10.03.2008

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 6. Februar 2008 – XII ZR 45/06 – über das Verhältnis von Zugewinnausgleich und Unterhalt bei Selbstständigen sowie über die Unternehmensbewertung im Zugewinnausgleich entschieden.

In der Entscheidung ging es um die Bewertung einer Tierarztpraxis im Rahmen des Zugewinnausgleichs. Das Oberlandesgericht Oldenburg hatte mit Urteil vom 8. Februar 2006 (jedenfalls in Teilen) den Substanzwert der Tierarztpraxis des beklagten Ehemannes im Endvermögen angesetzt, es allerdings entgegen gängiger Bewertungspraxis abgelehnt, einen Goodwill der Praxis anzusetzen. Nach Auffassung des OLG Oldenburg könne der Goodwill, der gerade auf dem Praxisgewinn aufbaue, nicht berücksichtigt werden. Der beklagte Ehemann zahle schon Unterhalt und der Praxisgewinn würde zu Gunsten der Ehefrau doppelt angesetzt, wenn einerseits bei der Unternehmensbewertung für den Zugewinnausgleich der auf dem Praxisgewinn beruhende Goodwill berücksichtigt würde und andererseits der Ehemann verpflichtet wäre, nachehelichen Unterhalt im Wesentlichen aus dem Praxisgewinn zu zahlen.

Der BGH hat diese Auffassung des OLG Oldenburg zurückgewiesen und das Verhältnis von Zugewinnausgleich und Unterhalt in diesem Punkt geklärt. Beim Zugewinnausgleich seien sämtliche Vermögensgegenstände im Endvermögen des jeweiligen Ehegatten anzusetzen. Zu den Vermögensgegenständen gehörten auch selbständige Praxen bzw. Anteile an freiberuflichen Praxen. Grundsätzlich sei der „volle, wirkliche“ Wert der freiberuflichen Praxen bzw. der Anteile zu ermitteln. Bei der Ermittlung des Unternehmenswertes sei der Goodwill zu berücksichtigen, wobei der „subjektive Unternehmerlohn“ (dazu weiter unten) wertmindernd berücksichtigt werde. Beim Unterhalt werde dagegen in erster Linie auf die Einnahmen aus der freiberuflichen Praxis zurückgegriffen.

Eine Konkurrenz von Zugewinnausgleich und Unterhalt bestehe daher nicht. Beim Zugewinn werde die „Nutzungsmöglichkeit“ des Unternehmens berücksichtigt, während beim Unterhalt die Einnahmen zugrunde gelegt werden. Die Einnahmen entsprechen – so ist der BGH zu verstehen – dem „subjektiven Unternehmerlohn“. Der „subjektive Unternehmerlohn“ werde wiederum bei der Unternehmensbewertung abgezogen. Eine Doppelberücksichtigung werde dadurch vermieden.

Neben dieser Klärung des Verhältnisses Zugewinn/Unterhalt enthält die Entscheidung eine möglicherweise weit reichende Änderung der Bewertungsmethode freiberuflicher Praxen. Der Goodwill wurde bisher vereinfacht mit folgender Formel berechnet:

Ein Drittel der durchschnittlichen Umsätze der letzten drei Jahre (gegebenenfalls bereinigt von untypisch hohen bzw. niedrigen Umsätzen)

abzüglich eines kalkulatorischen Arztlohnes in Form des Jahresgehalts eines Oberarztes nach BAT I b, brutto, verheiratet, zwei Kinder, Endstufe, ohne Mehrarbeitsvergütung

abzüglich latenter Steuerlast bei (unterstellter) Veräußerung der Praxis.

Bei anderen Freiberuflern (Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern) wurden bisher vergleichbare Bewertungsmethoden angewandt.

Diese gängige Formel hat der BGH nunmehr in Teilen modifiziert:

Danach ist immer noch von dem Drittel der ermittelten durchschnittlichen Jahresumsätze der letzten drei Jahre auszugehen, die ggf. von untypisch hohen bzw. niedrigen Umsätzen bereinigt werden können. Abgezogen wird aber nicht mehr ein pauschaler kalkulatorischer Arztlohn, sondern ein im Einzelfall „konkret gerechtfertigter“ Unternehmerlohn. Dieser konkret gerechtfertigte Unternehmerlohn hat die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen, z.B. einen besonders guten Ruf, eine ungewöhnliche Bandbreite der Fähigkeiten und Qualifikationen und dgl. mehr. In Zukunft kann daher der Unternehmerlohn höher oder auch niedriger als der pauschalierte Lohn eines angestellten Berufsträgers ausfallen.

Fazit: Der BGH hat mit der Rechtsfigur des „subjektiven“ bzw. „konkret gerechtfertigten“ Unternehmerlohns anstelle eines pauschalen Arztgehaltes nach BAT die Unternehmensbewertung in einem wesentlichen Bestandteil geändert. Es bleibt für die Praxis abzuwarten, ob es den Sachverständigen gelingen wird, diesen subjektiven Unternehmerlohn objektiv festzustellen.

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