Kommt es zu einem Betriebsübergang, steht den Arbeitnehmern nach § 613a Abs. 6 BGB ein Widerspruchsrecht zu. Dieses Recht kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden, § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB. Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass in Fällen der gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge ein solches Widerspruchsrecht nicht besteht (BAG, Urt. v. 21.2.2008 – 8 AZR 157/07, NZA 2008, 815 = DB 2008, 1578). Den schwierigen gesellschaftsrechtlichen Sachverhalt möchten wir hier nicht darstellen. Vielmehr beschränken wir uns auf die Wiedergabe der tragenden Entscheidungsgründe.
I. Betriebsübergang setzt Inhaberwechsel voraus
Für einen Betriebsübergang muss ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit des Betriebes oder Betriebsteils unter Wahrung ihrer Identität fortführen. Für den Inhaberwechsel maßgeblich ist stets der Wechsel der Rechtspersönlichkeit des Betriebsinhabers; bleibt das Rechtsobjekt des Betriebsinhabers identisch, fehlt es an einem Betriebsübergang. So liegt bei einem Gesellschafterwechsel in einer Personengesellschaft kein Betriebsinhaberwechsel vor, weil die Personengesellschaft ihre Identität als Arbeitgeberin behält.
Hinweis für die Praxis:
Der Betriebsübergang setzt also regelmäßig die Übertragung von Betriebsmitteln voraus (asset-deal). Werden lediglich Geschäftsanteile übertragen, findet grundsätzlich kein Betriebsübergang statt (share-deal).
II. Gesellschaftsrechtliche Gesamtrechtsnachfolge
Lösen allerdings die Gesellschafter eine Gesellschaft auf und übertragen alle Geschäftsanteile auf einen Erwerber, so bleibt das Rechtsobjekt gerade nicht identisch. Mit der Verschmelzung z.B. einer KG auf eine GmbH wechselt auch der Betriebsinhaber im Sinne von § 613a BGB.
III. Kein Widerspruchsrecht in diesen Fällen!
Erlischt der bisherige Rechtsträger durch gesellschaftsrechtliche Verschmelzung, besteht ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses nach § 613a Abs. 6 BGB nicht. Ein dennoch erklärter Widerspruch ist unbeachtlich. Der Sinn des Widerspruchsrechts erschöpft sich nicht allein in dem Schutz des Arbeitnehmers, gegen seinen Willen einen neuen Arbeitgeber aufgedrängt zu bekommen. Vielmehr führt die Ausübung des Widerspruchs auch zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Arbeitgeber. Der Widerspruch ist darauf gerichtet, den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebsübernehmer nicht eintreten, sondern stattdessen das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber fortbestehen zu lassen.
Ist hingegen der bisherige Arbeitgeber erloschen, geht das Widerspruchsrecht ins Leere. Das BAG lehnt daher ein solches Widerspruchsrecht vollständig ab.
Hinweis für die Praxis:
Will der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis nicht bei dem neuen Arbeitgeber fortsetzen, ist ihm taktisch dringend davon abzuraten, in Fällen der gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge den Widerspruch zu erklären. In diesen Fällen endet das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung. Zu empfehlen ist vielmehr, bei dem neuen Arbeitgeber von seinem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen. Zulässig wäre sogar die fristlose Kündigung. Allerdings stehen dem Arbeitnehmer dann keine Schadensersatzansprüche nach § 628 Abs. 2 BGB zu; es fehlt an einem vertragswidrigen Verhalten des Arbeitgebers.
Fazit:
In den Fällen der gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge führt der Widerspruch zu einem sofortigen Ende des Arbeitsverhältnisses, ohne Einhaltung der Kündigungsfrist. Hierauf ist in dem Unterrichtungsschreiben nach § 613a Abs. 5 BGB hinzuweisen. Der Arbeitnehmer kann dann frei entscheiden, welches Recht er ausüben möchte.
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