Am 21.05.2008 hatte der Bundesgerichtshof wieder einmal über einen Klassiker des Erbrechts zu entscheiden: Den Wettlauf der Erben mit dem Bezugsberechtigten einer Lebensversicherung.
Im Erbfall geht das Vermögen des Erblassers als Ganzes auf die Erben über. Das beinhaltet neben dem Übergang der positiven und negativen Vermögenswerte auch den Eintritt der Erben in sämtliche Vertragsverhältnisse des Erblassers. Insbesondere kann auch ein Vertragsangebot, das noch nicht wirksam angenommen wurde, durch die Erben widerrufen werden.
Hat ein Erblasser einen Dritten, der nicht Erbe ist, als Bezugsberechtigten einer Lebensversicherung eingesetzt, so hat er mit der Versicherung einen Vertrag zugunsten eines Dritten geschlossen. Gegenüber der Versicherung ist diese Willenserklärung auch ab dem Todesfall unwiderruflich.
Problematisch ist allerdings das Vertragsverhältnis zwischen Erblasser und dem Dritten. Häufig wird nur mündlich eine Schenkung vereinbart. Ein mündlich abgeschlossener Schenkungsvertrag wird aber erst mit der Bewirkung der Leistung wirksam – in diesen Fällen also mit der Auszahlung des Geldes an den Bezugsberechtigten. Wenn die Erben es also schaffen, vor Auszahlung des Geldes das Schenkungsangebot des Erblassers zu widerrufen, können sie das Geld von dem Bezugsberechtigten herausverlangen.
In dem Fall, den der Bundesgerichtshof am 21.05.2008 zu entscheiden hatte, lag die Sache noch ein wenig komplizierter. Der Erblasser hatte seine neue Lebensgefährtin kurz vor seinem Tod als Bezugsberechtigte der Lebensversicherung eingesetzt, ohne ihr davon etwas zu sagen. Es lag also noch nicht einmal ein mündliches Schenkungsangebot vor. Der Bundesgerichtshof ging jedoch davon aus, die Erklärung eines Versicherungsnehmers gegenüber seinem Lebensversicherer, ein Dritter sei für die Todesfallleistung bezugsberechtigt, beinhalte auch immer den schlüssig erteilten Auftrag, dem Dritten nach Eintritt des Versicherungsfalles ein Zuwendungsangebot zu machen.
Dennoch war in diesem speziellen Fall kein Schenkungsvertrag zustande gekommen. Bevor die Versicherung ihren Auftrag, der Lebensgefährtin die Zuwendung anzubieten, erfüllt hatte, widerriefen die Erben den Auftrag und hatten somit den Wettlauf gewonnen.
Praxishinweis:
Der (mündliche oder schlüssige) Schenkungsvertrag zwischen Erblasser und Bezugsberechtigtem wird erst dann unwiderruflich wirksam, wenn das Geld an den Bezugsberechtigten ausgezahlt wurde.
Der Erblasser sollte sich bei beabsichtigten Zuwendungen beraten lassen, in welcher Form er seine Zuwendung rechtswirksam sichern kann, wenn er nicht Gefahr laufen will, daß die Zuwendung an anderer – unerwünschter – Stelle ankommt.
Für die Erben empfiehlt es sich, möglichst unmittelbar nach dem Erbfall zu recherchieren, ob eine Lebensversicherung zugunsten eines Dritten abgeschlossen wurde. Ist dies der Fall, sollte das Schenkungsangebot gegenüber dem Bezugsberechtigten ebenso widerrufen werden wie gegenüber der Lebensversicherung. Dies sollte im Beisein von Zeugen oder per Einschreiben geschehen, damit der Widerruf im Falle eines Rechtsstreits auch nachzuweisen ist.
Ebenso schnell sollte der Bezugsberechtigte handeln. Er sollte sich unverzüglich nach dem Tod des Erblassers an die Lebensversicherung wenden und sich den Versicherungsbetrag auszahlen lassen. Nur wenn die Auszahlung vor dem Widerruf des Schenkungsangebots erfolgt oder der Erblasser die Schenkung rechtssicher gestaltet hat, können die Erben den Betrag nicht von ihm herausverlangen.
Verfasserin: Dr. Susanne Sachs, Rechtsreferendarin
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