Auch bei der privatisierenden Ausgliederung nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) handelt es sich um einen Betriebsübergang im Sinne von § 613 a (BGB).
Dies hat das Bundesarbeitsgericht in einem für die Praxis wichtigen Urteil kürzlich entschieden (BAG, Urteil vom 25. Mai 2000 – 8 AZR 416/99 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). In der Entscheidung ging es um folgenden Sachverhalt:
Der Kreistag einer niedersächsischen Stadt beschloss Anfang 1997, den bisherigen Regiebetrieb Kreiskrankenhaus als Gesamtheit im Wege der Ausgliederung nach den Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes auf eine neuzugründende privatrechtliche Krankenhaus GmbH gegen Gewährung eines Geschäftsanteils zu übertragen. Anlässlich dieser Ausgliederung wurde im Dezember 1997 zusätzlich ein Personalüberleitungsvertrag abgeschlossen, auf dessen Grundlage dann den Arbeitnehmern mitgeteilt wurde, dass deren Arbeitsverhältnisse mit Wirkung vom 1. Januar 1998 (Stichtag) auf die GmbH übergehen werden. Ferner vereinbarten der gesetzliche Vertreter des Regiebetriebs Kreiskrankenhaus und der Geschäftsführer der künftigen Krankenhaus GmbH eine Nutzungsüberlassungsabrede. Die GmbH wurde schließlich im September 1998 in das Handelsregister eingetragen.
Die bereits seit mehr als 13 Jahren in dem Kreiskrankenhaus als Hebamme und OP-Schwester beschäftigte Klägerin, die auch Mitglied des dortigen Personalrats war, widersprach fristgemäß dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die GmbH. Sie bat ausdrücklich darum, dass ihr Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber (Regiebetrieb Kreiskrankenhaus) fortgesetzt werde. Sie wurde dann zwar noch vorläufig auch nach dem Stichtag auf Grund der Nutzungsüberlassungsabrede dort eingesetzt, man riet ihr aber dringend zur Vermeidung einer Kündigung, den Widerspruch zu „widerrufen“. Da sich die Hebamme hierauf nicht einlassen wollte, entschied man schließlich , ihr ordentlich und hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zu kündigen.
Mit ihrer Klage hat die Arbeitnehmerin geltend gemacht, die Kündigung sei unwirksam.
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts:
- Betriebsübergang und Umwandlung
Das Bundesarbeitsgericht hat zunächst ausdrücklich klargestellt, dass eine privatisierende Ausgliederung/Umwandlung einem Betriebsübergang nach § 613 a BGB nicht entgegensteht. Beide Rechtsinstitute sind an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft. Bei dem Betriebsübergang kommt es dabei auf die tatsächlichen Umstände an. Die Wirkungen der Ausgliederung hingegen treten erst nach § 171 UmwG mit der Eintragung der Ausgliederung oder des neuen Rechtsträgers in das zuständige Register ein. Diese Voraussetzungen waren erst im September 1998 erfüllt, der Betriebsübergang hingegen trat bereits zum 1. Januar 1998 ein.
Maßgebend für den Betriebsübergang ist nach Auffassung des zuständigen 8. Senats lediglich, dass die als wirtschaftliche Einheit organisierten materiellen, immateriellen und personellen Mittel tatsächlich im eigenen Namen genutzt werden. Schon deshalb sind Tatbestand und Zeitpunkt einer Umwandlung von Tatbestand und Zeitpunkt eines Betriebsübergang unabhängig. Die Umwandlung ist damit nicht der gegenüber dem Betriebsübergang speziellere Tatbestand, sondern beide bestehen nebeneinander und treten unter Umständen – wie hier – auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten ein.
Zu den maßgeblichen Tatsachen für die Annahme eines Betriebsübergangs zählen dabei insbesondere die Art des betreffenden Betriebs, der Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter sowie deren Wert und Bedeutung, die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation, der Grad der Ähnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des bisherigen Inhabers, die Weiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung der Betriebstätigkeit.
Auch wenn vorliegend die Umwandlung erst mit der Eintragung der GmbH in das Handelsregister wirksam wurde, führte doch die Vor-GmbH die Betriebstätigkeit bereits seit 1. Januar 1998 ohne Unterbrechung im eigenen Namen unverändert weiter. Die betroffenen Arbeitnehmer wurden weiterbeschäftigt und auch sämtliche Vertrags- und Rechtsbeziehungen übernommen. Auch die wenigen Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprochen hatten, arbeiteten im Krankenhaus vorläufig weiter. Der ehemals städtische Regiebetrieb Krankenhaus stellte hingegen seine betriebliche Tätigkeit vollständig ein.
- Widerspruch des Arbeitnehmers gegen den Betriebsübergang
Da die Hebamme eine Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses mit der Krankenhaus GmbH nicht wollte, hat sie wirksam dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprochen. Die Zulässigkeit eines solchen Widerspruchs wurde von dem BAG nochmals bestätigt. Folge des Widerspruchs ist, dass das betroffene Arbeitsverhältnis nicht auf den neuen Inhaber des Betriebs übergeht, sondern weiterhin zu dem bisherigen Betriebsinhaber fortbesteht. Das Widerspruchsrecht besteht in allen Fällen des Betriebsübergangs, also auch bei einer privatisierenden Umwandlung, unabhängig davon, ob die Ausgliederung und der Betriebsübergang zeitlich zusammenfallen oder der Betriebsübergang schon vor der Ausgliederung vollzogen wird.
Folge eines Widerspruchs ist regelmäßig, dass der bisherige Arbeitgeber dem widersprechenden Arbeitnehmer betriebsbedingt kündigen muss, da er für ihn keine Beschäftigungsmöglichkeiten mehr hat, da ja der gesamte Betrieb vollständig auf einen neuen Inhaber übergegangen ist. Eine solche betriebsbedingte Kündigung ist dann nicht nach § 613 a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam. Sie erfolgt nicht wegen des Übergangs, sondern aus anderen betriebsbedingten Gründen.
Auch bei einer solchen Kündigung aus anderen Gründen muss dann aber der bisherige Arbeitgeber auch die übrigen Wirksamkeitsvoraussetzungen umfassend einhalten, also insbesondere einen bestehenden Sonderkündigungsschutz von Mandatsträgern beachten. Die Arbeitnehmerin war ursprünglich Mitglied der Personalvertretung, so dass man ihr grundsätzlich nach § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nur außerordentlich aus wichtigem Grund kündigen konnte. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn es zu einer Betriebsstilllegung kommt, denn dann kann ausnahmsweise den betroffenen Mandatsträgern nach § 15 Abs. 4 KSchG ordentlich gekündigt werden. Zwar lag hier nicht eine echte Stilllegung eines Betriebs vor, denn dieser wurde ja von der Krankenhaus GmbH fortgeführt. Die Sondervorschrift des § 15 Abs. 4 KSchG findet aber nach zutreffender Auffassung des Bundesarbeitsgerichts entsprechende Anwendung auf den Fall des Betriebsübergangs, wenn der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprochen hat. Der Hebamme konnte damit vorliegend ordentlich gekündigt werden.
- Personalratsbeteiligung
Als letztes blieb dann nur noch die Frage der Personalratsbeteiligung. Auch hier stellte das Bundesarbeitsgericht klar, dass die Personalvertretung des Krankenhauses vor Ausspruch der Kündigung nicht zu beteiligen war. Aufgrund ihres Widerspruchs war die Hebamme nicht mehr Arbeitnehmerin des Inhabers des Krankenhausbetriebs und damit auch nicht mehr Betriebsangehörige. Es kommt entscheidend auf die Rechtsstellung des Arbeitnehmers gegenüber seinem Vertragspartner an. Widerspricht das Mitglied eines Vertretungsorgan zulässig und wirksam dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses, so scheidet es mit dem Betriebsübergang aus der Personalvertretung aus. Diese ist damit bei der Kündigung des betreffenden Arbeitsverhältnisses nicht mehr zu beteiligen, unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer in dem übergegangenen Betrieb aufgrund einer Arbeitnehmerüberlassung weiterbeschäftigt wird.
Sofern in dem verbleibenden Betrieb bzw. Betriebsteil noch ein Personalrat besteht und dieser zuständig ist, ist natürlich dessen Beteiligung auch weiterhin erforderlich. Die gegenüber der Arbeitnehmerin ausgesprochene ordentliche Kündigung war damit wirksam, so dass die hilfsweise ausgesprochene außerordentliche Kündigung ins Leere ging.
- Ergebnis damit:
Das Bundesarbeitsgericht hat in der vorliegenden Entscheidung nochmals klargestellt, dass sich die Voraussetzungen des Betriebsübergangs und die einer – privatisierenden – Umwandlung voneinander unterscheiden. Für die Annahme eines Betriebsübergangs muss allein an die tatsächlichen Gegebenheiten angeknüpft werden. Die nach dem Umwandlungsgesetz erforderlichen Eintragungsvoraussetzungen (Handelsregister) haben auf den Betriebsübergang damit keine Auswirkungen. Dieser Auffassung können wir uns nur uneingeschränkt anschließen, denn der Zeitpunkt der Handelsregistereintragung ist von erheblichen Unsicherheiten geprägt und hängt zudem von weiteren Faktoren ab, die mit den eigentlichen Voraussetzungen eines Betriebsübergangs nichts zu tun haben. Aus Gründen der Rechtssicherheit kann es deshalb hierauf nicht ankommen.
Zutreffend sind auch die Ausführungen des BAG zu der Zuständigkeit der nunmehr zu dem übergegangenen Betrieb zugehörigen – ehemaligen – Personalvertretung im Übergangsamt. Wer aufgrund seines wirksamen Widerspruchs gegen einen Betriebsübergang nicht Vertragspartner des Betriebserwerbers geworden ist, ist damit rechtlich auch nicht mehr dem übernommenen Betrieb zuzuordnen. Das Vertragsverhältnis bleibt mit dem bisherigen Arbeitgeber (Betriebsveräußerer) bestehen. Grundsätzlich ist deshalb die übergegangene Personalvertretung damit nicht mehr zu beteiligen.
Aus diesen Gründen scheidet dann ein Mitglied der Personalvertretung im Falle eines Betriebsübergangs und bei ordnungsgemäßem Widerspruch auch aus der Personalvertretung aus. Ein Übergangsmandat für den übergegangenen Betrieb kommt diesem Mitglied damit ebenfalls nicht mehr zu.
Auszeichnungen
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