Banken dürfen in Fragen des Erbrechts nicht beraten.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 9. November 2006 (4 U 174/05) entschieden, dass es Banken nach dem Rechtsberatungsgesetz untersagt ist, ihre Kunden in erbrechtlichen Angelegenheiten zu beraten.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte eine Kundin der beklagten Bank einen Teil ihres Vermögens auf ihren Sohn übertragen wollen. Auf Anregung eines Filialmitarbeiters erklärte die Kundin sich damit einverstanden, dass ein in der Zentrale der Bank beschäftigter Jurist mit ihr die Verwaltung Ihres Vermögens für den Fall ihres Todes besprechen solle. Nach diesem Gespräch erstellte der Jurist der Bank einen Entwurf für ein Testament und eine Stiftungssatzung und leitete beide Entwürfe im Auftrag der Bank einem Rechtsanwalt zur Prüfung weiter, der diese Entwürfe nach Überprüfung unmittelbar der Kundin übersandte. Nach einem weiteren Gespräch mit der Kundin überarbeitete der bei der Bank angestellte Jurist die Entwürfe des Testaments und der Stiftungssatzung und übersandte die neuen Entwürfe direkt der Kundin.

In erster Instanz hatte das Landgericht Freiburg in diesem Verhalten einen Verstoß gegen Artikel 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz gesehen und die Bank verurteilt, es zu unterlassen, auf dem Gebiet des Erbrechts beratend und/oder rechtsbesorgend für Dritte tätig zu werden, indem sie in Fragen von Testamentserrichtungen inhaltlich berate, Testamentsentwürfe erstelle oder überarbeite, sowie Satzungen für Stiftungen erstelle. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der beklagten Bank wurde vom Oberlandesgericht mit im Wesentlichen folgender Begründung zurückgewiesen:

Die Bank habe gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßen. Denn danach dürfe die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung geschäftsmäßig nur von Personen betrieben werden, denen dazu die Erlaubnis erteilt worden sei. Die Bank habe keine solche Erlaubnis. Die Erlaubnispflicht entfalle bei einer juristischen Person auch dann nicht, wenn sie hierfür einen Volljuristen beschäftige. Während eine selbständiger Rechtsanwalt den Mandanten unabhängig berate, verfolge der Angestellte einer Bank deren Interessen, z.B. bei einer erbrechtlichen Beratung, dass die Bank zur Testamentsvollstreckerin ernannt werden wolle.

Bei den Tätigkeiten des angestellten Juristen handele es sich auch nicht um die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange der Bank, sondern um Rechtsbesorgungen. Zur Abgrenzung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung sei auf den Kern und den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen, weil heutzutage alle Lebensbereiche rechtlich durchdrungen seien und daher eine wirtschaftliche Betätigung kaum ohne rechtsgeschäftliches Handeln möglich sei oder ohne rechtliche Wirkung bleibe. Der Schwerpunkt der Tätigkeiten liege hier auf rechtlichem Gebiet. Denn die inhaltliche Beratung in Fragen der Testamentserrichtung diene der rechtlichen Umsetzung des Willens des Erblassers. Dies sei kein wirtschaftlicher Vorgang, sondern Rechtsgestaltung. Jemand der solche Dienstleistungen in Anspruch nehme, suche den Dienstleister nicht wegen der Frage auf, wem er was zuwenden wolle, sondern vielmehr wegen dessen rechtlichen Sachverstandes. Angesichts der Kompliziertheit der gesetzlichen Regelungen zum Erbrecht und der Vielfalt testamentarischer Gestaltungsmöglichkeiten seien hohe Anforderungen an die juristische Qualifikation des Dienstleisters gestellt.

Die rechtsberatende bzw. rechtsbesorgende Tätigkeit der Bank werde auch durch die Übersendung der Entwürfe des Testaments und der Stiftungssatzung an einen Rechtsanwalt nicht zu einer Rechtsberatung dieses Rechtsanwalts gegenüber dem Bankkunden. Beratung und Erstellung der Entwürfe einerseits und rechtliche Prüfung andererseits seien zwei unterschiedliche, jeweils unter das Rechtsberatungsgesetz fallende Dienstleistungen. Indem der angestellte Jurist der Bank den Willen der Kundin ermittelt und auf dieser Grundlage einen Testamentsentwurf gefertigt habe, habe er die vorzunehmende Rechtsgestaltung determiniert. Die nachfolgende rechtliche Prüfung habe nur einer Fehlerkontrolle dienen können, denn der Rechtsanwalt habe sich auf die Angaben des angestellten Juristen zu den persönlichen Verhältnissen und den Gestaltungswünschen der Kundin verlassen müssen.

Die rechtsbesorgenden Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Testamentserrichtung seien schließlich auch nicht deshalb zulässig, weil die Bank damit für ihre Kunden rechtliche Angelegenheiten erledigt hätte, die in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Geschäft ihres Gewerbebetriebes stünden. Die erbrechtliche Beratung und die Errichtung und Überarbeitung von Testamentsentwürfen habe mit Bankgeschäften nichts zu tun. Die Bank könne sich auch nicht darauf berufen, dass sie ihren Kunden erlaubter Weise Testamentsvollstreckungen anbiete. Denn weder die erbrechtliche Beratung noch die Erstellung von Testamentsentwürfen seien mit der Testamentsvollstreckung einhergehende Nebenleistungen. Um die Testamentsvollstreckung sachgerecht durchzuführen, bedürfe es keiner Beteiligung des Testamentsvollstreckers an der Errichtung des Testaments.

Das Rechtsberatungsgesetz, unter dessen Geltung das OLG Karlsruhe zu entscheiden hatte, wird 2007 durch das Rechtsdienstleistungsgesetz ersetzt werden, das aber wie sein Vorgänger den Zweck verfolgt, die Qualität der Rechtsberatung zu sichern. Nicht zuletzt im Hinblick auf diesen Zweck macht die Urteilsbegründung des OLG Karlsruhe deutlich, dass Banken auch künftig nicht gestattet sein wird, ihre Kunden erbrechtlich zu beraten. Wie bereits heute wird und muss es den Banken aber selbstverständlich auch weiterhin erlaubt sein, ganz allgemeine Ratschläge im Zusammenhang mit der Testamentserrichtung zu erteilen, wie etwa den Rat, das Testament mit einem Anwalt zu besprechen, oder dass ein eigenhändiges Testament, um wirksam zu sein, selbst geschrieben und unterschrieben werden muss und ähnliches.

Konsequenz für die Praxis:

Das Erbrecht ist ein außerordentlich kompliziertes Rechtsgebiet, dass eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet und es in besonders hohem Maße erfordert, vor der Fertigung von Testamentsentwürfen den Willen des Erblassers zu ermitteln. Dies aber ist nur bei persönlicher Beratung durch sachkundige Personen, nämlich Rechtsanwälte und Notare, gewährleistet. In unserer Anwaltsgruppe „Erbrecht, Vermögens- und Unternehmensnachfolge“ bündeln wir die Kompetenz eines Fachanwalts für Erbrecht, eines Fachanwalts für Steuerrecht und weiterer erfahrener Berater, die Ihnen bei der Errichtung eines Testaments oder einer Stiftungssatzung sachkundig zur Seite stehen.

 

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