Ein wesentlicher Faktor für die kalkulationsgerechte Durchführung eines Bauvorhabens ist die Bauzeit und vor allem die Einhaltung der vertraglich vereinbarten Termine. Immer mehr Auftragnehmer reichen Nachträge ein und verlangen eine zusätzliche Vergütung, wenn es zu Störungen des Bauablaufes kommt.

Je nach Lage des Einzelfalles können sich unterschiedliche Anspruchsgrundlagen für entsprechende Forderungen ergeben: Bei geänderten Leistungen kann sich der Auftragnehmer je nach den Umständen auf § 2 Nr. 5, 6 VOB/B und bei anderen Störungen auf § 6 Nr. 6 VOB/B bzw. § 642 BGB berufen. Besonders die Regelung die § 642 BGB ist in den letzten Jahren wichtig geworden, da diese Regelung im Unterschied zu § 6 Nr. 6 VOB/B kein Verschulden des Auftraggebers voraussetzt. Deshalb kann der Auftragnehmer unter den Voraussetzungen des § 642 BGB einen Entschädigungsanspruch auch dann geltend machen, wenn der Auftraggeber eine Bauablaufstörung nicht zu vertreten hat. Der wichtigste Anwendungsfall ist in der Baupraxis die verspätete Leistung eines anderen, vorher tätigen Unternehmers. Denn für diese Verspätung und die dadurch entstehenden Kosten haftet der Auftraggeber mangels Verschuldens nicht nach § 6 Nr. 6 VOB/B, sondern nur nach § 642 BGB.

Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich, dass der Auftragnehmer die Behinderung – wie bei § 6 Nr. 6 VOB/B – ordnungsgemäß angezeigt hat. Dies wird in der Praxis immer wieder übersehen. Deswegen wurde jetzt anlässlich der Neufassung der VOB/B 2006 in § 6 Nr. 6 VOB/B ein zweiter Satz aufgenommen, der wie folgt lautet:

„Im Übrigen bleibt der Anspruch des Auftragnehmers auf angemessene Entschädigung nach § 642 BGB unberührt, sofern die Anzeige nach Nr. 1 S. 1 erfolgt ist oder wenn Offenkundigkeit nach Nr. 1 S. 2 gegeben ist.“

Auch für den gesetzlichen Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB muss also bei einem VOB-Vertrag die zusätzliche Voraussetzung einer Behinderungsanzeige oder der Offenkundigkeit der Behinderung vorliegen.

Empfehlungen:

  • Auch ein Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB setzt – z.B. bei Behinderungen durch verspätete Vorleistungen eines anderen Unternehmers – grundsätzlich eine schriftliche Behinderungsanzeige gem. § 6 Nr. 1. S. 1 VOB/B voraus. Unterlässt ein betroffener Unternehmer die Anzeige, kommt ein Anspruch aus § 642 BGB nur bei Offenkundigkeit der Behinderung in Betracht.
  • Um Streitigkeiten über die Frage der Offenkundigkeit einer Behinderung zu vermeiden, sollte in jedem Falle eine schriftliche Behinderungsanzeige erfolgen.

Verfasser: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Alfred Hennemann

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