16.02.2006 -

 

Das Mitbestimmungsgesetz sieht grundsätzlich vor, dass das Unternehmen die Kosten der Aufsichtratswahl zu tragen hat. Eine entsprechende Regelung enthält das Betriebsverfassungsgesetz für die Betriebsratswahl. In einem Grundsatzurteil hat nun das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass die zur Kostentragungspflicht des Arbeitgebers im Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl weit entwickelten Grundsätze auch für die Aufsichtsratswahl zur Anwendung kommen (Bundesarbeitsgericht, Beschl. v. 25.05.2005 – 7 ABR 42/04 -, NZA 2005, 1250). Die wesentlichen Aussagen des Beschlusses werden nachfolgend dargestellt:

I. Problematik

Im Unternehmen der Arbeitgeberin fanden in der Zeit vom 16. bis 19. Dezember 2002 die Wahlen der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer statt. Der Antragsteller beantragte beim Arbeitsgericht, den Wahlvorstand im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, die Aufsichtsratswahl so lange zu unterbrechen, bis er die Möglichkeit hatte, für eine bestimmte Vorschlagsliste zu kandidieren. Das Arbeitsgericht wies die Anträge durch rechtskräftigen Beschluss zurück. Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers stellte für seine Vertretung in dem einstweiligen Verfügungsverfahren Gebühren in Höhe von 591,60 € in Rechnung. Der Antragsteller verlangte von der Arbeitgeberin die Erstattung dieser Kosten. Er hat die Auffassung vertreten, bei den Rechtsanwaltskosten handele es sich um Kosten der Aufsichtsratswahl, die die Arbeitgeberin zu tragen habe.

II. Keine unbegrenzte Kostentragungspflicht !

Nach § 20 Abs. 3 Satz 1 Mitbestimmungsgesetz trägt das Unternehmen die Kosten der Aufsichtsratswahl. Ob unter Kosten der Aufsichtsratswahl auch Prozesskosten zu verstehen sind, die Arbeitnehmern im Zusammenhang mit der Durchführung oder der Anfechtung der Wahl entstanden sind, ist in der mitbestimmungsrechtlichen Literatur streitig. Höchstrichterliche Rechtsprechung stand bislang – soweit ersichtlich – noch aus. Das Bundesarbeitsgericht hat nun auf die entsprechende Regelung in § 20 BetrVG für Betriebsratswahlen zurückgegriffen und die zu dieser Vorschrift entwickelten Grundsätze auch für Aufsichtsratswahlen entsprechend angewandt.

Bei ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gehören zu den Kosten einer Betriebsratswahl alle Kosten, die mit der Einleitung und Durchführung der Wahl sowie der gerichtlichen Überprüfung des Wahlergebnisses verbunden sind. Dazu gehören auch die Kosten für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts.

Aber: Das Gesetz normiert keine unbegrenzte Kostentragungspflicht des Arbeitgebers. Eine Zahlungspflicht besteht nur hinsichtlich der erforderlichen Kosten der Wahl. Der Arbeitgeber hat die Kosten für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts dann nicht zu tragen, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich aussichtslos erscheint oder die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten rechtsmissbräuchlich erfolgt und deshalb das Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht missachtet wird.

Fazit:

Die zur Kostentragungspflicht des Arbeitgebers im Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl nach § 20 Abs. 3 Satz 1 BetrVG entwickelten Grundsätze gelten für die inhaltsgleich geregelte Kostentragungspflicht des Unternehmens für die Aufsichtsratswahl gem. § 20 Abs. 3 Satz 1 Mitbestimmungsgesetz entsprechend.

Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine offensichtlich aussichtslose Rechtsverfolgung. Der Antragsteller verfolgte nicht nur einen gesetzeswidrigen Ausspruch durch das Arbeitsgericht, sondern letztlich richtete er seinen Anspruch auch fehlerhaft gegen das Unternehmen. Die Kostentragungspflicht wurde deshalb zutreffend abgelehnt.

Verfasser: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Nicolai Besgen

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