Wird ein bis dahin geltender Arbeitsvertrag durch einen schriftlichen Geschäftsführervertrag aufgehoben, der einen vollständig neuen Vertrag mit eigenständigen Regelungen, einem neuen Aufgabenkreis, der Zusicherung einer betrieblichen Altersversorgung und einer höheren Vergütung als im Arbeitsvertrag darstellt, entspricht dieser Aufhebungsvertrag der Schriftform des § 623 BGB.
I. Das Problem
Wurde ein Arbeitnehmer des Unternehmens zum Geschäftsführer bestellt, so nahm das Bundesarbeitsgericht in früherer Rechtsprechung an, dass das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers während der Dauer des Geschäftsführeramtes ruht. Wird der Geschäftsführer abberufen und der Anstellungsvertrag gekündigt, lebte das frühere Arbeitsverhältnis wieder auf und der Arbeitnehmer konnte ggf. Kündigungsschutzklage vor den Arbeitsgerichten erheben. Diese Rechtsprechung wurde durch das Bundesarbeitsgericht aufgegeben. Mit Bestellung zum Geschäftsführer und Abschluss eines Geschäftsführeranstellungsvertrages ist das frühere Arbeitsverhältnis in der Regel konkludent aufgehoben. Mit der Neufassung des § 623 BGB im Jahre 2000, wonach nunmehr zwingend Schriftform für die Kündigung eines Arbeitsvertrages erforderlich ist, dürfte eine konkludente Aufhebung des Arbeitsverhältnisses nun nicht mehr möglich sein.
II. Die Entscheidung
Das Problem wurde nun durch das LAG Berlin entschieden. Durch Abschluss eines Geschäftsführeranstellungsvertrages, der einen vollständig neuen Vertrag mit eigenständigen Regelungen, einem neuen Aufgabenkreis, der Zusicherung einer betrieblichen Altersversorgung und einer höheren Vergütung als im Arbeitsvertrag darstellt, wird das Arbeitsverhältnis aufgehoben. Dies entspreche der Schriftform des § 623 BGB. Erstaunlich ist, dass das LAG Berlin noch nicht einmal die ausdrückliche Aufhebung des alten Arbeitsvertrages im Geschäftsführeranstellungsvertrag verlangt. Im Wege der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB könne dem Geschäftsführervertrag entnommen werden, dass er eine Aufhebung des ursprünglichen Arbeitsvertrages beinhaltet, da er sämtliche Pflichten der früheren Arbeitsvertragsparteien neu regelt und dem Kläger eine höhere Vergütung sowie eine betriebliche Altersversorgung gewährt. In diesem Fall kann von einem ruhenden Arbeitsverhältnis nicht ausgegangen werden. Diese Lösung entspreche dem Zweck des Formerfordernisses des § 623 BGB. § 623 BGB hat die Funktion, eine Rechtsunklarheit dahingehend zu vermeiden, ob zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer weiterhin ein Arbeitsverhältnis besteht oder dieses beendet ist. Beim betrieblichen Aufstieg eines Mitarbeiters zum Geschäftsführer sei ein derartiger rechtlicher Schwebezustand jedenfalls im Falle eines schriftlichen Geschäftsführervertrages nicht denkbar, da der Beschäftigte unstreitig weiterhin in einem Beschäftigungsverhältnis steht und dies durch die Schriftform dokumentiert wird.
III. Praxishinweis
Die Entscheidung zeigt, dass im Einzelfall bereits der Abschluss eines Geschäftsführeranstellungsvertrages zu Aufhebung des vorherigen Arbeitsverhältnisses der Schriftform des § 623 BGB genügen kann. Wir empfehlen trotzdem eine entsprechende Klausel im Geschäftsführervertrag aufzunehmen, dass sämtliche vorherigen Arbeits- und Dienstverträge mit diesem Vertrag aufgehoben sind. Dabei ist allerdings besonders darauf zu achten, dass vertretungsberechtigte Personen den Geschäftsführervertrag unterzeichnen, die auch Arbeitgeberfunktionen im arbeitsrechtlichen Sinne wahrnehmen.
Rechtsanwalt Dr. Sören Langner, LL.M., Bonn
MEYER-KÖRING v. DANWITZ PRIVAT
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