25.03.2007 -

Schwerbehinderte haben bekanntlich einen Zusatzurlaub von fünf Arbeitstagen. Das Bundesarbeitsgericht hatte sich nun mit der praxisrelevanten Frage zu befassen, ob dieser Zusatzurlaub dem gesetzlichen Grundurlaub von 24 Arbeitstagen oder dem individuellen vereinbarten Urlaubsanspruch hinzuzuaddieren ist (24.10.2006 – 9 AZR 669/05 -).

Der Sachverhalt der Entscheidung:

Der schwerbehinderte Arbeitnehmer war als Krankenpfleger bei dem beklagten Arbeitgeber vom März 2003 bis zum 30. September 2004 beschäftigt. Im Jahre 2004 hatte er einen vertraglichen Urlaubsanspruch von 29 Arbeitstagen. Bis zu seinem Ausscheiden am 30. September 2004 hatte der Kläger für das Jahr 2004 keinen Urlaub erhalten.

Bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses galt der Arbeitgeber lediglich 28 Urlaubstage ab. Damit war der Arbeitnehmer nicht einverstanden und forderte seinen Arbeitgeber vergeblich auf, weitere sechs Urlaubstage abzugelten (1 Tag + 5 Tage Zusatzurlaub für Schwerbehinderte).

Mit seiner Klage hat er den Abgeltungs- bzw. Schadensersatzanspruch in Höhe von 506,28 € verfolgt.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Zahlungsklage stattgegeben.

Die Entscheidung des BAG:

Das Bundesarbeitsgericht hat in der Revision die Entscheidung der Vorinstanzen bestätigt.

I. Höhe des Urlaubsanspruchs

Die Parteien hatten individuell ab Vollendung des 40. Lebensjahres einen Urlaubsanspruch von 29 Arbeitstagen vereinbart. Diese Voraussetzungen waren erfüllt, so dass der individuelle, vertraglich vereinbarte Urlaubsanspruch 29 Arbeitstage betrug und nicht 28, wie von dem Arbeitgeber behauptet.

Hinweis für die Praxis:

Der Arbeitnehmer hatte die Wartezeit von sechs Monaten (§ 4 Bundesurlaubsgesetz) erfüllt. Zwar ist er bereits zum 30. September 2004 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden; dennoch war der Urlaub nicht auf 9/12 zu kürzen. Arbeitnehmer, bei denen die Wartezeit von sechs Monaten erfüllt ist und die erst in der zweiten Jahreshälfte ausscheiden, erwerben den vollen Urlaubsanspruch, § 5 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz!

II. Zusatzurlaub für Schwerbehinderte

Weitere fünf Urlaubstage ergaben sich für den in der 5-Tage-Woche beschäftigten Arbeitnehmer aus § 125 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IX. Zu den 29 individuell vereinbarten Urlaubstagen war dieser Zusatzurlaub zu addieren, so dass sich eine Urlaubsdauer von insgesamt 34 Urlaubstagen (Gesamturlaub) ergab. Auf diesen Zusatzurlaub sind die Vorschriften über die Entstehung, Übertragung, Kürzung und Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs anzuwenden. Auch der Zusatzurlaub war damit in voller Höhe für das Jahr 2004, trotz des Ausscheidens schon zum 30. September 2004, entstanden. Der Ansicht des Arbeitgebers, der Zusatzurlaub für Schwerbehinderte sei nur dem gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen hinzuzurechnen, folgte das Bundesarbeitsgericht, wie auch die Vorinstanzen, zutreffend nicht.

Fazit:

Der Zusatzurlaub für Schwerbehinderte nach dem SGB IX tritt dem Urlaubsanspruch hinzu, den der Beschäftigte ohne Berücksichtigung seiner Schwerbehinderung individuell beanspruchen kann.

Verfasser: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Nicolai Besgen, Bonn

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