10.10.2007 -

Kündigungen bedürfen gem. §§ 623, 126 BGB der Schriftform. Das bedeutet, dass die Kündigungserklärung vom Aussteller eigenhändig unterschrieben werden muss. Wann eine „Unterschrift“ den Anforderungen der gesetzlichen Schriftform nicht mehr genügt, wurde nun durch Urteil des LAG Hamm vom 13.6.2007 im Rahmen der Berufung gegen ein Urteil des ArbG Bielefeld vom 8.2.2007 entschieden.

Der Sachverhalt

Der Kläger war als Transportarbeiter bei der Beklagten beschäftigt. Diese kündigte ihm zunächst mit Schreiben vom 27.6.2006 zum 13.7.2006, später erneut mit Schreiben vom 28.7.2006 zum „nächstmöglichen Termin“. Das erste Kündigungsschreiben zeichnete der Einzelprokurist der Beklagten mit einem Strich ab, der zunächst der Form eines großen „S“ ähnelt und dann in eine waagerechte Linie mit einem Haken ausläuft.

Die Entscheidung des ArbG Bielefeld

Das Arbeitsgericht Bielefeld wertete die erste Kündigung als unwirksam. Es begründete seine Entscheidung damit, dass keine den Anforderungen des § 126 BGB entsprechende Unterschrift vorhanden sei. Es sah zwar in dem Schriftzug „wenn überhaupt ein bruchstückhaftes S“, das dem Schriftformerfordernis der §§ 126, 623 BGB nicht genüge. Hierzu sei ein mehrere Buchstaben aufweisender, individueller Schriftzug notwendig, der deutlich mache, dass eine vollständige Unterschrift und nicht nur eine Paraphe unter einem Entwurf vom Unterzeichnenden gewollt sei.
Die Kündigung durch das zweite Schreiben wurde vom Gericht als wirksam angesehen.

Die Beklagte ging in Berufung und rügte, das Arbeitsgericht setze zu hohe Maßstäbe hinsichtlich der Unterschrift an. Ihrer Ansicht nach ist es nicht notwendig, dass mehrere Buchstaben erkennbar sind.

Die Berufungsentscheidung

Das Landesarbeitsgericht bestätigte mit seinem Urteil die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bielefeld. Dabei ließ es den Streit, ob zumindest einzelne Buchstaben erkennbar sein müssen, offen (zum Streitstand: BGH Urteile vom 22.10.1993 NJW 1994, 55; BGH Beschluss vom 29.10.1986, NJW 1987, 1333), da seiner Ansicht nach gar kein Buchstabe zu erkennen sei. Unabhängig von der Erkennbarkeit einzelner Buchstaben sei durch das vorliegende Zeichen der Zweck des § 126 BGB, die eindeutige Identifizierung des Unterzeichners, keinesfalls gewahrt. Weder der Klarstellungs- noch der Beweisfunktion, die § 126 BGB verfolge, sei entsprochen worden. Die erste Kündigung wurde dementsprechend als unwirksam angesehen, nicht sie, sondern erst das zweite Schreiben beendete das Arbeitsverhältnis.

Hinweis für die Praxis

Die wirtschaftlichen Konsequenzen einer unleserlichen Paraphe können schwerwiegend sein. Denn die dreiwöchige Klagefrist des § 4 KSchG, innerhalb derer Einwände gegen die Rechtswirksamkeit der Kündigung grundsätzlich vor Gericht erhoben werden müssen, gilt in diesen Fällen nicht. Schließlich existiert ja keine der Schriftform genügende Kündigung, die die Frist in Gang setzen könnte. Der Arbeitnehmer könnte die Klage also bis zur Grenze der Verwirkung hinauszögern. Wird dann die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt, muss die gesamte Vergütung ab dem Zeitpunkt der Kündigungserklärung nachgezahlt werden. Erst eine weitere Kündigung – leserlich unterschrieben! – kann dann die Beendigung der Vertragsbeziehung herbeiführen. In Anbetracht dessen muss auch bei Zeitnot auf eine leserliche Unterzeichnung von Kündigungen unbedingt geachtet werden. Zumindest einige Buchstaben sollten erkennbar sein!

 

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