15.07.2007

In zwei noch nicht veröffentlichten Entscheidungen vom 23. Mai 2007 befasst sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit immer wieder auftretenden Fragenkomplexen aus dem Bereich Unterhalt und Steuern.

Die erste Entscheidung (XII ZR 245/04) betrifft folgende Frage: Wie wirkt sich das Realsplitting (steuerlicher Abzug des Ehegattenunterhalts als zusätzliche Sonderausgaben bis zu 13.805 € pro Jahr) bei der Unterhaltsberechnung aus, wenn der Unterhaltsschuldner erneut geheiratet hat?

Als Folge einer neuen Ehe ergibt sich für den Unterhaltsschuldner bei einer steuerlichen Zusammenveranlagung („gemeinsame Steuerklärung“) ein Steuervorteil, wenn der neue Ehegatte kein oder nur deutlich geringeres Einkommen hat. Dieser Steuervorteil darf nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 07.10.2003 nicht bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts (wohl aber des Kindesunterhalts) berücksichtigt werden. Darüber gibt es keinen Streit mehr.

Macht nun der Unterhaltsschuldner seine Unterhaltszahlungen an den geschiedenen Ehegatten steuerlich im Rahmen des Realsplitting geltend, so hat er hieraus einen weiteren Steuervorteil, der – darüber gibt es ebenfalls keinen Streit – bei der Unterhaltsberechnung in der Regel berücksichtigt werden muss. Dieser Steuervorteil ist normalerweise höher, wenn der Unterhaltsschuldner nicht wieder verheiratet ist. Die Frage war also, ob der tatsächlich (mit neuer Ehe) erzielte Steuervorteil anzusetzen ist oder der – höhere – Steuervorteil, der ohne die neue Ehe erzielt würde.

Der BGH hat – konsequent – entschieden, dass für den Ehegattenunterhalt insgesamt die Steuer berechnet werden müsse, als gäbe es die neue Ehe nicht. Deswegen dürfe nicht nur der tatsächliche Steuervorteil aus dem Realsplitting angesetzt werden; vielmehr müsse die Steuerbelastung einschließlich dieses Steuervorteils ermittelt werden, ohne dass die neue Ehe irgendwie berücksichtigt wird. Das ist richtig. Denn nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts muss nur der auf die neue Ehe zurückzuführende Steuervorteil unberücksichtigt bleiben; der als Folge des Realsplitting eintretende Steuervorteil hat aber mit der neuen Ehe gerade nichts zu tun, sondern wäre auch ohne diese neue Ehe gegeben.

 

Die zweite Entscheidung (XII ZR 250/04) befasst sich mit der Frage, wann ein Ehegatte der steuerlichen Zusammenveranlagung zustimmen muss für das Jahr, in dem die Trennung erfolgt ist.

Die grundsätzliche Rechtslage ist auch hier klar: Wenn eine solche Zusammenveranlagung möglich ist (wie z.B. noch im Jahr der Trennung), so muss jeder Ehegatte zustimmen unter der Voraussetzung, dass er dadurch keinen Nachteil hat, also nicht schlechter steht als bei einer getrennten Veranlagung. Das wird z.B. auch angenommen, wenn ein Ehegatte dem anderen zusagt, er werde einen etwaigen Steuernachteil ausgleichen.

Die Besonderheit bestand hier darin, dass die Ehefrau Lohnsteuer nach der Lohnsteuerklasse V gezahlt hatte und der Ehemann nach der Lohnsteuerklasse III, eine gängige Praxis für den Fall, dass ein Ehegatte deutlich höheres Einkommen hat als der andere. Das bedeutet, dass der besser verdienende Ehegatte weniger Lohnsteuer zahlt als er nach seinem Einkommen eigentlich zahlen müsste, während der andere Ehegatte – bezogen auf sein Einkommen – zuviel Lohnsteuer zahlt; die Gesamt-Lohnsteuerbelastung wird geringer, so dass zum täglichen Leben mehr Einkommen zur Verfügung steht. Könnte der Ehegatte mit dem schlechteren Einkommen durchsetzen, dass er bei einer Zusammenveranlagung nicht schlechter stehen darf als bei einer getrennten Veranlagung, so erhielte er die zuviel gezahlten Steuern zurück und der andere Ehegatte müsste massiv nachzahlen.

Das hat der BGH zu Recht als falsch abgelehnt. Für die Zeit bis zur Trennung kann der Ehegatte mit dem geringeren Einkommen nicht verlangen, dass die zuviel gezahlte Steuer erstattet wird, weil man bis dahin gemeinsam gewirtschaftet hat und bei einer Trennung nicht nachträglich abzurechnen ist, ob ein Ehegatte zuviel zu den gemeinsamen Kosten beigesteuert hat; etwas anderes kann lediglich gelten, wenn man das ausdrücklich vereinbart hatte. Nur für die Zeit ab der Trennung kann ein Steuerausgleich verlangt werden; ist allerdings in der Trennungszeit Unterhalt auf der Basis der tatsächlichen Lohnsteuerklassen berechnet und gezahlt worden, kann kein weiterer Ausgleich verlangt werden, weil der Ausgleich schon über den Unterhalt erfolgt ist.

Mit diesen beiden Entscheidungen sind zwei immer wieder auftretende Streitfragen geklärt. Es ist zwar kein Gericht und kein Anwalt an die Entscheidungen des BGH gebunden; tatsächlich orientieren sich aber die meisten Gerichte und Anwälte an solchen Grundsatzentscheidungen, so dass sich die Zahl der insoweit geführten Streitigkeiten reduzieren wird.

Verfasser: Rainer Bosch, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht in Bonn

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen