25.02.2008

„Die Strafverfolgungsbehörde darf zur Sicherstellung dienstrechtlicher Maßnahmen gegen einen Beamten dem Steuergeheimnis unterliegende, in einem Strafverfahren gegen diesen gewonnene Erkenntnisse dem Dienstvorgesetzten des Beamten im Rahmen des § 125c BRRG offenbaren, ohne eine vorweggenommene Prüfung der disziplinarrechtlichen Behandlung des Falles vornehmen zu müssen; erforderlich ist lediglich, dass die übermittelten Daten für eine solche disziplinarrechtliche Prüfung des Dienstherrn des Beamten von Belang sein können.

Eine Information des Dienstvorgesetzten über das Verfahren ist ungeachtet dessen zulässig, ob das Ermittlungsverfahren gegen den Beamten wegen Verfolgungsverjährung oder einer strafbefreienden Selbstanzeige eingestellt worden ist.“

So lauten die Leitsätze des Beschlusses des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. Januar 2008 (Az. VII B 149/07). Der Beschluss bringt für Beamte, die eine Steuerhinterziehung begangen haben, doppeltes Unheil. Zum einen drohen die üblichen steuerstrafrechtlichen Sanktionen, zum anderen die disziplinarrechtlichen Sanktionen. Das ist nicht neu. Neu ist aber die eindeutige Klarheit, mit der der BFH zum Ausdruck bringt, dass Mitteilungen an den Dienstherren auch dann erfolgen dürfen, wenn Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist, bei strafbefreiendem Rücktritt vom Versuch oder bei einer strafbefreienden Selbstanzeige.

„Denn dass ungeachtet der Strafverfolgungsverjährung solche Taten dienstrechtlich von Bedeutung sein können, namentlich wenn neben sie weitere dienstrechtlich bedeutsame Verfehlungen des Beamten treten, bedarf keiner weiteren Ausführung. Dann aber ist die Kenntnis solcher Daten für den Dienstherrn erforderlich, um umfassend prüfen zu können, ob er disziplinarische Maßnahmen gegen den Beamten ergreifen will, mithin der nach Sinn und Zweck des Gesetzes entscheidende Anlass für die Durchbrechung des Steuergeheimnisses gegeben.“

Das Steuergeheimnis schützt den Steuerpflichtigen zwar grundsätzlich davor, dass Tatsachen, die in einem Steuerstrafverfahren gegen ihn bekannt werden, an andere Behörden für nicht steuerliche Zwecke weitergegeben werden. Soweit aber die Strafverfolgungsbehörde nach § 125c Beamtenrechtsrahmengesetzes (BRRG) berechtigt oder verpflichtet ist, Daten weiterzugeben, tritt das Steuergeheimnis zurück.

Nach § 125c BRRG darf die Strafverfolgungsbehörde den Dienstvorgesetzten eines Beamten über ihre Erkenntnisse in einem Steuerstrafverfahren gegen den Beamten unterrichten, wenn die Kenntnis der Tatsachen erforderlich ist, um zu prüfen, ob gegen den Beamten dienstrechtliche Maßnahmen zu ergreifen sind.

Das Finanzamt (FA) wollte im entschiedenen Fall den Dienstvorgesetzten des betroffenen Beamten über das Ermittlungsverfahren unterrichten, obwohl Strafverfolgungsverjährung eingetreten war und im Übrigen eine strafbefreiende Selbstanzeige mit Nachzahlung der hinterzogenen Steuern vorlag. Um dies dem FA im Wege einer einstweiligen Anordnung untersagen zu lassen, hatte der Beamte das Finanzgericht (FG) angerufen. Dieses entsprach seinem Begehren, weil es für ausgeschlossen hielt, dass gegen den Beamten Disziplinarmaßnahmen ergriffen werden würden. Der BFH hat diese Entscheidung jedoch auf die Beschwerde des FA aufgehoben und den Anordnungsantrag abgelehnt.

Bevor der Dienstvorgesetzte über ein Strafverfahren unterrichtet wird, muss die Strafverfolgungsbehörde nach Auffassung des BFH grundsätzlich keine disziplinarrechtliche Prüfung des Falles anstellen. Sie darf ihre Erkenntnisse also auch dann weitergeben, wenn nach ihrer Einschätzung eine disziplinarische Ahndung nicht geboten oder möglicherweise nicht mehr zulässig ist, etwa weil im Disziplinarrecht festgelegte Fristen für eine solche Ahndung bereits abgelaufen sind. Solche Erwägungen anzustellen müsse die Strafverfolgungsbehörde dem Dienstherrn des Beamten überlassen; sie dürfe ihn über alle Tatsachen unterrichten, die für seine Disziplinarentscheidung von Bedeutung sein könnten. Das gelte auch dann, wenn der Beamte eine strafbefreiende Selbstanzeige abgegeben hat und das Strafverfahren deshalb eingestellt wurde.

Hinweis: Es ist infolge dieses Beschlusses damit zu rechnen, dass Verhandlungen mit der Finanzverwaltung, d.h. mit der Steuerfahndung und dem Finanzamt für Steuerstrafsachen zukünftig heikler und schwieriger werden, wenn Beamte betroffen sind. Betroffene Beamte werden dann häufig aus Furcht vor z.T. einschneidenden Disziplinarmaßnahmen bereit sein, auch noch so übertriebene Zuschätzungen zu akzeptieren, wenn die Finanzverwaltung im Gegenzug von einer Unterrichtung des Dienstherren absehen wird. Ganz sicher wird das Finanzamt in jedem betroffenen Fall diese Karte spielen.

Für Beamte ein Grund mehr zur Steuerehrlichkeit – und im Falle eines Falles ein Grund mehr, nicht unvorbereitet eine Selbstanzeige abzugeben. Beratung und professionelle Begleitung bei der Verhandlung mit der Finanzverwaltung tun not.

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2022/2023)

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2017-2021)

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