03.12.2008 -

 

Der Inhalt von Arbeitszeugnissen führt oftmals zu Streit. Arbeitnehmer beanspruchen bestmögliche Formulierungen und Arbeitgeber berufen sich auf das Richtigkeits- bzw. Wahrheitsgebot. Besonderer Streit entsteht regelmäßig über die Schlussformulierungen eines Zeugnisses. Das LAG Düsseldorf (LAG Düsseldorf, Urt. v. 21.5.2008 – 12 Sa 505/08, abrufbar unter www.lag-duesseldorf.nrw.de) hatte nun einen Fall zu entscheiden, in dem der Arbeitnehmer eine Dankes- und Wunschformel als Schlussformulierung geltend machte. Die gut formulierte Entscheidung wollen wir nachfolgend vorstellen.

 

Der Sachverhalt der Entscheidung:

Die Parteien streiten darum, ob in das Arbeitszeugnis eine Schlussformel aufzunehmen ist. Der Kläger war bis zum 31. Januar 2007 bei dem beklagten Arbeitgeber als Automobilverkäufer beschäftigt. Im Rahmen eines Kündigungsrechtsstreits um eine fristlose Kündigung wegen eines Eigentumsdeliktes einigte man sich dann schließlich auf die Beendigung aufgrund fristgerechter Kündigung aus betrieblichen Gründen zum 31. Januar 2007. In dem Prozessvergleich heißt es hinsichtlich des Zeugnisanspruchs wie folgt:

„Die Beklagte erteilt dem Kläger ein qualifiziertes Zeugnis. Dieses Zeugnis wird eine zusammenfassende Leistungsbeurteilung „zur vollen Zufriedenheit“ und eine zusammenfassende Verhaltensbeurteilung „einwandfrei“ enthalten“.

Der Arbeitgeber erteilte dem Arbeitnehmer daraufhin mit Datum vom 31. Oktober 2007 ein Zeugnis, das wie folgt endet:

„Herr … hat die ihm übertragenen Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt. Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war einwandfrei“.

Das Arbeitsverhältnis musste aus betrieblichen Gründen beendet werden.

Der Arbeitnehmer erhob schließlich Zeugnisklage und machte folgende Schlussformel geltend:

„Wir danken Herrn … für die gute Zusammenarbeit und wünschen ihm für seinen weiteren beruflichen und privaten Lebensweg alles Gute“.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das LAG hat das erstinstanzliche Urteil bestätigt.

 

I. Grundsätze des BAG

Das BAG hat in einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahre 2001 festgestellt, dass eine Schlussformel, die den Dank des Arbeitgebers und gute Wünsche für die Zukunft zum Ausdruck bringe, nicht zum gesetzlich geschuldeten Inhalt eines Arbeitszeugnisses gehöre (BAG, Urt. v. 20.2.2001 – 9 AZR 44/00, NJW 2001, 2995). Zwar seien positive Schlusssätze geeignet, die Bewerbungschancen des Arbeitnehmers zu erhöhen. Ein Zeugnis mit „passenden“ Schlusssätzen werde daher aufgewertet. Hieraus lasse sich aber nicht im Umkehrschluss folgern, ein Zeugnis ohne jede Schlussformulierung werde in unzulässiger Weise „entwertet“. Wenn ein Zeugnis ohne abschließende Formeln in der Praxis als negativ beurteilt werde, sei dies hinzunehmen.

Der Dank für gute Zusammenarbeit und die guten Wünsche für die Zukunft seien im Übrigen Aussagen über persönliche Empfindungen des Arbeitgebers. Ohne gesetzliche Grundlage könne der Arbeitgeber nicht verurteilt werden, das Bestehen solcher Gefühle dem Arbeitnehmer gegenüber schriftlich zu bescheinigen. Dass Schlussformulierungen oft wohl nur gewählt werden, um ein Arbeitszeugnis mit üblichem Inhalt zu erstellen, ändere daran nichts.

 

II. Abweichende Argumentation des Landesarbeitsgerichts

Das LAG hat sich dieser Rechtsprechung nicht uneingeschränkt angeschlossen. Im Arbeitsleben habe sich eine „übliche Zeugnissprache“ herausgebildet. Diese sei zu beachten. Abweichungen von Standardformulierungen erwecken zwangsläufig die Aufmerksamkeit des kundigen Zeugnislesers. Daher ist das Weglassen üblicher Höflichkeitsformeln nach Auffassung des LAG Düsseldorf geeignet, Misstrauen gegen eine ansonsten positive Beurteilung zu erregen und wird den Zeugnisleser erst recht veranlassen, die allgemein übliche Nachfrage bei dem früheren Arbeitgeber zu halten und dessen Auskünfte kritisch zu würdigen.

Zudem nehme die wohl herrschende Auffassung in der Literatur an, dass das Fehlen einer Schlussformulierung das Arbeitszeugnis entwerte. Insoweit sei dem BAG entgegenzutreten. Werde nämlich das Arbeitszeugnis durch Fehlen einer Schlussformel entwertet, sei die Aufnahme einer Schlussformel erforderlich und bedeute keine überflüssige Wiederholung der an früherer Stelle im Zeugnis erfolgten Leistungs- und Verhaltensbewertung. Auch könne der Arbeitgeber die Schlussformel nicht schon mit der Begründung verweigern, dass er persönlich dem Arbeitnehmer nicht alles Gute wünsche. Nicht anders als bei der Leistungsbewertung nach der so genannten Zufriedenheitsskala (oder auch bei allgemeinen Grußformeln) äußere der Arbeitgeber in der Schlussformulierung nicht seine subjektiv aufrichtigen Emotionen, sondern wahrt gerade und nur allgemeine Standards und Höflichkeitsformeln (So schon LAG Düsseldorf, Urt. v. 11.6.2003 – 12 Sa 354/03, LAGE Nr. 1 zu § 109 GewO 2003). Das Weglassen solcher Formeln kann daher als Distanzierung und Brüskierung des beurteilten Mitarbeiters aufgefasst werden.

 

III. Dankes- und Wunschformel nur bei besonderer Leistung

Die abweichende Auffassung des LAG Düsseldorf zu der Rechtsprechung des BAG war für den hier zu entscheidenden Fall jedoch nicht relevant. Eine Dankes- und Zukunftsformel stand dem klagenden Arbeitnehmer deshalb nicht zu, weil sie ihm zu weitgehend war. Ein Arbeitnehmer kann nicht verlangen, dass ein Arbeitgeber seinen „Dank für die gute Zusammenarbeit“ äußert und die Zukunftswünsche nicht nur auf dem beruflichen, sondern auf den privaten Lebensweg bezieht, wenn die Leistungs- und Verhaltensbewertung nicht über ein „befriedigend“ wesentlich hinausgeht. In solchen Fällen ist der zusätzliche Ausdruck von Dank und Bedauern nicht geschuldet. Unabhängig von der Frage, ob private Wünsche überhaupt in ein Arbeitszeugnis gehören, besteht jedenfalls bei lediglich durchschnittlicher Bewertung kein Anspruch.

 

Fazit:

Schlussformulierungen in Zeugnissen müssen mit der übrigen Bewertung in Einklang stehen. Bei einem sehr gut formulierten Zeugnis und einer sehr guten Leistungs- und Verhaltensbewertung hat der Mitarbeiter auch einen Anspruch auf entsprechend angepasste Schlussformulierungen. In diesen Fällen wird sich der Arbeitgeber der üblichen Dankes- und Zukunftsformel nicht verschließen können. Das LAG Düsseldorf hat allerdings die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Sobald die Entscheidung des BAG vorliegt, werden wir hierzu berichten.

 

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