Das einheitliche UN-Kaufrecht (Convention on the International Sale of Goods – CISG – vom 11.04.1980) ist seit seiner Einführung in Deutschland ein eher ungeliebtes Kind. Fast gehört es zum guten Ton, dass Unternehmen in Kaufverträgen, die auch nur in irgendeiner Weise grenzüberschreitende Wirkung entfalten könnten, seine Anwendung ausschließen. Oft geschieht das so eindeutig und mit so entschiedener Formulierung, dass man den Eindruck gewinnen könnte, es handele sich nicht um ein modernes internationales Rechtsinstrument, sondern eher eine unübersichtliche Sammlung eher obskurer, im Zweifel nachteiliger Regeln. Übrigens ist fast immer das Gegenteil richtig. Vor allem für die Verkäuferseite hat die CISG gegenüber „normalem deutschem“ Kaufrecht einige handfeste Vorteile aufzuweisen. So sind dort etwa die im deutschen BGB vorgegebenen Grenzen für Vereinbarungen zur Beschränkung der Mängelhaftung oder der Unternehmerrückgriff ohne Bedeutung.

Sehr häufig sind freilich die Fälle, in denen die Parteien eines grenzüberschreitenden Vertrages sich gar nicht darüber im Klaren waren, dass mangels anderweitiger Regelung das UN-Kaufrecht automatisch und vorrangig vor den nationalen Regeln ihrer Länder gilt. Tritt dann später ein Streitfall auf und beruft sich eine der Parteien, mittlerweile kompetent beraten, auf eine ihr günstige Bestimmung der CISG, dann wird die andere Partei alles unternehmen, um darzulegen, dass im betreffenden Fall das UN-Kaufrecht „stillschweigend abbedungen“ war. Dass dies sehr schwierig werden kann, zeigt beispielhaft ein neueres Urteil des OLG Stuttgart vom 31.03.2008 – 6 U 220/07 -:

Dabei ist zu beachten, dass die CISG inkorporiertes deutsches Recht ist, so dass eine Vorstellung, dass „selbstverständlich deutsches Recht“ zur Anwendung komme, mitnichten bedeutet, dass nur BGB und HGB gelten (…) Es wäre schon eine Formulierung wie „Der Vertrag unterliegt dem Kaufrecht des BGB“ erforderlich (…)

Aus der Bestimmung eines Gerichtsstands in Deutschland in den AGB der Beklagten kann ebenfalls nicht geschlossen werden, dass die CISG keine Anwendung finden soll. Zwar wird die Bestimmung eines Gerichtsstands in AGB häufig ein Indiz sein, dass das Recht des Staates Anwendung finden soll, dessen Gerichte einen Rechtsstreit entscheiden sollen. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass die Anwendung eines dem Gericht fremden Rechts häufig zeitaufwendig und kostspielig sein wird. Dies ist bei der CISG als einheitlichem, jedem der Vertragsstaaten der CISG einfach zugänglichem Recht aber nicht der Fall. Dementsprechend führt allein schon die Wahl deutschen Rechts zur Anwendung der CISG

Damit hätte es schon deutlicherer Hinweise bedurft, um einen Ausschluss der Anwendung der CISG anzunehmen. (…) Es kann allenfalls überlegt werden, ob die Wahl eines Gerichtsstands in einem Nichtmitgliedsstaat zur Abbedingung führt. Solch ein Fall liegt hier aber nicht vor.

Auch später haben die Parteien die Unanwendbarkeit der CISG nicht vereinbart. Zwar haben sie vorgerichtlich und erstinstanzlich wie selbstverständlich auf Basis des BGB argumentiert; eine nachträgliche Abbedingung der CISG liegt hierin aber nicht. Es fehlt an übereinstimmenden Willenserklärungen der Parteien, denn diese setzen die Kundgabe eines Rechtsfolgewillens voraus, für den die Anwendung unzutreffender Vorschriften infolge Verkennung der Rechtslage nicht genügt (…)

(Hervorhebungen durch uns)

Klare Empfehlung deshalb: bei grenzüberschreitenden Kaufverträgen zuerst Beratung suchen, ob das UN-Kaufrecht im konkreten Fall günstiger sein kann als das ansonsten anwendbare Recht, und dann entscheiden und vor allem klar formulieren, ob man es ausschließen will.

Das zitierte Urteil ist im Internet abrufbar unter
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=10092

Autor

Bild von  Thomas Krümmel, LL.M.
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