18.10.2000

Immer wieder kommt es vor, dass Fahrgäste in Bussen oder Bahnen des öffentlichen Personennahverkehrs zu Fall kommen und sich verletzen. Regelmäßig werden sodann Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht, zumeist mit dem Vorwurf ruckartigen Anfahrens bzw. grundlosen Bremsens. Groß allerdings ist die Überraschung, wenn sich in einer Vielzahl von Fällen herausstellt, dass eine Haftung nicht begründet ist; dies liegt vor allem an Folgendem:

Im gesamten öffentlichen Personennahverkehr ist durch eine Rechtsverordnung vorgeschrieben, dass sich jeder Fahrgast stets festen Halt zu verschaffen hat. Auf die Beachtung dieser Verhaltensanforderung darf sich jeder Fahrer verlassen. Er muss deshalb mit dem Anfahren nicht etwa warten, bis alle Fahrgäste Platz genommen bzw. sich festen Halt verschafft haben, was er ohnehin nur selten wird beurteilen können. Ausnahmen gelten nach der Rechtsprechung nur dann bzw. insoweit, als es sich um erkennbar in schwerer Weise körperbehinderte Fahrgäste handelt, keineswegs aber etwa bei allen älteren, nicht ersichtlich behinderten Personen. Denn es gibt nun einmal keinen Erfahrungssatz, dass ältere oder behinderte Fahrgäste nicht in der Lage sind, sich festen Halt zu verschaffen.

Dementsprechend ist von Fahrgästen, die vor allem beim Einsteigen unsicher sind, zu verlangen, dass sie dem Fahrer Bescheid sagen, ihn also bitten, mit dem Anfahren so lange zu warten, bis sie Platz genommen haben, und ihm auch die Haltestelle, an der sie aussteigen wollen, nennen, damit er sich darauf einstellen kann. Insbesondere gilt dies bei der Benutzung von Bahnen, da deren Fahrer – anders als im Busverkehr – die Fahrgasträume nicht durch einen Blick in den Rückspiegel einsehen können. Werden diese Vorgaben der Rechtsprechung nicht beachtet, so kommt regelmäßig eine Haftung des Fahrers/Halters bei einem Sturz nicht in Betracht.

Bei der Benutzung von Bahnen ist des Weiteren zu beachten, dass die moderneren Typen, die etwa in Bonn und Köln eingesetzt werden, ausnahmslos mit automatischen Fahrschaltern ausgerüstet sind. Dies bedeutet, dass der Beschleunigungsvorgang bei Umlegen eines Hebels vollautomatisch abläuft, ohne dass der Fahrer etwa besonders schnell oder ruckartig anfahren kann. Sämtliche Klagen von Fahrgästen, in denen dem Fahrer ein solches Fehlverhalten vorgeworfen wird, können daher grundsätzlich keinen Erfolg haben, wie etwa das AG Bonn in zahlreichen Urteilen bestätigt hat; in einer Entscheidung vom 21.02.1995 heißt es etwa:

Nach der Beweisaufnahme steht fest, dass die Straßenbahn nicht besonders ruckartig angefahren werden konnte. Die maximale Anfahrgeschwindigkeit einer Bahn ist nämlich ebenfalls durch technische Einrichtungen – wie sich das Gericht beim Fahrversuch selbst überzeugen konnte und vom Sachverständigen bestätigt wurde – vorgegeben. Selbstverständlich stellt jedes Anfahren subjektiv ein „ruckartiges Erlebnis“ dar, was aufgrund physikalischer Gegebenheiten zwingend ist. Auch darauf hat sich ein Fahrgast einer Straßenbahn einzustellen.

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