12.08.2007 -

Dass selbständige Künstler und Publizisten im Allgemeinen in der Künstlersozialkasse kranken-, renten- und pflegeversichert sind, dürfte wenige erstaunen. Eine Abgabepflicht für eine Vielzahl von Unternehmen zur Künstlersozialkasse – auch wenn deren Geschäftsbereich fern der Kunst und Publizistik liegt – ist hingegen weitgehend unbekannt.

Was ist die Künstlersozialkasse?

Die Künstlersozialkasse entstand Anfang der achtziger Jahre, um die soziale Absicherung der Kunstschaffenden und Publizisten zu verbessern. In der Künstlersozialkasse (KSK) ist der freischaffende Künstler oder Publizist pflichtversichert. Parallel zum System der gesetzlichen Kranken-, Renten-, und Pflegeversicherung zahlt der Künstler oder Publizist – wie ein Arbeitnehmer – 50 % der Beiträge. Der Bund subventioniert weitere 20 % der Abgaben, während die restlichen 30 % der Beiträge durch eine so genannte Verwerterabgabe finanziert werden.

Welche Unternehmen sind abgabepflichtig?

Das Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) benennt in § 24 drei Möglichkeiten unternehmerischer Tätigkeit, die eine Abgabepflicht auslösen:

  • Zum einen müssen für die Verwertungsabgabe Unternehmen aufkommen, die typischerweise künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen verwerten, also Unternehmen im Buch-, Presse-, Medien- und Werbebereich sowie Verlage, Rundfunkanstalten, Orchester, Galerien, Kunsthändler, Museen etc. (§ 24 Abs. 1 S. 1 KSVG). Durch ihre Branchennähe wissen diese Unternehmen in aller Regel um ihre Abgabepflicht.
  • Brisant ist allerdings die zweite im Gesetz vorgesehenen Alternative (§ 24 Abs. 1 S. 2 KSVG): Denn die Abgabepflicht besteht auch für Unternehmen, die für ihre eigenen Zwecke Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei „nicht nur gelegentlich“ Aufträge an freischaffende Künstler und Publizisten erteilen. „Gelegentlich“ bedeutet hierbei im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes nicht regelmäßig. Wenn demnach jährlich wiederkehrende Leistungen beauftragt werden, also beispielsweise Dienstleistungen an Unternehmensanzeigen, Unternehmens-Logo, Webpages, Werbebroschüren, Presseveröffentlichungen etc., dann sind diese Aufträge nicht mehr nur „gelegentlich“ im Sinne des Gesetzes (siehe hierzu: Landessozialgericht Niedersachsen, Urteil vom 21.08.1991, L 4 KR 69/91). Wer also jährlich mindestens einmal selbständige Künstler oder Publizisten im Rahmen von Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit beauftragt, ist abgabepflichtig.
  • Gemäß § 24 Abs. 2 KSVG sind zudem Unternehmen zur Künstlersozialabgabe verpflichtet, die nicht nur gelegentlich Aufträge an Künstler oder Publizisten erteilen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen, wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden sollen. Es kann sich dabei z.B. um Unternehmer handeln, die Produkte oder Verpackungen gestalten lassen. Abgabepflichtig nach § 24 Abs. 2 KSVG sind auch Unternehmer, die jährlich mehr als drei Veranstaltungen mit selbständigen Künstlern und Publizisten organisieren und damit Einnahmen erzielen wollen.

Für die Beauftragung welcher Personen wird die Abgabepflicht relevant?

Um möglichst viele Freischaffende in den sozialen Schutz der Künstlersozialkasse mit einzubeziehen, ist der Kreis der Zugehörigen recht großzügig gestaltet. Besonders relevant für das mittelständische Unternehmen ist die Künstler- und Publizisteneigenschaft von Webdesignern, Grafikern, Layoutern, Textern und Musikern. Eine detaillierte Auflistung der Berufsgruppen findet sich im so genannten „Künstlerkatalog“ der KSK. Wichtig für die Entstehung der Abgabepflicht ist allerdings, dass der beauftragte Künstler oder Publizist freischaffend, also selbständig ist. Bei Beauftragung einer Werbeagentur entsteht deshalb keine Abgabepflicht, da für den Kunstschaffenden dann bereits im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses Sozialabgaben entrichtet werden. Sollte eine vom Unternehmen beauftragte Agentur ihrerseits selbständige Künstler oder Publizisten als Subunternehmer beauftragen, entsteht die Abgabepflicht nur für die Agentur; das Unternehmen bleibt abgabefrei. Auch braucht der Endverbraucher, der Künstler oder Publizisten beauftragt, keine Abgaben zu entrichten.

Warum war das bisher in der Praxis weniger relevant?

Da bis zu einer Gesetzesänderung am 15.06.2007 die Prüfungen, ob korrekte Abgaben erfolgten, von der KSK selbst vorgenommen werden mussten, diese aber nur über zehn Prüfer verfügte, konzentrierten sich die Prüfungen auf die klassischen Verwerter. Seit der Gesetzesänderung obliegt die Prüfung nun aber den Betriebsprüfern der Rentenversicherung, die mit 3600 Prüfern bundesweit kontrollieren.

Wie hoch ist die Abgabepflicht?

Die Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe ist die Gesamtheit aller Entgelte, die das Unternehmen im Laufe eines Kalenderjahres an Künstler oder Publizisten für Werke oder Leistungen zahlt, die in selbständiger Arbeit erbracht werden (Honorare, Kaufpreise, Gagen etc.). Auch Sachleistungen und Aufwendungen (beispielsweise Materialkosten), die unmittelbar mit der Leistung der Künstler und Publizisten in Zusammenhang stehen, werden mitberücksichtigt. Im Jahr 2007 mussten 5,1 % dieser Bemessungsgrundlage als Abgabe abgeführt werden (im Jahr 2006 belief sich der Beitragssatz auf 5,5 %).

Welche Pflichten gibt es noch?

Neben der Abgabepflicht besteht eine Melde-, Aufzeichnungs-, und Vorlagepflicht. Abgabepflichtige Entgelte müssen jährlich jeweils bis zum 31.03. bei der KSK gemeldet werden (§ 28 KSVG).

Was passiert bei Verletzung dieser Pflichten?

Werden abgabepflichtige Entgelte nicht gemeldet, kann die KSK die Honorare nach branchenspezifischen Entgelten schätzen (§ 27 Abs. 1 KSVG). Dies wäre gerade für kleinere und mittelständische Unternehmen äußerst ungünstig, da bei der Schätzung von einem Durchschnittswert der spezifischen Verwertungsbranche ausgegangen wird. Im besonders relevanten Bereich der Eigenwerber liegt der Durchschnitt zurzeit bei 86.000 Euro. Zudem kann bei Verletzung der Melde- und Aufzeichnungspflicht ein Ordnungsgeld bis zu 5.000 Euro verhängt werden.

FAZIT:

Im Bereich der Eigenwerbung besteht für eine Vielzahl von Unternehmen eine Abgabepflicht zur Künstlersozialkasse. Seit der Gesetzesänderung vom 15.06.2007 ist diese ernst zu nehmen, sonst droht erheblicher Schaden, gerade für kleine und mittelständische Unternehmen.

Dr. Christopher Liebscher, LL.M.
MEYER-KÖRING v. DANWITZ PRIVAT
Rechtsanwälte – Steuerberater
Kronenstr. 3 / 10117 Berlin
Tel.: (030) 206 289 6
Email: liebscher@mkvdp.de

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