05.08.2008 -

1. Ausgangslage:

Wer eine Vertragsarztpraxis übernimmt, erwirbt materielle Güter und einen ideellen Wert, den die Vertragsparteien häufig als „Praxiswert“ oder „good will“ bezeichnen. Diesen ideellen Wert behandelt die Finanzverwaltung zumeist nicht einheitlich, sondern nimmt eine Aufteilung vor. Nur ein Teil des ideellen Wertes – etwa der Wert eines übergehenden Patientenstammes – sei als abschreibbares und steuerlich nutzbares Wirtschaftsgut zu bewerten. Die andere Hälfte hingegen entfalle auf die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Diese sei grundsätzlich als eigenständiges immaterielles Wirtschaftsgut zu betrachten, das nicht abnutzbar und damit einer Abschreibung nicht zugänglich sei.

Da – je nach Fachgruppe – die Zulassung den wesentlich Teil des ideellen Wertes ausmachen kann, drohten hier bislang erhebliche steuerliche Abschreibungsnachteile. In einer aktuellen Entscheidung nahm das FG Rheinland-Pfalz zu dem Abschreibungsaspekt differenziert und abschreibungsfreundlich Stellung:

2. Zulassung abschreibungsfähig:

Mit Urteil vom 09.04.2008, Az. 2 K 2649/07 entschied das Finanzgericht, dass die Vertragsarztzulassung grundsätzlich kein eigenes Wirtschaftsgut darstelle. Vielmehr sei die Zulassung ein unselbständiger Teil des Praxiswertes, der unter bestimmten Bedingungen abschreibungsfähig sei.

Die wesentliche Begründung des Gerichts: Bei der Zulassung handele es sich nicht um einen Vermögenswert, vielmehr um eine (öffentlich-rechtliche) Erlaubnis, die selbständig nicht als Handelsgut übertragen werden könne. Zwar sei ein Wirtschaftsgut auch dann noch als selbständig bewertbar, wenn ein Erwerber des gesamten Unternehmens darin einen greifbaren Wert sehen würde. Sofern aber der Erwerb der Praxis auf deren Fortführung gerichtet sei und sich der Kaufpreis ausschließlich an der Ertragskraft orientiere, ordne sich die Zulassung als unselbständiger, „wertbildender Faktor“ dem Geschäftswert unter. Praxis und Zulassung seien dann eine untrennbare Einheit, die insgesamt abschreibungsfähig sei In dem Kaufvertrag, über den das Gericht entschied, hatten die Parteien ausdrücklich betont, die Zulassung sei nicht Gegenstand des Kaufes, richte sich vielmehr nach den gesetzlichen Bestimmungen.

3. Fazit:

Das Urteil ist positiv. Es greift die wesentlichen Argumente auf, die in der juristischen Literatur schon geraume Zeit mehrheitlich vertreten werden. Es bleibt abzuwarten, ob das Urteil vom Bundesfinanzhof bestätigt wird. Dort ist die Revision anhängig.

Klar ist: In jedem Falle ist eine differenzierte Betrachtungsweise erforderlich. Die Ausführungen des Finanzgerichts dürften einen Steuervorteil nur für solche Fälle ermöglichen, in denen die Fortführung der Praxis „klar im Vordergrund“ steht. Dies sollte nach Möglichkeit im Kaufvertrag betont und nachfolgend auch „gelebt“ werden. Wird – wie nicht allzu selten – faktisch schwerpunktmäßig die Zulassung „gekauft, z.B. durch ein MVZ oder im Falle einer zeitnahen Verlegung des Vertragssitzes, ist der Steuervorteil auch nach Auffassung des FG Rheinland Pfalz nicht gesichert.

Verfasser: Wolf Constantin Bartha, Fachanwalt für Medizinrecht, Berlin, Mario Knepper, Fachanwalt für Steuerrecht, Bonn

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