Das Finanzgericht (FG) Köln hat in einem neueren Urteil vom 20.02.2003 – 3 K 3300/02 – zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung bei Dauerschuldverhältnissen Stellung genommen und für Unruhe gesorgt. Es hat ausgeführt, dass eine ordnungsgemäße und zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs berechtigende Rechnung gemäß § 14 UStG bei Mietverträgen nur dann vorläge, wenn in Einzelrechnungen für die jeweiligen Monatsmieten bzw. in den einzelnen Zahlungsbelegen betreffend die jeweilige Monatsmiete die Umsatzsteuer separat ausgewiesen werde. Die Praxis des Umsatzsteuerausweises im Mietvertrag selbst und die folgende Konkretisierung der Leistungszeiträume durch regelmäßige Zahlungsbelege sei nach diesem Urteil nicht mehr zulässig.
Diese Rechtsauffassung ist zweifelhaft und in Frage zu stellen. Die Entscheidung des FG Köln beruht offensichtlich auf einer Fehlinterpretation eines Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH); von einer solchen Fehlinterpretation gehen auch die seitdem ergangenen Stellungnahmen der Finanzverwaltung, der Finanzgerichte und der juristischen Literatur aus. Im Einzelnen:
Miet- und Pachtverträge, in denen der monatliche Mietzins unter Angabe des darin enthaltenen Umsatzsteuerbetrages aufgeführt ist, erfüllen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH, NJW 1989, 1000) in Verbindung mit ergänzenden Zahlungsbelegen, in denen die jeweiligen Leistungsabschnitte (Monate) angegeben sind, die Rechnungsvoraussetzungen des §14 UStG. Das zitierte Urteil hat auch Eingang in die Umsatzsteuer-Richtlinien gefunden, die in ihrer aktuellen Fassung in diesem Zusammenhang Folgendes bestimmen (Abschn. 183 Abs. 2 UStR 2005):
„Als Rechnung ist auch ein Vertrag anzusehen, der die in § 14 Absatz4 UStG geforderten Angaben enthält. … Ist in einem Vertrag – z.B. in einem Miet- oder Pachtvertrag, Wartungsvertrag oder Pauschalvertrag mit einem Steuerberater – der Zeitraum, über den sich die jeweilige Leistung oder Teilleistung erstreckt, nicht angegeben, so reicht es aus, wenn sich dieser aus den einzelnen Zahlungsbelegen, z.B. aus den Ausfertigungen der Überweisungsaufträge, ergibt (vgl. auch BFH-Beschluss vom 07.07.1988 – BStBl. II S. 913). Die in einem Vertrag enthaltene gesonderte Inrechnungstellung der Steuer muss jedoch wie bei jeder anderen Abrechnungsform eindeutig klar und unbedingt sein.“
(Hervorhebung durch uns)
Dies gilt auch nach den durch das Steueränderungsgesetz 2003 (StÄndG 2003) verschärften Rechnungsanforderungen in §14 UStG. In dem BMF-Schreiben vom 29.01.2004 (BStBl. 2004 I, S. 258) führt die Finanzverwaltung Folgendes aus:
„Ist in einem Vertrag – z.B. Miet- oder Pachtvertrag, Wartungsvertrag oder Pauschalvertrag mit einem Steuerberater – der Zeitraum, über den sich die jeweilige Leistung oder Teilleistung erstreckt, nicht angegeben, reicht es aus, wenn sich dieser Zeitraum aus den einzelnen Zahlungsbelegen, z.B. aus den Überweisungsaufträgen oder den Kontoauszügen, ergibt. Soweit periodisch wiederkehrende Zahlungen im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses in der Höhe und zum Zeitpunkt der vertraglichen Fälligkeiten erfolgen und keine ausdrückliche Zahlungsbestimmung vorliegt, ergibt sich der Zeitpunkt der Leistung aus Vereinfachungsgründen durch die Zuordnung der Zahlung zu der Periode, in der sie geleistet wird. Dabei wird es nicht beanstandet, wenn der Zahlungsbeleg vom Leistungsempfänger ausgestellt wird.“
Bereits aus diesen aktuellen Verlautbarungen der obersten Finanzbehörden ist zu entnehmen, dass eine Verschärfung der bisherigen Praxis nicht erfolgen sollte. Die Entscheidung des FG Köln wird nicht einmal angesprochen.
Das FG Köln stützt sich in seiner Entscheidung auf das Urteil des BFH vom 07.11.2000 – V R 49/99 –. In dieser Entscheidung führt der BFH aus, dass von einer ordnungsgemäßen Rechnung auszugehen sei, wenn „z.B. monatliche Überweisungsbelege … vorliegen, in denen Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen ist …“. Diese Aussage beruhte auf einer Besonderheit des dort zu beurteilenden Sachverhalts; in dem dort fraglichen Pachtvertrag fehlte nämlich ein zutreffender Umsatzsteuerausweis. Vor diesem Hintergrund ging der BFH davon aus, dass die entsprechenden Angaben dann zumindest in den monatlichen Zahlungsbelegen zu erfolgen hätten. Eine Verallgemeinerung in dem Sinne, dass zukünftig die Umsatzsteuer in jedem Fall in den monatlichen Zahlungsbelegen auszuweisen sei, war hiermit offensichtlich nicht verbunden. Das FG Köln hat diese BFH-Entscheidung offensichtlich fehlinterpretiert und unzutreffend auf eine generelle Anwendbarkeit geschlossen.
Hiervon geht beispielsweise auch das FG Düsseldorf in einem Urteil vom 24.10.2001 – 5 K 5819/97 U – aus. Das Finanzgericht Düsseldorf wertet die BFH-Entscheidung wie folgt:
„Soweit der Beklagte aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 07.11.2000 V R 49/99 (a.a.O.) schließt, dass in den monatlichen
Überweisungsbelegen die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen werden müsse, folgt der erkennende Senat dem nicht. Zum einen dienen diese ergänzenden Belege bei Dauerleistungen nach den Ausführungen des BFH-Urteils vom 07.07.1988 (a.a.O.) lediglich der Konkretisierung der einzelnen Teilleistungen (Vermietung für einen bestimmten Monat). Zum anderen hat der Bundesfinanzhof im Urteil vom 07.11.2000 (a.a.O.) monatliche Überweisungsbelege mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer nur beispielhaft erwähnt, ohne einen solchen gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer für den Vorsteuerabzug generell zu fordern. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass mit dieser Formulierung keine Verschärfung oder Änderung der bisherigen Rechtsprechung zu derartigen „ergänzenden Belegen“ verbunden sein sollte. Dies hätte der Bundesfinanzhof ansonsten hinreichend deutlich gemacht.“
(Hervorhebung durch uns)
Auch die Finanzverwaltung hat auf das BFH-Urteil reagiert. Die OFD Hannover äußert sich in einem Erlass vom 02.05.2002 (DStR 2002, S. 1222) wie folgt:
„Aus gegebenem Anlass wird darauf hingewiesen, dass es für den Vorsteuerabzug aus Dauerschuldverhältnissen (z.B. Miet- oder Pachtvertrag, Betreuungs-, Wartungsvertrag oder Pauschalvertrag mit einem Steuerberater) weiterhin genügt, dass im Vertrag das Entgelt für die einzelne Teilleistung sowie der darauf entfallende Umsatzsteuerbetrag und in ergänzenden Belegen (Zahlungsbelegen o.ä.) die jeweiligen Teilleistungszeiträume (Monate usw.) angegeben sind (Abschn. 183 Abs. 2 Satz 3 UStR 2000).
Aus dem BFH-Urteil vom 07.11.2000, V R 49/99, ergibt sich nicht, dass in den ergänzenden Belegen die Umsatzsteuer nochmals gesondert auszuweisen ist. Unter Tz. 3 der Urteilsgründe führt der BFH zwar aus: „Sollten z.B. monatliche Überweisungsbelege des Klägers vorliegen, in denen Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen ist, wäre ihm der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 14 Abs. 5 UStG zu gewähren.“ Dieser Hinweis ist jedoch ausschließlich vor dem Hintergrund zu sehen, dass im Urteilsfall der strittige (Pacht-)Vertrag (auf Grund einer zwischenzeitlich eingetretenen Steuersatzerhöhung) einen zu niedrigen Steuerausweis enthielt. Mit seinem o.b. Hinweis stellt der BFH lediglich klar, dass durch Angabe des zutreffenden Steuerbetrages auf den Überweisungsbelegen der fehlerhafte Steuerausweis im Pachtvertrag berichtigt werden kann, wobei Vertrag und Überweisungsbeleg als Gutschrift i.S. von § 14 Abs. 5 UStG zu werten wären.“
(Hervorhebung durch uns)
Auch in zwei aktuellen Literaturmeinungen von Zugmaier (DStR 2003, S. 1053):
„Der Angabe des Nettoentgeltes und eines gesonderten Umsatzsteuerausweises bedarf es in den konkretisierenden Belegen nicht, sofern diese Angaben in der Vertragsurkunde enthalten sind.“,
und Müller-Lee (UStB 2004, S. 389):
„Entgegen der seitens des FG Köln vertretenen Rechtsauffassung ist damit nach wie vor ein Vorsteuerabzug aus Miet- bzw. Pachtverträgen auch dann noch möglich, wenn in den monatlichen Abrechnungen bzw. Zahlungsbelegen kein expliziter Umsatzsteuerausweis erfolgt, soweit die Umsatzsteuer zutreffend im Miet- bzw. Pachtvertrag ausgewiesen wurde. Eine generelle Anpassung von Mietabrechnungen an eine vermeintlich veränderte Rechtslage ist hingegen nicht erforderlich.“,
wird das Urteil des FG Köln auf eine fehlerhafte Interpretation der BFH-Rechtsprechung zurückgeführt, ohne dass eine Verschärfung der geltenden Rechtslage damit verbunden wäre.
Fazit:
Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass Mieter weiterhin eine ordnungsgemäße Rechnung, die zum Vorsteuerabzug berechtigt, in den Händen halten, soweit der Umsatzsteuerbetrag im Mietvertrag ausgewiesen wird und über die monatlichen Zahlungsbelege die Leistungszeiträume (Monate) konkretisiert werden. Mit der oben zitierten allgemeinen Meinung ist der Entscheidung des FG Köln nicht zu folgen.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass für die Rechnungserteilung bei Dauerschuldverhältnissen, die vor dem 01.01.2004 abgeschlossen wurden, Erleichterungen gelten. Einzelheiten hierzu sind dem BMF-Schreiben vom 29.01.2004 – IV B 7 – S 7280 – 19/04 (BStBl 2004 I, S. 258) zu entnehmen.
Verfasser: Rechtsanwalt Dr. Stephan Dornbusch
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2022/2023)
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