24.04.2007 -

Die Betriebspartner streiten immer wieder über die Frage, ob dem Betriebsrat ein Anspruch auf einen Internetanschluss zusteht. Das Bundesarbeitsgericht hat sich nun abermals mit der Frage befasst und anders als in früheren Beschlüssen den Anspruch des Betriebsrats in diesem Fall abgelehnt (BAG, Beschl. v. 23.08.2006 – 7 ABR 55/05 -, NZA 2007, 337).

Der Sachverhalt der Entscheidung:

Die Arbeitgeberin betreibt bundesweit 84 Bau- und Gartenmärkte. In 71 Märkten sind Betriebsräte gebildet.

In dem konkreten Markt der Niederlassung in H. war ein aus fünf Mitgliedern bestehender Betriebsrat gebildet. Dieser verfügte über einen Personalcomputer mit Netzwerkanschluss, der es ihm ermöglichte, das unternehmensweite Intranet zu nutzen sowie E-Mail zu versenden und zu empfangen. Einen Zugang zum Internet hatte der Betriebsrat nicht.

Über einen Internetanschluss verfügten in dem Markt in H., in dem ca. 90 Mitarbeiter beschäftigt waren, nur der Marktleiter und sein Stellvertreter.

Der Betriebsrat verlangte die Bereitstellung eines Internetnetzugangs. Er hat die Auffassung vertreten, zur sachgerechten Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben sei ein Internetanschluss erforderlich. Er könne seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten nur ordnungsgemäß erledigen, wenn er die aktuelle Gesetzgebung und Rechtsprechung im Bereich des Arbeits- und Betriebsverfassungsrechts kenne. Bei der Fülle von Gesetzesnovellierungen sei eine schnelle Aktualisierung erforderlich, die ausschließlich über das Internet gewährleistet sei. Die Einrichtung eines Internetanschlusses sei kostenneutral, da die Arbeitgeberin über einen Flatratevertrag verfüge und daher unabhängig von der Dauer der Nutzung des Internets einen Pauschalbetrag entrichte. Weitere Kosten entstünden durch die Einrichtung eines Internetzugangs nicht.

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen des Betriebsrats entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat hingegen die Anträge abgewiesen.

Die Entscheidung des BAG:

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats hatte keinen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte vielmehr die ablehnende Entscheidung des LAG.

I. Grundsatz der Erforderlichkeit

Der Arbeitgeber hat nach § 40 Abs. 2 BetrVG dem Arbeitgeber Sachmittel, insbesondere Informations- und Kommunikationstechnik, zur Verfügung zu stellen. Die Prüfung, ob ein vom Betriebsrat verlangtes Sachmittel zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist, obliegt dem Betriebsrat. Allerdings darf er diese Entscheidung nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten. Vielmehr muss er sich an den betrieblichen Verhältnissen orientieren. Die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamtes einerseits und berechtigte Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung der Kostentragungspflicht gerichtet sind, sind von dem Betriebsrat gegeneinander abzuwägen.

Hinweis für die Praxis:

Aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit folgt damit zunächst, dass dem Betriebsrat nicht von vornherein alle gewünschten Sachmittel zur Verfügung zu stellen sind. Der Grundsatz der Erforderlichkeit schränkt dieses Recht vielmehr ein. In jedem Einzelfall muss deshalb der Anspruch des Betriebsrats von Arbeitgeberseite geprüft werden. Einigkeit besteht allerdings darüber, dass der Betriebsrat Anspruch auf die üblichen arbeitsrechtlichen Gesetzestexte, entsprechende Kommentare, Fachliteratur und Zeitschriften hat.

II. Anspruch auf Internetzugang?

Die dem Betriebsrat nach dem BetrVG obliegenden Aufgaben lassen sich sachgerecht regelmäßig nur durch laufende und aktuelle Unterrichtung über arbeits- und betriebsverfassungsrechtliche Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung sowie insbesondere durch die daraus gewonnenen Erkenntnisse über mögliche Handlungsspielräume lösen. Zur verantwortlichen Wahrnehmung seiner Befugnisse ist er deshalb nicht nur auf die Unterrichtung in den einschlägigen Gesetzen oder deren Erläuterungen in Kommentaren verwiesen. Vielmehr ist er auch darauf angewiesen, sich durch andere Veröffentlichungen, in dem diese Themen nach neuestem fachlichem Stand dargestellt werden, Informationen zu verschaffen. Grundsätzlich ist der Betriebsrat auch in der Entscheidung darüber frei, auf welche Weise er sich die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Informationen verschafft.

Im konkreten Fall hat das BAG den Anspruch abgelehnt, weil sie für den Betriebsrat nicht in den konkreten betrieblichen Verhältnissen erforderlich war. Die allgemeine Üblichkeit der Nutzung eines technischen Hilfsmittels besagt nach Auffassung des BAG noch nichts über die Notwendigkeit, dieses auch zur Bewältigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats einzusetzen. Dies muss von dem Betriebsrat berücksichtigt und konkret im Prozess dargelegt werden.

III. Ausstattungsniveau des Arbeitgebers nicht maßgeblich

Der Betriebsrat kann den Internetzugang auch nicht allein deswegen verlangen, weil der Marktleiter und der Stellvertreter über einen Internetzugang verfügen. Der erforderliche Umfang eines Sachmittels bestimmt sich nicht ausschließlich nach dem Ausstattungsniveau des Arbeitgebers. Die Geschäftsleitung eines Betriebs verfolgt andere Ziele als die laufende Geschäftsführung des Betriebsrats. Bedient sich jedoch der Arbeitgeber in der Kommunikation mit dem Betriebsrat moderner Kommunikationstechnik, hat er dem Betriebsrat insoweit ebenfalls das erforderliche Ausstattungsniveau zur Verfügung zu stellen. Dies war vorliegend aber keinesfalls der Fall.

Fazit:

Der Betriebsrat in dem Baumarkt hatte vorliegend über seinen Personalcomputer mit Netzwerkanschluss die Möglichkeit, das unternehmensweite Intranet zu nutzen und E-Mail zu verschicken und zu empfangen. Dadurch war die Kommunikation mit anderen Betriebsräten und mit den anderen Märkten innerhalb des Unternehmens sowie der Zentrale des Arbeitgebers gewährleistet. Die Nutzung des Internets war aber in dem Betrieb nicht allgemein üblich. Andere Arbeitnehmer hatten keinen Internetzugang. Der Betriebsrat hatte auch nicht vorgetragen, dass das Internet von dem Arbeitgeber zum Zwecke der Informationsbeschaffung im Zusammenhang mit betriebsverfassungsrechtlichen Aufgabenstellungen genutzt wurde. Auch hatte der Betriebsrat nicht dargelegt, dass er konkret auf einen Internetzugang angewiesen war.

Hinweis für die Praxis:

Die vorliegende Entscheidung macht deutlich, dass keinesfalls in jedem Betrieb ein Internetzugang für den Betriebsrat zur Verfügung zu stellen ist. Es hängt im Einzelfall von der Erforderlichkeit ab und von den konkreten betrieblichen Verhältnissen. Das Ausstattungsniveau des Arbeitgebers ist nicht ausschließlich maßgeblich.

Literaturhinweise:

  • Besgen, Blackberry und Homepage für den Betriebsrat? – Ein aktueller Überblick zum Anspruch des Betriebsrats auf moderne Kommunikationstechnik, NZA 2006, 959 ff.
  • Besgen/Prinz, Neue Medien und Arbeitsrecht – Internet, E-Mail und andere moderne Kommunikationsmittel, DeutscherAnwaltverlag 2006.

Verfasser: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Nicolai Besgen, Bonn

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