Welche Grenzen hat der Auskunftsanspruch des Gesellschafters nach § 51a I GmbHG? (credits: adobestock)

Nach § 51a Abs. 1 GmbHG ist jedem Gesellschafter auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben. Dieses Informationsrecht ist im Interesse des Gesellschafters. Die Geschäftsführer einer GmbH müssen die Auskunft im Regelfall erteilen. Aber auch der Auskunftsanspruch des Gesellschafters hat seine Grenzen. Einen solchen Grenzfall beinhaltet die Entscheidung des LG Hannover vom 21. Februar 2024 – 23 O 4/24 –.

Entscheidung des LG Hannover

Worum geht es?

Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit befürwortete die Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball Liga („DFL“) die Möglichkeit eines Investoreneinstiegs. Es deutete sich an, dass auch Martin Kind als Geschäftsführer einer GmbH, die als Komplementärin der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA auftritt, für diesen Deal gestimmt hat. Brisant daran ist, dass der Alleingesellschafter der GmbH, der Hannoversche Sportverein von 1896 e.V. („e.V.“), Herrn Kind vorab ange-wiesen hat, bei der DFL mit „Nein“ zu stimmen. Herr Kind weigerte sich, sein Stimmverhalten offenzulegen. Der e.V. versuchte, die Auskunft im gerichtlichen Verfahren nach § 51b GmbHG zu erzwingen.

Die Entscheidung

Das LG Hannover verneinte einen solchen Anspruch mit der Begründung, dass das Verlangen des e.V. rechtsmissbräuchlich sei und damit gegen § 242 BGB verstieße. Dies ist erstaunlich. Der e. V. ist Alleingesellschafter der GmbH. Warum sollte ein Alleingesellschafter nicht Informationen über „seine“ GmbH erhalten? Das LG Hannover hat befürchtet, dass die Hannover 96 GmbH & Co. KGaA nicht mehr „kontrahierungsfähig“ sein könne, wenn Herr Kind die Infor-mationen mitteilen würde und der e. V. dies publik macht. Die GmbH stehe nicht für sich alleine, sie sei Komplementärin jener KGaA. Ihre Informationen berühren daher unmittelbar auch das Interesse der KGaA. Völlig von der Hand zu weisen ist diese Argumentation nicht. Sie passt allerdings auch nur für diesen Einzelfall mit einem Gesellschafter einer Komplementärin, der seinerseits Tausende von Mitglieder hat und bei der eine Geheimhaltung nicht möglich ist. Bei einem Alleingesellschafter ohne eigenen „großen“ Gesellschafterkreis könnte diese Problematik durch eine Verschwiegenheitsvereinbarung mit Vertragsstrafe geregelt werden. Die Entscheidung gibt aber Anlass, insgesamt nach den Grenzen des Auskunftsanspruchs des Gesellschafters zu fragen.

Die Grenzen des Informationsanspruches

Das Verweigerungsrecht nach § 51a Abs. 2 Satz 1 GmbHG

Die Geschäftsführer dürfen die Auskunft verweigern, wenn anzunehmen ist, dass der Gesellschafter die Informationen zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird. Ein gesellschaftsfremder Zweck ist dann anzunehmen, wenn der angestrebte Zweck

nicht den mitgliedschaftlichen Interessen des Gesellschafters oder der Förderung des Unternehmensinteresses dient. Weiterhin setzt die Weigerung einen Beschluss der Gesellschafter gem. § 51a Abs. 2 Satz 2 GmbHG voraus. Daran fehlte es im Fall des LG Hannover. Das LG Hannover brauchte daher diese Ausnahme nach Gesetz nicht zu prüfen.

Ungeschriebene Grenzen

Neben dem Verweigerungsrecht gem. § 51a Abs. 2 Satz 1 GmbHG unterliegt der Informationsanspruch immanenten Schranken. Diese Schranken zeichnen sich dadurch aus, dass es keines Gesellschafterbeschlusses bedarf.

Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht

Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht setzt dem Gesellschafter auch bei der Ausübung seines Informationsrechts Schranken. Die Wahrnehmung des Informationsrechts führt zu einem Eingriff in die Rechtssphäre der Gesellschaft. Der Gesellschafter ist daher aufgrund seiner Treubindung gegenüber der Gesellschaft bei der Ausübung seines Rechts an den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit gebunden (Notwendigkeit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit im engen Sinne). Nicht notwendig ist die Wahrnehmung des Rechts, wenn der Gesellschafter bereits über die begehrten Informationen verfügt oder er die Kenntnisse zur sachgerechten Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte nachweisbar nicht braucht. Ein weiterer Anwendungsfall ist die vom LG Hannover genannte Kontrahierungsfähigkeit einer Gesellschaft. In Ausnahmefällen dürfen Geschäftsführer die Auskunft verweigern, wenn die Gesellschaft im Rechtsverkehr nicht mehr Geschäfte abschließen kann. Die Abgrenzung ist schwierig. Insbesondere in Joint-Venture-Strukturen wie bei der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA (Herr Kind beherrscht die KGaA; der e.V. die GmbH) könnte der Geschäftsführer der GmbH nahezu jedes wichtige Geschäft als sensibel qualifizieren.

Unmöglichkeit gem. § 275 BGB

Der Informationsanspruch ist gem. § 275 BGB ausgeschlossen, wenn die Gesellschaft die begehrte Information nicht hat und sie sich in zumutbarer Weise auch aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht verschaffen kann.

Strafbarkeit der Informationserteilung

Ein Grund zur Informationsverweigerung besteht auch dann, wenn sich der Geschäftsführer durch die Informationserteilung strafbar machen oder ordnungswidrig verhalten würde. Eine solche Strafbarkeit kann sich aus § 203 StGB ergeben. Gemäß § 203 StGB ist die Verletzung bestimmter Privatgeheimnissen strafbar. Ein solcher Fall wird allerdings selten eintreten, da die Gesellschaft üblicherweise keine privaten Geheimnisse kennt. Menschen kennen private Geheimnisse. Der Anwendungsbereich des Auskunftsrechts gemäß § 51a GmbHG ist daher nicht eröffnet, wenn der Geschäftsführer privat schützenswerte Geheimnissen Dritter kennt. Diese muss er selbstverständlich auch nicht offenlegen. Gemäß § 85 Abs. 1 GmbHG wird bestraft, wer ein Geheimnis der Gesellschaft, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer, Mitglied des Aufsichtsrats oder Liquidator

bekannt geworden ist, unbefugt offenbart. Diese mögliche Strafbarkeit kann ein Geschäftsführer dem Gesellschafter nicht entgegenhalten. Ansonsten wäre das Auskunftsrecht des Gesellschafters nicht durchsetzbar, da nahezu jede Information der Gesellschaft ein Geschäftsgeheimnis sein kann.

Datenschutz

Schwieriger ist die Situation beim Datenschutz. Die Offenlegung von Unterlagen ist im Regelfall eine Verarbeitung von Daten i. S. v. Art. 4 Nr. 2 DSGVO. Eine Verarbeitung von Daten ist grundsätzlich gemäß Art. 6 Abs. 1 lit c) DSGVO zulässig, wenn sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist. Die Verpflichtung zur Offenlegung gemäß § 51a GmbHG stellt eine Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung dar. Da geschäftliche Unterlagen nahezu immer personenbezogene Daten gemäß Art. 9 DSGVO enthalten, muss zusätzlich Art. 9 Abs. 2 lit. f) DSGVO berücksichtigt werden. Gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. f) DSGVO ist die Verarbeitung personenbezogener Daten zulässig, wenn sie zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen erforderlich ist. Insoweit bietet ebenfalls § 51a GmbHG eine Rechtfertigung. Gleichwohl ist dann erhöhte Vorsicht geboten, wenn die Daten erheblich sensibel sind, beispielsweise Gesundheitsdaten von Kunden. Sowohl Gesellschafter als auch Geschäftsführer müssen die Problematik im Auge behalten.

Der Autor dieses Beitrags steht Ihnen in Fragen zum Informationsanspruch gemäß § 51a GmbHG gerne zur Verfügung und hilft Ihre Interessen geltend zu machen.


Autoren: Dr. Andreas Menkel, Florian Wenzel

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Auszeichnungen

  • „MEYER-KÖRING ist besonders renommiert für die gesellschaftsrechtliche Beratung.“
    (JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2022)

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