Im VOB-Vertrag wird, ebenso wie in Architektenverträgen nach § 8 Abs. 1 HOAI, die Prüffähigkeit einer Schlussrechnung zur Fälligkeitsvoraussetzung erhoben. Dabei galt nach einer gefestigten Rechtsprechung jahrzehntelang: Eine Klage, die auf eine nicht prüffähige Schlussrechnung gestützt wird, ist mangels Fälligkeit als derzeit unbegründet abzuweisen. Dies führte zu einer durchaus problematischen Praxis in der Rechtsprechung, dass nämlich viele Gerichte häufig zu dem einfachen Mittel der Klageabweisung griffen, wenn nach ihrer Meinung die Schlussrechnung des Architekten oder Bauunternehmers nicht prüffähig war.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dies nun schon vor einiger Zeit deutlich eingeschränkt, und zwar zunächst für Architektenverträge. In einem Aufsehen erregenden Urteil vom 27. November 2003 (VII ZR 288/02) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Auftraggeber gegen Treu und Glauben verstößt, wenn er Einwendungen gegen die Prüffähigkeit einer Architekten-Schlussrechnung später als zwei Monate nach deren Zugang erhebt. Er ist dann mit dem Einwand der fehlenden Prüffähigkeit ausgeschlossen mit der Folge, dass die Honorarforderung fällig wird. In einer weiteren Entscheidung vom 23. September 2004 (VII ZR 173/03) hat der BGH dann darauf hingewiesen, dass dies auch für einen Bauvertrag gilt, dem die VOB/B zugrunde liegt.

Kürzlich hat der BGH seine neue Rechtsprechung für den VOB-Vertrag noch einmal bestätigt (Urteil vom 22. Dezember 2005 – VII ZR 316/03 -). In dem entschiedenen Fall hatte das Berufungsgericht die Werklohnklage des Unternehmers wegen einer nicht prüfbaren Schlussrechnung als derzeit unbegründet abgewiesen: Die Schlussrechnung des Klägers sei u.a. nicht übersichtlich und halte die Reihenfolge des Leistungsverzeichnisses nicht ein; außerdem seien die einzelnen Rechnungspositionen nicht klar bezeichnet. Die Werklohnforderung sei daher nicht fällig.

Demgegenüber hat der BGH wiederum den Standpunkt vertreten, der Werklohn werde auch dann fällig, wenn die Rechnung objektiv nicht prüfbar sei, wenn der Auftraggeber des VOB-Vertrages nicht binnen zwei Monaten nach Zugang der Schlussrechnung Einwendungen gegen die Prüffähigkeit erhoben habe. Es habe daher eine Sachprüfung stattzufinden, ob die Werklohnforderung berechtigt sei.

Mit seiner jetzt wiederum bestätigen neueren Rechtsprechung will der BGH offenbar einen Schlussstrich unter die bedenkliche Praxis vieler Gerichte in der Vergangenheit setzen. Auf diesem Wege wird erreicht, dass sich die Parteien und die Instanzgerichte in Zukunft weniger über die Form der Rechnung (Prüfbarkeit der Rechnung), sondern vielmehr mit dem Inhalt der Rechnung (Richtigkeit der Rechnung) auseinandersetzen.

Empfehlungen:

  • Auftraggeber müssen künftig konkrete und präzise Einwendungen gegen die Prüfbarkeit von Architekten- und VOB-Schlussrechnungen spätestens binnen zwei Monaten nach deren Zugang erheben, um sich den Einwand fehlender Prüffähigkeit zu erhalten.
  • Gleichwohl sollten Architekten und Bauunternehmer auch weiterhin sorgfältig auf eine prüfbare Gestaltung ihrer Schlussrechnungen achten. Denn sie laufen sonst Gefahr, dass ihre Klage nicht nur als „derzeit unbegründet“, sondern als unschlüssig endgültig abgewiesen wird, wenn es nicht gelingt, den Vergütungsanspruch trotz einer nicht prüffähigen Rechnung im Prozess der Höhe nach plausibel darzulegen.

Verfasser:
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Alfred Hennemann

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