Bestimmtheit einer Kündigungserklärung: Unklare Formulierungen führen zur Unwirksamkeit!
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Frage befasst, ob eine Kündigungserklärung auch dann wirksam ist, wenn der Arbeitgeber bei der Formulierung unklare Aussagen trifft bzw. mehrere Kündigungstermine genannt werden (Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil v. 15.12.2021 – 12 Sa 347/21). Die Entscheidung macht einmal mehr deutlich, wie wichtig es ist, sich bei der Formulierung der Kündigungserklärung und der Berechnung der Kündigungsfrist genaue Gedanken zu machen, um Rechtsnachteile zu vermeiden. Wir möchten daher die wichtige Entscheidung hier in ihren Kernaussagen besprechen.
Der Fall (verkürzt):
In dem Fall streiten die Parteien vor allem um die Rechtswirksamkeit und Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung. Gegenstand des Verfahrens war aber auch die Frage, ob die Kündigungserklärung bereits bestimmt genug formuliert worden ist.
Die Arbeitnehmerin war bei dem beklagten Flugdienstleistungsunternehmen seit dem Jahre 2019 beschäftigt. Das Bruttomonatsgehalt betrug 7.000,00 €. Der Arbeitgeber stand in Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft ver.di über ein „Eckpunktepapier für in Deutschland stationierte Piloten“. Diesem Eckpunktepapier hat der Kläger individualrechtlich zugestimmt. Damit traten die dort genannten Vertragsbedingungen an die Stelle des bisherigen Einzelarbeitsvertrages.
In dem Eckpunktepapier heißt es zu den Kündigungsfristen wie folgt:
„Nach der Probezeit (sechs Monate) können der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis eines Piloten jederzeit mit einer Frist von drei Monaten (oder – falls diese länger ist – mit der auf der Basis der Betriebszugehörigkeit bei M. seit März 2018 anwendbaren gesetzlichen Kündigungsfrist) zum 15. oder Monatsletzten kündigen.“
Das Arbeitsverhältnis wurde dann tatsächlich im September 2020 gekündigt. In dem Kündigungsschreiben heißt es auszugsweise:
„…
hiermit kündigen wir das zwischen uns bestehende Arbeitsverhältnis unter Beachtung der für Ihr Arbeitsverhältnis geltenden Kündigungsfrist ordentlich fristgerecht zum nächstmöglichen Zeitpunkt, frühestens aber zum 31. Oktober 2020. Gemäß Ihrem Arbeitsvertrag beträgt die Kündigungsfrist drei Monate, so dass Ihr Arbeitsverhältnis daher nach unserer Berechnung am 31. Dezember 2020 endet. …“
Mit seiner Kündigungsschutzklage hat der Arbeitnehmer unter anderem vorgetragen, die Kündigung sei unwirksam. Sie sei bereits unbestimmt, weil mehrere Beendigungsdaten zum Ausdruck gebracht seien. Der Arbeitgeber hingegen hat behauptet, die Kündigung sei hinreichend bestimmt. Soweit versehentlich der 31. Dezember 2020 aufgrund zu lang gewählter Kündigungsfrist genannt sei, sei die Kündigungserklärung eben zu diesem ausdrücklich genannten längeren Termin auszulegen und insoweit wirksam.
Das Arbeitsgericht hat die Kündigungen für wirksam erachtet.
Die Entscheidung:
Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht die Entscheidung des Arbeitsgerichts bestätigt. Im Hinblick auf die Formulierung der Kündigungserklärung hat das Landesarbeitsgericht klargestellt, dass die Erklärung konkret, hinreichend bestimmt und damit wirksam war.
I. Kündigung und hinreichende Bestimmbarkeit
Eine Kündigung muss als empfangsbedürftige rechtsgestaltende Willenserklärung so bestimmt sein, dass der Empfänger Klarheit über die Absichten des Kündigenden hält. Der Kündigungsadressat muss erkennen können, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aus Sicht des Kündigenden beendete sein soll. Dabei ist nicht allein auf den Wortlaut abzustellen. Zu würdigen sind alle Begleitumstände. Dabei verlangt das Erfordernis der Bestimmtheit eine ordentliche Kündigung nicht, den Beendigungstermin als konkretes kalendarisches Datum ausdrücklich anzugeben. Es reicht aus, wenn der gewollte Beendigungstermin für die Kündigungsempfänger zweifelsfrei bestimmbar ist.
Hinweis für die Praxis:
Auch eine Kündigung „zum nächsten zulässigen Termin“ ist hinreichend bestimmt, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist. Sie ist typischerweise dahin zu verstehen, dass der Kündigende die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu dem Zeitpunkt erreichen will, der sich bei der Anwendung der einschlägigen Regelungen (Gesetz, Tarifvertrag, Vertrag) als rechtlich frühestmöglicher Beendigungstermin ergibt. Eine Kündigung ist dagegen nicht hinreichend bestimmt, wenn in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin eigentlich gelten soll.
II. Beendigungstermin hier erkennbar und wirksam
Das Landesarbeitsgericht hat im vorliegenden Fall die Kündigung trotz dieser vorgenannten Prämissen für wirksam erachtet. Zwar sind in der Entscheidung mehrere Enddaten genannt. Nach Auffassung des LAG war aber deutlich erkennbar, dass der Arbeitgeber tatsächlich erst zum 31. Dezember 2020 kündigen wollte. Zwar hätte bei Berechnung der korrekten Kündigungsfrist auch schon zum 15. Dezember 2020 gekündigt werden können. Dennoch war klar, dass erst der spätere Termin zum 31. Dezember 2020 gelten sollte, weil dieser als einziger ausdrücklich genannt ist. Demgegenüber war der ebenfalls genannte 31. Oktober 2020 kein möglicher Kündigungstermin. Dieser Zeitpunkt sei für den Kläger erkennbar irrelevant gewesen. Es handelte sich lediglich um den – unabhängig von der konkreten Kündigungsfrist – frühestens von dem Arbeitgeber gewollten Kündigungstermin der bei der für den Kläger längeren Kündigungsfrist nicht einschlägig war.
Der Arbeitgeber muss sich daher an dem 31. Dezember 2020 als konkret bezeichneten Kündigungstermin festhalten lassen.
Hinweis für die Praxis:
Die Entscheidung ist durchaus angreifbar. Ebenso eindeutig hatte nämlich der Arbeitgeber zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen wollen. Damit wäre aber auch der 15. Dezember 2020 zulässig gewesen. Im Ergebnis kann sich damit ein Arbeitgeber auf die Formulierung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ nicht berufen, wenn ein anderes Datum benannt ergänzend wird.
Fazit:
Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung mit einem sehr speziellen Kündigungstext. Gleichwohl lassen sich hieraus allgemeine Grundsätze ableiten. Arbeitgeber sollten in jedem Fall vermeiden, mehrere Kündigungstermine in einem Schreiben zu benennen und sich dadurch ggf. sogar festzulegen. Ausreichend ist, wenn klargestellt wird, dass zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt werden soll oder aber man das konkrete Enddatum direkt berechnet und benennt und dann hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigt.
Autor: Prof. Dr. Nicolai Besgen
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