Nutzt ein Ehegatte einen Kellerraum des im Miteigentum der Eheleute stehenden Einfamilienhauses als Lagerraum für seine Arztpraxis, so erhöhen die anteilig auf diesen Raum entfallenden stillen Reserven bei Veräußerung der Praxis nur zur Hälfte den Veräußerungsgewinn, und zwar auch dann, wenn der nutzende Ehegatte alle Kosten für diesen Raum als Betriebsausgaben abgezogen hatte.
Der Fall
Der verheiratete Kläger war als Facharzt für Urologie tätig. Er ermittelte seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Die Eheleute hatten mit Darlehensmitteln ein Einfamilienhaus (EFH) als Miteigentümer zu je 50 % erworben, das sie selbst bewohnen. Darlehensnehmer waren beide Eheleute. Der Kläger nutzte einen Kellerraum des Hauses als Lagerraum für seine Praxis. Die anteiligen Hauskosten und die Absetzung für Abnutzung (AfA) zog er als Betriebsausgaben ab. Zum Ende des Streitjahres veräußerte er seine Praxis.
das beklagte Finanzamt erhöhte den Aufgabegewinn um den Entnahmewert des Lagerraums (23 000 DM), da der anteilige hälftige Miteigentumsanteil des Klägers und auch seiner Ehefrau notwendiges Betriebsvermögen darstellten.
Das FG Düsseldorf gab der dagegen nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt und setzte den Aufgabegewinn um den auf die Ehefrau entfallenden Kelleranteil herab.
Der BFH bestätigte die Entscheidung insoweit: Haben Eheleute ihr Eigenheim als Miteigentümer zu je 50 Prozent erworben und nutzt ein Ehepartner einen Kellerraum betrieblich, ist bei einer Veräußerung des Betriebs für die Ermittlung des betrieblichen Verkaufsgewinns Folgendes zu beachten:
Die Entscheidung
Die Beendigung der betrieblichen Nutzung des Kellerraums im EFH der Kläger führt nicht zur Realisierung der stillen Reserven des auf die Klägerin entfallenden ideellen Anteils und erhöht den Veräußerungsgewinn des Klägers nicht.
Die anteilig auf den Kellerraum entfallenden stillen Reserven erhöhen zwar bei Veräußerung des Betriebs den Veräußerungsgewinn – aber nur entsprechend dem Miteigentumsanteil des Ehepartners, der den Raum betrieblich genutzt hat. Das gilt nach Auffassung des Bundesfinanzhofs selbst dann, wenn der betrieblich nutzende Ehepartner zuvor alle Kosten für den Raum (anteilige Hauskosten und Absetzung für Abnutzung – AfA) als Betriebsausgaben abgezogen hat.
Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehört nach § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG auch der Gewinn aus der Veräußerung des Vermögens, das der selbständigen Arbeit dient. Der Veräußerungsgewinn umfasst auch die stillen Reserven einzelner dem Betrieb gewidmeter Wirtschaftsgüter, die in zeitlichem Zusammenhang mit der Veräußerung in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen überführt werden. Der Anteil des Klägers an dem betrieblich genutzten Kellerraum nebst anteiligem Grund und Boden hat zu dessen Betriebsvermögen gehört; die darauf entfallenden stillen Reserven erhöhen folglich seinen Veräußerungsgewinn.
Der Anteil der Ehefrau könnte dem Kläger steuerrechtlich nur dann als eigenes Betriebsvermögen zugerechnet werden, wenn der Kläger insoweit wirtschaftlicher Eigentümer wäre. Das war jedoch nicht der Fall.
Exkurs: wirtschaftliches Eigentum: Eine vom bürgerlichen Recht abweichende Zurechnung unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums kommt nur in Betracht, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ein anderer als der rechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft ausübt und den nach bürgerlichem Recht Berechtigten auf Dauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO), so dass der Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat oder kein Herausgabeanspruch besteht. Dem Kläger wäre der betrieblich genutzte Kellerraum dann als wirtschaftliches Eigentum zuzurechnen, wenn er gegen seine Ehefrau als Miteigentümerin einen Anspruch auf Ersatz des hälftigen Verkehrswerts gehabt hätte; denn dann wäre der Miteigentumsanteil der Klin. und der daraus abzuleitende Herausgabeanspruch insoweit wertlos.
Erwerben Ehegatten ein Haus und übernimmt einer von ihnen, der nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen allein dazu in der Lage ist, die Zins- und Tilgungsleistungen für die zur Finanzierung des Hauses gemeinschaftlich aufgenommenen Kredite, so bringen sie durch den Erwerb von Miteigentum je zur Hälfte in aller Regel zum Ausdruck, „es solle so angesehen werden, wie wenn jeder gleichviel zu den Kosten beigetragen habe. Ein Ausgleichsanspruch wegen finanzieller Mehrleistungen des einen Teils kommt dann grundsätzlich nicht in Betracht“. Sind die finanziellen Beiträge der Ehegatten unterschiedlich hoch, dann hat sowohl zivilrechtlich, als auch steuerrechtlich der Ehegatte, der aus eigenen Mitteln mehr als der andere beigesteuert hat, das Mehr seinem Ehegatten mit der Folge zugewendet, dass jeder von ihnen so anzusehen ist, als habe er die seinem Anteil entsprechenden Anschaffungskosten selbst getragen.
Danach kommt während der Ehe weder ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, noch aus § 426 BGB, noch aufgrund einer Ehegatteninnengesellschaft in Betracht.
Der Veräußerungsgewinn des Kl. gemäß § 18 Abs. 3, § 16 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 und Satz 4 EStG erhöht sich auch nicht mit Rücksicht darauf, dass er berechtigt war, den auf die Klin. entfallenden Anteil an dem Kellerraum betrieblich zu nutzen.
Hinweis: Der Selbstständige kann trotz fehlendem Eigentum die auf den Miteigentumsanteil des Ehegatten entfallende AfA als Betriebsausgabe abziehen, wenn er sämtliche Kosten getragen hat (BFH-Urteil vom 29.4.2008, Az. VIII R 98/04).
Auszeichnungen
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2022/2023)
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2021)
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