Als sachgerechte Erbfolgeregelung wird unter Ehegatten häufig auf ein gemeinschaftliches Ehegattentestaments im Sinn von § 2269 BGB (sog Berliner Testament) zurückgegriffen. Als Berliner Testament bezeichnet man ein Testament von Ehepartnern oder Lebenspartnern, in dem diese sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. Erst nach dem Tod des längstlebenden Ehegatten soll das Vermögen auf die Schlusserben fallen.

Erwerbe auf Grund eines Berliner Testaments sind mit der Vor- und Nacherbfolge vergleichbar, allerdings mit dem Unterschied,

  • dass der überlebende Ehegatte Vollerbe des erstverstorbenen Partners (nicht dessen Vorerbe) wird und
  • dass das Vermögen des überlebenden Ehegatten bei dessen Tod einschließlich der von seinem Partner stammenden Vermögensteile als Nachlass des zweitverstorbenen und nicht als Nachlass des erstverstorbenen Ehegatten auf den Schlusserben übergeht.

Der Schlusserbe erwirbt also vom Längstlebenden. Das wäre in Wiederverheiratungsfällen immer dann erbschaftsteuerlich nachteilig, wenn der überlebende Ehegatte zu dem Schlusserben in einem entfernteren Verwandtschaftsverhältnis steht als der Erstverstorbene.

Hier soll § 15 Abs. 3 ErbStG Abhilfe schaffen. Danach sind im Fall des § 2269 BGB und soweit der überlebende Ehegatte an die Verfügung gebunden ist, die mit dem verstorbenen Ehegatten näher verwandten Erben und Vermächtnisnehmer als seine Erben anzusehen.

Das gilt aber nur, soweit Vermögen des Erstverstorbenen beim Tod des Zweitverstorbenen noch vorhanden ist. Es muss also eine Aufteilung des Nachlasses des Zweitverstorbenen erfolgen, um zu ermitteln, ob und in welchem Umfang in ihm Vermögen des Erstverstorbenen enthalten ist. Und gerade da liegt ein Problem, dass das Finanzministerium Baden-Württembergs (FinMin Baden-Württemberg 9.9.2008, 3 – S 3821/9) im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder klärt.

Denn unklar blieb auch aus Sicht der Finanzverwaltung, wie die Trennung der beiden Vermögen nachvollzogen werden soll. Die Rechtsliteratur nahm schon bisher an, dass zum Vermögen des erstverstorbenen Ehegatten auch Surrogate gehören, also das, was wertgleich „noch in anderer Form vorhanden ist“. Was der zunächst überlebende Ehegatte durch eigenen Einsatz geschaffen hat, ist dagegen seinem Vermögen zuzurechnen. Ob die Erträge des übernommenen Vermögens zum Vermögen des Erstverstorbenen gehören oder in Anlehnung an § 2111 BGB dem Vermögen des zunächst überlebenden Ehegatten zuzurechnen sind, war noch nicht ausreichend geklärt (vgl. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz, 14. Auflage 2004 Rn 28-31).

Das Schreiben des FinMin Baden-Württemberg vom 09.09.2008 (3 – S 3821/9) lautet wie folgt:

Berliner Testament, begünstigtes Vermögen

FinMin Baden-Württemberg 9.9.2008, 3 – S 3821/9

Nach § 15 Abs. 3 ErbStG sind im Fall des § 2269 BGB und soweit der überlebende Ehegatte an die Verfügung gebunden ist, die mit dem verstorbenen Ehegatten näher verwandten Erben und Vermächtnisnehmer als seine Erben anzusehen, soweit sein Vermögen beim Tode des überlebenden Ehegatten noch vorhanden ist.

Zu aufgeworfenen Zweifelsfragen wird gebeten folgende Auffassung zu vertreten:

  • Wertsteigerungen und reine Vermögensumschichtungen des noch vorhandenen Vermögens zwischen dem Todestag des Erstversterbenden und dem des Letztversterbenden sind aufgrund des Surrogationsprinzips wie bei § 6 Abs. 2 ErbStG auch bei § 15 Abs. 3 ErbStG begünstigt. Es ist deshalb auf den Wert dieses Vermögens am Todestag des Letztversterbenden abzustellen.
  • Erträge des Vermögens zwischen dem Todestag des Erstversterbenden und dem des Letztversterbenden sind erst in der Person des Letztversterbenden entstanden und deshalb, soweit sie nicht verbraucht wurden, nicht im begünstigten Vermögen zu berücksichtigen.
  • Die Erbfallkostenpauschale nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG muss dem begünstigten Vermögen anteilig zugeordnet werden.

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