14.12.2005

Im Rahmen der Unterhaltsbemessung sind neben Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung private Altersvorsorgebeiträge in Höhe von bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres beim Unterhaltsberechtigten und gleichermaßen beim Unterhaltsverpflichteten berücksichtigungsfähig. Dies entschied der BGH in einem nun veröffentlichten Urteil (Az.: XII ZR 211/02).

Der Fall:

Die geschiedenen Eheleute stritten über die Höhe des nachehelichen Unterhalts, den der Ehemann an die Ehefrau zu zahlen hatte. Die unterhaltsberechtigte Ehefrau machte den Abzug einer zusätzlichen betrieblichen Altersvorsorge von ihrem Erwerbseinkommen geltend. Das Amtsgericht Kiel berücksichtigte diese Aufwendungen im Rahmen der Unterhaltsbemessung nicht; das Oberlandesgericht Schleswig stimmte dem Abzug hingegen zu.

Dies bestätigte der Bundesgerichtshof: Da eine angemessene Versicherung für den Fall des Alters nicht mehr allein durch die gesetzliche Rentenversicherung gewährleistet sei, müsse dem Unterhaltsberechtigten und gleichermaßen dem Unterhaltspflichtigen zugebilligt werden, in angemessenem Umfang zusätzlichen Vorsorgeaufwand zu betreiben. Dabei müsse es den Ehegatten frei stehen, ob sie sich für die steuerlich begünstigte Riester-Rente entscheiden oder ein nicht zertifiziertes Produkt wählen; beide Vorsorgearten seien im Rahmen der Unterhaltsbemessung berücksichtigungsfähig.

Bereits im Rahmen der Unterhaltspflicht von volljährigen Kindern gegenüber ihren Eltern hatte der Bundesgerichtshof Aufwendungen für eine zusätzliche private Altersvorsorge in Höhe von etwa 5 % des Bruttoeinkommens als berücksichtigungsfähig angesehen (Urteil des BGH vom 14. Januar 2004, Az. XII ZR 149/01); diese Rechtsprechung erweiterte er nun auf den nachehelichen Unterhalt.

Nach § 1578 Abs. 3 BGB gehören die Kosten einer angemessenen Altersvorsorge im Verhältnis zwischen geschiedenen Ehegatten zum Lebensbedarf. Da die gesetzliche Rentenversicherung und die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht mehr genügen, um den Lebensstandard im Alter angemessen zu sichern, sind im Rahmen der Unterhaltsbemessung nun auch Aufwendungen eines nichtselbständig Erwerbstätigen für eine zusätzliche private Altersversorgung zu berücksichtigen. Deren Höhe orientiert sich dem jetzigen Urteil folgend an dem Höchstförderungssatz der Riester-Rente, der 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres beträgt. Darüber hinausgehende Leistungen können im Rahmen der Unterhaltsbemessung nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden.

Der Bundesgerichtshof stellte allerdings klar, dass die Unterhaltsbemessung einer abschließenden Angemessenheitsprüfung zu unterziehen ist. Die Berücksichtungsfähigkeit hängt daher davon ab, ob der Unterhaltspflichtige den als vorrangig anzusehenden Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt aufbringen kann. Auch erfolgt kein pauschaler Abzug; die zusätzlichen Aufwendungen können nur geltend gemacht werden, wenn sie tatsächlich anfallen.

In dem Urteil stellte der Bundesgerichtshof zudem klar, dass der steuerliche Splittingvorteil eines wieder verheirateten Unterhaltspflichtigen im Rahmen der Bemessung des Ehegattenunterhalts außer Betracht zu bleiben habe. Damit gab er – in Anlehnung an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2003 (vgl. BVerfG 108, 351, 363 ff.) – seine bisherige Rechtsprechung auf, wonach grundsätzlich auf die reale Steuerbelastung abzustellen sei. Den Kindern aus einer früheren Ehe komme demgegenüber der mit der Wiederheirat verbundene Steuervorteil zu Gute; im Gegensatz zum Ehegattenunterhalt komme es im Verwandtenunterhalt grundsätzlich auf das tatsächlich vorhandene Einkommen an. Der Gesetzgeber habe den Vorteil, der aus dem Steuersplitting folgt, der bestehenden Ehe zugewiesen, nicht der geschiedenen Ehe.

Konsequenzen für die Praxis:

Sofern einer der geschiedenen Ehepartner Aufwendungen für eine zusätzliche private Altersvorsorge erbringt, die nicht bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts berücksichtigt wurden, sollte die Höhe der Unterhaltsverpflichtung überprüft werden.

Verfasserin: Rechtsanwältin Dr. Annette Wittmütz.

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