Kennen Sie die Weisheit: „Originale gibt man nicht aus der Hand“? Von diesem Lebenssatz ließ sich offenbar ein Arbeitgeber leiten, der vor dem Arbeitsgericht – LAG Düsseldorf, Urteil vom 12. April 2007 (12 Sa 132/07) – jetzt das Nachsehen hatte:
Im Jahr 2006 entschloss er sich, Teile seiner Produktion einzustellen. In diesem Zusammenhang sollte es zu betriebsbedingten Kündigungen kommen. Nachdem er die entsprechenden Schreiben ausgedruckt hatte, stellte er fest, dass in den Kündigungsschreiben ein falsches Beendigungsdatum angegeben war. Deshalb übermalte der Arbeitgeber dieses Datum mit Tipp-Ex, setzte handschriftlich das neue Datum ein und fotokopierte die Kündigungsschreiben anschließend. Das Originalschreiben unterschied sich nur durch das farbliche Logo und die mit Kugelschreiber geschriebene Unterschrift des Arbeitgebers von der Kopie. Einige Zeit später informierte der Arbeitgeber seine Beschäftigten über den Beschluss zur Kündigung und führte hierzu Einzelgespräche. Hierzu rief er den jeweiligen Angestellten in einen Raum, legte das Originalschreiben sowie die Kopie vor ihm auf den Tisch und bat den Mitarbeiter, beide Schreiben zu lesen. Der Geschäftsführer führte dann mit dem Arbeitnehmer ein kurzes Gespräch, um sich anschließend den Kündigungszugang auf beiden Schreiben quittieren zu lassen. Anschließend faltete der Geschäftsführer die Kopie zusammen, steckte sie in einen Umschlag und gab diesen dem Mitarbeiter mit.
Bei der Klägerin verhielt sich dies anders. Sie verweigerte schlicht die Quittierung des Zugangs, worauf hin ihr die Kopie letztlich ohne Gegenzeichnung in dem Umschlag mitgegeben wurde. Die Arbeitnehmerin wandte daraufhin ein, diese Kündigung verstoße gegen das Schriftformgebot des § 623 BGB. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf gab ihr Recht:
Eine Kündigung bedarf gemäß § 623 BGB zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Sie muss daher von dem Erklärenden eigenhändig unterschrieben werden und in dieser Form dem Mitarbeiter zugehen. Unzureichend ist demgegenüber der Zugang einer Fotokopie der unterschriebenen Urkunde. Für den Zugang genügt es, wenn das Schreiben „in den Herrschaftsbereich“ des Mitarbeiters gelangt, d.h. er hierüber verfügen kann. Dies war der Klägerin jedoch nicht möglich. Da zwei Schreiben vor ihr auf dem Schreibtisch lagen, musste sie – so das Landesarbeitsgericht Düsseldorf – nach den Umständen davon ausgehen, dass das Schreiben auf dem Schreibtisch liegen und damit in der Verfügungsgewalt des Arbeitgebers bleiben sollte und der Klägerin lediglich die Gelegenheit zum Lesen gegeben war. Ein solches Verhalten der Beklagten stellt aber nach der Auffassung des Landesarbeitsgerichts keine Übergabe oder Aushändigung und erst recht keine Aufgabe der Verfügungsgewalt dar. Die Mitarbeiterin habe nicht einmal – wie dies von der Rechtsprechung bisweilen für ausreichend erachtet werde – auch nur vorübergehend das Kündigungsschreiben in ihrer Verfügungsgewalt gehabt. Demgemäß war das Originalkündigungsschreiben nicht zugegangen und es gab daher keine rechtswirksame Kündigung. Das Landesarbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage der Mitarbeiterin in vollem Umfang statt.
Fazit:
Kündigungsschreiben bedürfen immer der Schriftform. Dem Mitarbeiter muss also ein im Original unterzeichnetes Kündigungsschreiben zugehen. Es genügt nicht, wenn der Arbeitgeber seinen Beendigungswillen per Fax, Mail, SMS oder Telefon erklärt. Vielmehr sollte er darauf achten, das Kündigungsschreiben im Original auszuhändigen, denn die bloße Möglichkeit, ein Kündigungsschreiben zu sehen, genügt nicht für eine rechtswirksame Kündigung. Es fehlt in diesen Fällen an einem Zugang der Kündigung. Um diese Streitfälle nachvollziehbar zu gestalten, sollte das Kündigungsschreiben im Übrigen stets unter Zeugen übergeben werden. Es ist deshalb zweckmäßig, einen anderen Mitarbeiter zur Übergabe des Kündigungsschreibens hinzuzuziehen.
Verfasser: Sebastian Witt, Rechtsanwalt in Bonn.
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