Der "Kampf um die Gesellschafterliste" ist häufig entscheidend für Erfolg oder Misserfolg von Streitigkeiten im Gesellschafterkreis. In einstweiligen Rechtsschutzverfahren entscheidet die Darlegung des Verfügungsgrundes – die Beeinträchtigung der Rechte des Antragstellers
Der „Kampf um die Gesellschafterliste“ ist häufig entscheidend für Erfolg oder Misserfolg von Streitigkeiten im Gesellschafterkreis (credits: adobestock).

Zwar ist der Erwerb eines Geschäftsanteils bereits mit der Übertragung desselben abgeschlossen. Doch gilt nach § 16 Abs. 1 GmbHG im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Es besteht daher ein erhebliches Interesse des Betroffenen an einer möglichst schnellen Eintragung seines Anteils in die Gesellschafterliste.

In einer aktuellen Entscheidung lehnt das OLG Brandenburg vom 22. November 2023 (Az. 7 W 117/23) den Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Einreichung einer neuen Gesellschafterliste ab.  Grund genug, einen genaueren Blick auf die strengen Anforderungen des einstweiligen Rechtsschutzes zu werfen.

I. Die Entscheidung des OLG Brandenburg

Im zu entscheidenden Fall war der Antragssteller als Inhaber eines Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste im Handelsregister eingetragen. Er begehrte nun im Wege einer einstweiligen Verfügung die GmbH zu verpflichten, eine neue Gesellschafterliste unter Berücksichtigung eines zusätzlich erworbenen Geschäftsanteils zum Handelsregister einzureichen. Der Antrag blieb erfolglos. Nach Auffassung des OLG Brandenburg fehlte es an einem Verfügungsgrund. Die Einreichung einer aktualisierten Gesellschafterliste bedeute eine Vorwegnahme der Hauptsache. Der Antragsteller konnte aber nicht darlegen, dass seine Rechte ohne die Einreichung einer aktualisierten Gesellschafterliste beeinträchtigt werden und ein nachgelagerter Rechtsschutz zur Wahrung seiner Rechte nicht möglich sei.

II. Lösungsvorschläge zur Darlegung eines Verfügungsgrundes

Der Antragssteller begehrte einstweiligen Rechtsschutz auf Einreichung einer neuen Gesellschafterliste. Diese Verfahren sind wegen der Vorwegnahme der Hauptsache – die Gesellschafterliste ist eingereicht – anspruchsvoll. Der Antragsteller muss nicht nur begründen, warum nur die Hinterlegung einer geänderten Gesellschafterliste seine Rechte wahren kann. Er muss zudem noch darlegen, wie diese „neue“ Gesellschafterliste aus dem Handelsregister entfernt werden kann, wenn in einem Hauptsacheverfahren gegen den Antragsteller entschieden wird, dass eben keine neue Gesellschafterliste im Handelsregister zu hinterlegen ist.

Ansatz ist die vorläufige Sicherung der Informations-, Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte des Antragstellers. Eine Gefährdung der Informationsrechte kommt in Betracht, wenn der Kläger darlegen kann, nicht von allen beabsichtigten Gesellschafterbeschlüssen zu erfahren. Hieran anschließend besteht eine Gefährdung der Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte, wenn der Betroffene keine Einladung zu den Gesellschafterbeschlüssen erhält oder ihm seine Mitwirkung in sonstiger Weise verwehrt wird. Darüber hinaus kann sich eine konkrete Gefährdung aus dem Verhalten des zu Unrecht als Gesellschafter Eingetragenen ergeben. Dieser könnte seinerseits die Rechte des Antragsstellers zu dessen Lasten ausüben. Daneben liegt eine konkrete Gefährdung vor, wenn der zu Unrecht Eingetragene gemeinsam mit weiteren Gesellschaftern den Antragssteller in bedeutsamen Angelegenheiten überstimmt.

Was kann ein neuer Gesellschafter machen?

Möglicherweise „am einfachsten“ hat es noch der Erwerber eines Geschäftsanteils, der vorher noch nicht an der Gesellschaft beteiligt war. Dieser kann begründen, dass in seine Informations-, Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte eingegriffen wird, wenn nicht eine geänderte Gesellschafterliste hinterlegt wird. Mangels Eintragung in der Gesellschafterliste ist es der Gesellschaft untersagt, einen solchen potentiellen Gesellschafter zur Gesellschafterversammlung zu laden. Gleichwohl bleibt ein solcher Antrag anspruchsvoll.

Was kann ein Erwerber machen, der noch kein Gesellschafter ist?

Noch schwieriger ist es bei einem Antragsteller, der bereits Gesellschafter der Gesellschaft ist. Als Gesellschafter wird er zu den Gesellschafterversammlungen geladen und kann auch von seinem Stimmrecht Gebrauch machen. Denkbar wäre insoweit ein Erwerb, um Minderheitsrechte geltend machen zu können (Beteiligung von 10 % oder mehr am Stammkapital), eine Sperrminorität zu erhalten, um Gesellschafterbeschlüsse zu verhindern oder gar die Stimmenmehrheit. Bei letzteren muss der Antragsteller aber auch noch darlegen, dass die übrigen Gesellschafter versuchen werden, Beschlüsse gegen den Willen des Antragstellers zu fassen.

Ganz anderer Ansatz?!

Eine Alternative ist eine einstweilige Verfügung gegenüber dem „Rechteinhaber“ des Geschäftsanteils, die Rechte aus dem Geschäftsanteil (in Teilen) nicht wahrzunehmen. Auch in einem solchen Fall muss der Antragsteller den Verfügungsgrund darlegen. Denkbar wäre, einem solchen Gesellschafter die Ausübung des Stimmrechts zu versagen, um Beschlüsse gegen den Willen des Antragstellers zu verhindern. Auch insoweit hängen die Trauben hoch. Im Regelfall kann einem Gesellschafter nicht vor einer Gesellschafterversammlung die Teilnahme oder die Ausübung des Stimmrechts versagt werden. Der Antragsteller muss daher konkrete Umstände vortragen, dass die Gesellschaftermehrheit „missbräuchlich“ gegen den Willen und möglicherweise zu Schaden des Antragstellers Beschlüsse fassen möchte.

III. Fazit

Der „Kampf um die Gesellschafterliste“ ist häufig entscheidend für Erfolg oder Misserfolg von Streitigkeiten im Gesellschafterkreis. In einstweiligen Rechtsschutzverfahren entscheidet die Darlegung des Verfügungsgrundes – die Beeinträchtigung der Rechte des Antragstellers.

Der Autor dieses Beitrags steht Ihnen in Fragen des einstweiligen Rechtsschutzes gerne zur Verfügung und hilft Ihnen ihre Interessen in den Verfahren geltend zu machen.


Autoren: Dr. Andreas Menkel, Constantin Dorschu

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