15.02.2007

Die Altersteilzeit ist arbeitsmarktpolitisch gewünscht; unterhaltsrechtlich kann sie zur Katastrophe werden. Einen besonders anschaulichen Fall zeigt das Oberlandesgericht Saarbrücken mit Urteil vom 18. Oktober 2006 (2 UW 7/06).

Dort hatte der Unterhaltsverpflichtete mit seinem Arbeitgeber Altersteilzeit vereinbart. Vor Beginn der Altersteilzeit hatte der Unterhaltsverpflichtete ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 2.800 € erzielt. Auf Grund der Altersteilzeitvereinbarung bezog der Unterhaltsverpflichtete zuletzt noch etwa 1.430 € Arbeitslosengeld bzw. Altersrente. Obwohl sich die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit also drastisch verringert hatte, hat das Oberlandesgericht Saarbrücken den Unterhaltsverpflichteten verurteilt, an die getrennt lebende Ehefrau monatlich 991,00 € zu zahlen. Zum eigenen Leben verblieben dem Unterhaltsverpflichteten somit noch etwa 440 €.

Obwohl diese Entscheidung sicherlich Erstaunen hervorruft, befindet sich das Oberlandesgericht Saarbrücken im Einklang mit der übrigen Rechtsprechung. Unterhaltsverpflichtete haben die erhöhte unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit im Interesse der Berechtigten beizubehalten. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Vereinbarung einer Altersteilzeit mit dem Arbeitgeber nur bei unterhaltsrechtlich relevanten Gründen anerkannt wird. Solche anzuerkennenden Gründe sind beispielsweise gesundheitliche Beeinträchtigungen, ein Sozialplan aufgrund geplanter Betriebsänderung oder eine drohende Kündigung durch den Arbeitgeber. Liegen keine anerkennenswerten Gründe vor, so wird für die Unterhaltsberechnung fiktiv von dem letztmalig erzielten Nettoeinkommen ausgegangen.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Saarbrücken zeigt anschaulich, welche Folgen fiktive Einkommenszurechnungen in der Praxis haben. Dem Verpflichteten bleibt für die Deckung seines Lebensbedarfes ein monatlicher Betrag in Höhe von rund 440 €. Es kann zwar nicht außer Acht gelassen werden, dass der Unterhaltsverpflichtete durch die Vereinbarung der Altersteilzeit einseitig die Unterhaltsansprüche des bzw. der Berechtigten reduzieren kann. Die Rechtsprechung kann aber nicht überzeugend erklären, wie der Verpflichtete Unterhalt aufgrund fiktiver Einnahmen gewähren soll. Es wäre in einem solchen Fall sicherlich angemessener gewesen, die Altersteilzeit im Grundsatz anzuerkennen und den Unterhaltsanspruch der Ehefrau maßvoll zu reduzieren. Grenze wäre – wie auch sonst – der Selbstbehalt des Verpflichteten, der bei Erwerbstätigen bei 890 € sowie bei Nichterwerbstätigen bei 770 € liegt. Die Ehefrau hätte in dem Beispielsfall dann noch rund 660 € erhalten.

Wegen der entgegenstehenden ständigen Rechtsprechung seien aber diejenigen Unterhaltsverpflichteten gewarnt, die bei bestehenden Unterhaltsansprüchen über eine Altersteilzeit mit ihrem Arbeitgeber verhandeln. Unterhaltsrechtlich ist in diesen Fällen maßgeblich, ob sich der Arbeitnehmer in einer besonderen Zwangslage befunden hat, z.B. wegen einer drohenden Kündigung. Liegt ein solcher Ausnahmefall nicht vor, sollte der Unterhaltsverpflichtete im eigenen Interesse auf eine Altersteilzeit verzichten.

Verfasser: Andreas Menkel, Rechtsanwalt in Bonn

 

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