (Hessisches LAG, Beschl. v. 15.07.2004 – 9 TaBV 190/03 -, NZA-RR 2005, 258; Mühlhausen, Homepage als erforderliches Sachmittel nach § 40 Abs. 2 BetrVG, NZA 1999, 136).

Verfasser: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Nicolai Besgen

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