Keine Zuwendung ohne vorherige Satzungsprüfung!

österreichische Stiftung als Erbin
Vorsicht bei ausländischer „gemeinnütziger“ Stiftung als Erben (credit:adobestock)

Worum geht es?

Häufig ist es der Wunsch von Senioren, ihr Vermögen im Erbfall einer gemeinnützigen Stiftung als Erbin zuzuwenden. Dabei muss es keine inländische Stiftung sein. Gerne wird eine ausländische Stiftung in der Schweiz, in Liechtenstein oder Österreich bedacht – oder eigens zu diesem Zweck gegründet.

Wie man es zumindest steuerlich gründlich falsch macht und ungewollt eine Erbschaftsteuer von je nach Vermögen >50 % auslöst, zeigt das am 12. Januar 2023 veröffentlichte Urteil des BFH vom 18.08.2022, V R 15/20.

Der Fall:

Die in Deutschland Eheleute A und B beabsichtigten, ihr gesamtes, sowohl in Deutschland als auch Österreich belegenes Vermögen einer ausländischen Stiftung zu vererben. Die Stiftung sollte nach dem Tod des Längstlebenden mit Sitz in Österreich errichtet werden und steuerbefreit sein. Erst verstarb B und wurde von A beerbet. Danach verstarb auch A.

Im Testament festgelegter gemeinnütziger Zweck der österreichischen Stiftung „AB-Stiftung“ ist die Förderung von Kunst und Kultur. In der Satzung heißt es dann aber weiter:

Jegliche Verwirklichung ideeller und materieller Mittel hat sich an die Vorgabe zu halten, dass ausschließlich mildtätige und/oder gemeinnützige Zweckerreichungsmaßnahmen gesetzt werden dürfen.

Begünstigt sind Künstler, die … nachweislich einer finanziellen Zuwendung bedürfen, um ihre Kunst ausüben zu können, …“

Mit dieser Satzung verfolgt die AB-Stiftung ausschließlich mildtätige und gemeinnützige Ziele im Sinne der österreichischen (!) Bundesabgabenordnung (BAO).

Alles richtiggemacht?

Das deutsche Finanzamt wollte dabei nicht mitspielen und versagt der österreichischen Stiftung die Anerkennung der Steuerbefreiung – mit der Folge der Belastung mit Erbschaftsteuer in der ungünstigsten Steuerklasse III, Eingangssteuersatz mindestens 30 %, bei minimalem Freibetrag von maximal 20.000,00 €.

Die österreichische Stiftung klagte erfolgreich vor dem Niedersächsischen Finanzgericht (FG) hatte Erfolg. Auf die hiergegen eingelegte Revision des Finanzamts wies der BFH die Klage ab.

Was war schiefgelaufen bei der Errichtung der ausländischen Stiftung?

A und B waren gleich mehrere Fehler unterlaufen. Der im Urteil behandelte Fehler betrifft die unterlassene Prüfung der Stiftungssatzung auf Vereinbarkeit mit dem deutschen Gemeinnützigkeitsrecht. Es reicht eben nicht aus, sich in grenzüberschreitenden Erbfällen alleine auf das ausländische Steuerrecht zu beschränken. Denn es ist keineswegs sichergestellt, dass das deutsche Steuerrecht die ausländische Beurteilung teilt. In Deutschland gilt vielmehr der Grundsatz der formellen Satzungsmäßigkeit.

Aus den Entscheidungsgründen

Unionsrecht

Zunächst einmal stellt der BFH zum Unionsrecht klar:

  • Der deutsche Gesetzgeber ist auch aus Gründen des Unionsrechts nicht verpflichtet, den Gemeinnützigkeitsstatus einer Stiftung nach ausländischem Recht anzuerkennen.
  • Den Mitgliedstaaten steht grundsätzlich frei, welche Interessen der Allgemeinheit sie dadurch fördern wollen, dass sie Vereinen und Stiftungen Steuerfreiheit gewähren.
  • Bevor Mitgliedsstaaten einer ausländischen Stiftung eine inländische Steuerbefreiung gewähren, dürfen sie nachprüfen, ob die ausländische Stiftung die nach nationalem Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Befreiung erfüllt.
  • Inländischen Behörden und Gerichten steht die eigenständigen Prüfungskompetenz zu, ob die Satzung einer ausländischen Stiftung die satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 der Abgabenordnung (AO) einhält, also ausschließlich gemeinnützige oder mildtätige Zwecke verfolgt.

Grundsatz der formellen Satzungsmäßigkeit, § 60a Abs. 1 Satz 1, § 59 AO

Nach Auffassung des BFH erfüllt die Satzung der österreichischen Stiftung nicht die Voraussetzungen des § 51 AO. Aus der Satzung ist nicht ersichtlich, dass die ausländische Stiftung mildtätige Zwecke i.S. des deutschen § 53 AO verfolgt. Sie verstößt sie damit gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 56 AO.

  • Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 59 AO müssen die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, dass bereits aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung (formelle Satzungsmäßigkeit) gegeben sind.
  • Nach § 59 Halbsatz 1 AO wird die Steuervergünstigung gewährt, wenn sich aus der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung ergibt, welchen Zweck die Stiftung verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO entspricht und dass er ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird.

Die Festschreibung in der Satzung auch einer ausländischen Stiftung soll der deutschen Finanzbehörde ermöglichen, die Voraussetzungen der Steuervergünstigung leicht und einwandfrei zu überprüfen.

Unproblematisch war hier der in der Stiftungssatzung festgelegte gemeinnützige Zweck Förderung von Kunst und Kultur und die Art der Zweckverwirklichung.

Mildtätige Zwecke, § 53 AO

Mildtätige Zwecke verfolgt eine Körperschaft gemäß § 53 AO, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, Personen selbstlos zu unterstützen, die

Grundlage der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit ist der Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts.

Damit unterscheidet sich die deutsche AO in diesem Punkt grundsätzlich von der österreichischen BAO. Es fehlt in der BAO und in der österreichischen Stiftungssatzung an einer § 53 Nr. 1 und Nr. 2 AO vergleichbaren Festlegung des hilfebedürftigen Personenkreises. Deshalb ergibt sich weder eindeutig noch im Auslegungsweg aus der Satzung selbst, ob die ausländische Stiftung mildtätige Zwecke i.S. des deutschen § 53 AO verfolgt.

„Soweit nach der Satzung Künstler gefördert werden sollen, die „nachweislich einer finanziellen Zuwendung bedürfen, um ihre Kunst ausüben zu können“, fehlt es an einem Maßstab, an dem die Unterstützung der Begünstigten ausgerichtet ist und der den Vorgaben des § 53 Nr. 2 AO entspricht. Denn die finanzielle Zuwendung hängt nach der Satzung der Klägerin nicht, wie in § 53 Nr. 2 AO festgelegt, von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Künstler ab, sondern von der Ausübung ihrer Kunst.“

Alles- oder Nichts-Prinzip

Wird nach der Stiftungssatzung neben einem begünstigten Zweck ein nicht begünstigter Zweck verfolgt, verstößt die Satzung gegen das Gebot der Ausschließlichkeit i.S. von §§ 51 Abs. 1 Satz 1, 56 AO. Die Anerkennung der formellen Satzungsmäßigkeit ist dann insgesamt ausgeschlossen.

Fazit und Empfehlung zum Fall der der gemeinnützigen Stiftung

Der Teufel ist ein Eichhörnchen, gerade im Steuerrecht. Kleine Änderungen hätten ausgereicht, steuerfrei zu übertragen. Und auch dieser Fall belegt das Problem der mildtätigen Zweckverfolgung erneut: Weniger wäre Mehr gewesen!

  • Bei grenzüberschreitenden Zuwendungen unbedingt die Satzung der ausländischen steuerbegünstigten Körperschaft (Stiftung oder Verein) nach beiden Rechtsordnungen prüfen lassen – und zwar vor der Zuwendung.
  • Das gilt – wie der Fall belegt – auch bei einer im Testament angeordneten ausländischen Stiftung von Todes wegen.
  • Nutzen Sie die Möglichkeit der informellen Vorabprüfung durch das zuständige Finanzamt!
  • Verzichten Sie – soweit möglich – auf den Zweck der Mildtätigkeit! Dieser Satzungszweck beschert schon bei reinen Inlandssachverhalten erhebliche Schwierigkeiten. Nur bei ganz eindeutigen Sachverhalten kann dieser Zweck förmlich in die Satzung geschrieben werden.
  • Hätten A und B die förmlich Benennung des Zwecks der Mildtätigkeit und die verunglückte Formulierung der Art der Zweckverwirklichung einfach weggelassen, hätte der steuerlichen Anerkennung der Stiftung wohl nichts im Weg gestanden.
  • Nach dem vom BFH mitgeteilten Sachverhalt lief das Vermögen des B zweifach durch die Erbschaftsteuer (1. Erbgang an A; 2. Erbgang an die Stiftung). Je nach Vermögen und Zusammensetzung kann die Steuerbelastung dadurch schnell über 50 % betragen.
  • Wenn A und B aber ohnehin beabsichtigten, ihr Vermögen letztendlich in eine gemeinnützige ausländische Stiftung münden zu lassen, hätten sie die Steuerpflicht beider Erbgänge vermeiden können:
    • Errichtung einer steuerbegünstigten Stiftung mit geringer Kapitalausstattung zu Lebzeiten (Vorratsstiftung)
    • Erlangen der Steuerbefreiung der österreichischem Stiftung in beiden Ländern Deutschland und Österreich
    • Einsetzen der Stiftung als jeweilige Erbin (ggf. mit Absicherungen des Längstlebenden durch Nießbrauch, Wohnrecht, Vermächtnis, Auflage)

Wir helfen Ihnen bei Ihrer Erbschaftsteuerplanung, auch wenn Sie eine ausländische Stiftung bedenken wollen. Sprechen Sie uns an!

Autor: Andreas Jahn

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