31.01.2006

Der Bundesfinanzhof hat in einem Urteil vom 12.05.2005 (BStBl. 2005 II, S. 617) entschieden, dass Veranstalter und Betreiber von Glücksspielen oder Glücksspielgeräten umsatzsteuerfreie Leistungen erbringen. Die Entscheidung – wie auch eine Folgeentscheidung vom 19.05.2005 (BFH/NV 2005, S. 1881) – gehen zurück auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 17.02.2005 (NJW 2005, S.2842). In diesem Urteil hat der EuGH entschieden, dass Art. 13 Teil B Buchst.f der 6. Richtlinie 77/388/EWG nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, wonach die Veranstaltung oder der Betrieb von Glücksspielen und Glückspielgeräten der zugelassenen öffentlichen Spielbanken steuerfrei ist, während diese Steuerbefreiung für die Ausübung der gleichen Tätigkeit durch Wirtschaftsteilnehmer, die nicht Spielbankbetreiber sind, nicht gilt. Die Vorschrift der Richtlinie hat unmittelbare Wirkung in dem Sinne, dass sich ein Veranstalter oder Betreiber von Glücksspielen oder Glücksspielgeräten vor den nationalen Gerichten darauf berufen kann, um die Anwendung mit dieser Bestimmung unvereinbarer innerstaatlicher Rechtsvorschriften zu verhindern.

Hieraus folgt, dass die Veranstalter und Betreiber von Glücksspielen und Glücksspielgeräten sich in der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar auf die Steuerbefreiung nach dieser Richtlinie berufen können und dass die Einschränkung des deutschen Umsatzsteuerrechts in §4 Nr.9b UStG, wonach die Steuerbefreiung nur für die Umsätze in öffentlich zugelassenen Spielbanken gilt, nicht anzuwenden ist. Der EuGH hat ausdrücklich bestimmt, dass dies auch für die Vergangenheit gilt. Bestandskräftige Steuerfestsetzungen werden zwar nicht mehr geändert werden (OFD Koblenz, DB 2005, S.1825); nicht bestandskräftige Steuerfestsetzungen können allerdings entsprechend korrigiert werden (Finbeh Hamburg, DStR 2005, S.1532). Nach einer aktuellen, in Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ergangenen Verfügung des Bayerischen Landesamtes für Steuern vom 25.01.2005 – S 7198 – 2 St 35 N – wird es allerdings bis zum 31.12.2005 nicht beanstandet, wenn ein Unternehmer seine bis zu diesem Zeitpunkt an einen Glücksspielveranstalter erbrachten Vermietungsleistungen weiterhin als steuerpflichtig behandelt.

Für die Zukunft stellt sich die Rechtslage anders dar. Bereits die alte Bundesregierung hatte auf die EuGH-Rechtsprechung reagiert und die Änderung des § 4 Nr. 9b UStG angestrebt mit dem Ziel, auch die Umsätze der zugelassenen Spielbanken der Umsatzsteuer zu unterwerfen, um dem Vorwurf des EuGH zur Ungleichbehandlung entgegenzutreten. Aufgrund des Regierungswechsels ist dieses Gesetzgebungsvorhaben nicht mehr abgeschlossen worden. Die neue Bundesregierung hat allerdings in ihrem Entwurf eines Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen (Drucksache 937/05) einen gleichlautenden Gesetzesvorschlag in das parlamentarische Verfahren eingebracht. Danach sollen in § 4 Nr. 9b Satz 1 UStG die Wörter „sowie die Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken, die durch den Betrieb der Spielbank bedingt sind“ gestrichen werden. Die Umsätze aus Glücksspielen und Glücksspielgeräten werden danach insgesamt der Umsatzbesteuerung unterworfen; eine Ausnahme bleibt für Umsätze nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz bestehen. Das Gesetz soll am Tage nach seiner Verkündung in Kraft treten; das Ende des Gesetzgebungsverfahrens ist allerdings derzeit nicht sicher abzuschätzen.

Fazit:

Sowohl Spielhallenbetreiber als auch deren Vermieter sollten ihre umsatzsteuerliche Situation überprüfen. Veranstalter und Betreiber von Glücksspielen und Glücksspielgeräten können sich bis zum Inkrafttreten des geänderten § 4 Nr.9b UStG auf die Umsatzsteuerfreiheit ihrer Tätigkeit berufen; als Folge ist allerdings der Vorsteuerabzug nach §15 Abs.2 Nr.1 UStG für die damit in Zusammenhang stehenden Vorsteuern ausgeschlossen. Vermieter von Spielhallenbetreibern haben zwar grundsätzlich keine Optionsmöglichkeit nach §9 UStG, sofern ihre Mieter überwiegend umsatzsteuerfreie Leistungen erbringen; die Vermieter erbringen in diesem Fall umsatzsteuerfreie Leistungen, die den Vorsteuerabzug ausschließen (§4 Nr.12a, §15 Abs.2 Nr.1 UStG).

Die Finanzverwaltung – das Bayerische Landesamt für Steuern in Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder – akzeptiert allerdings, wenn Vermieter ihre Leistungen bis zum 31.12.2005 als steuerpflichtig behandeln. Nach dem zukünftig geltenden §4 Nr.9b UStG werden Glücksspielumsätze insgesamt der Besteuerung unterworfen.

Verfasser: RA Dr. Stephan Dornbusch – MEYER-KÖRING v.DANWITZ PRIVAT – Bonn

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2022/2023)

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2017-2021)

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen