Eine zugunsten des Steuerpflichtigen ergangene Entscheidung des BGH vom 21.08.2024 zur Grunderwerbsteuer bei mehrstöckigen Personengesellschaften lohnt eine genauere Befassung mit dieser streitträchtigen Thematik.

Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21. August 2024, II R 16/22 (veröffentlicht am 23.01.2025), bietet eine richtungsweisende Klärung zur Anwendung des § 1 Abs. 2a Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) im Falle mittelbarer Änderungen des Gesellschafterbestands einer grundbesitzenden Personengesellschaft. Das Gericht stellte fest, dass eine Verlängerung der Beteiligungskette durch das Einfügen einer weiteren Personengesellschaft in die Struktur nicht automatisch zu neuen Gesellschaftern führt, sofern die wirtschaftlichen Eigentümer unverändert bleiben.
1. Hintergrund des Falls (vereinfacht):
Die Klägerin, eine grundbesitzende GmbH & Co. KG (X KG), beanstandete die Auffassung des Finanzamts, dass durch die Umstrukturierung ihrer Beteiligungsverhältnisse ein steuerpflichtiger Tatbestand gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG verwirklicht worden sei.
- Exkurs zu § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG:
Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Es fällt dann Grunderwerbsteuer an.
Konkret wurde im Entscheidungsfall statt der unmittelbaren Gesellschafter A und B eine neue Personengesellschaft (AB KG), deren Gesellschafter je hälftig wiederum A und B waren, in die Beteiligungskette eingefügt. Dadurch blieben die ursprünglichen Eigentümer A und B wirtschaftlich in demselben Verhältnis – jetzt aber mittelbar – an der grundbesitzenden X-KG beteiligt.
Das FA vertrat die Ansicht, dass die Beteiligung der AB KG als „neue Gesellschafterin“ zu bewerten sei und setzte Grunderwerbsteuer fest. Der BFH widersprach dieser Auslegung.
2. Entscheidungsgründe:
a. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG
Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf
neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft.
Nach dem – so der BFH – eindeutigen Wortlaut der Norm sind Personengesellschaften danach als transparent anzusehen, hier die AB KG. Bei mehrstöckigen Personengesellschaften ist auf allen Ebenen der beteiligten Personengesellschaften durchzuschauen und sind dortige Veränderungen der jeweiligen Beteiligungsverhältnisse in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei sind nur diejenigen Veränderungen in den Beteiligungsverhältnissen relevant, durch die solche Rechtsträger neu beteiligt werden, an denen keine gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen bestehen können.
b. Mehrstöckige Personengesellschaften
Bei mehrstöckigen Personengesellschaften hat sich durch die Einfügung des neuen Satz 2 in § 1 Abs. 2a GrEStG durch das Steueränderungsgesetz 2015 hinsichtlich der Beurteilung von mittelbaren Änderungen des Gesellschafterbestands einer grundbesitzenden Personengesellschaft nichts geändert. Es ist entgegen der Auffassung des FA weiterhin eine wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgebend.
„Wird eine an der grundbesitzenden Personengesellschaft mittelbar beteiligte Personengesellschaft in die Gesellschafterstruktur eingefügt, ohne dass sich die Rechtsträger, an denen keine gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen bestehen können, geändert haben, ist kein neuer Gesellschafter der grundbesitzenden Personengesellschaft hinzugekommen.“
Mit anderen Worten: Bleiben die natürlichen Personen (A und B) durch Zwischenschaltung einer Personengesellschaft (AB KG) wirtschaftlich so an der Untergesellschaft (X KG) beteiligt, wie sie es als unmittelbare Gesellschafter der X KG waren, ändert sich grunderwerbsteuerlich nichts.
Die neu zwischengeschaltete, mittelbar an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligte und transparent zu betrachtende Personengesellschaft (AB KG) stellt selbst keinen „neuen Gesellschafter“ der X KG im Sinne von § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG dar.
3. Zusammenfassung
- Keine neuen Gesellschafter infolge wirtschaftlicher Kontinuität
- Die bisherigen Gesellschafter A und C hielten auch nach der Umstrukturierung weiterhin mittelbar dieselbe Anteilsquote an der X KG.
- Die in die Beteiligungskette eingefügte AB KG, erfüllt nicht die Voraussetzungen eines „neuen Gesellschafters“ im Sinne von § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG, da sie lediglich eine vermittelnde Funktion übernimmt.
- Durchschau bei mehrstufigen Personengesellschaften:
Der BFH bekräftigte, dass bei mehrstöckigen Personengesellschaften die wirtschaftliche Betrachtungsweise entscheidend ist. Veränderungen in den Beteiligungsverhältnissen sind nur relevant, wenn tatsächlich neue, nicht zuvor beteiligte Rechtsträger hinzutreten. - Kein Übergang von 95 % der Anteile innerhalb von fünf Jahren:
Das Gericht stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG nicht erfüllt wurden, da keine ausreichende Änderung im Gesellschafterbestand vorlag. Die Beteiligungen blieben in wirtschaftlicher Hinsicht bei denselben natürlichen Personen. - Ablehnung der Auffassung des Finanzamts:
Das Urteil betonte, dass eine steuerliche Belastung nicht auf rein formale Änderungen gestützt werden kann, die keine substanziellen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Eigentümerschaft haben.
4. Fazit und Bedeutung für die Praxis:
Dieses Urteil ist besonders relevant für Steuerberater, Gesellschaftsrechtler und Unternehmen mit Immobilienbesitz. Bei Neustrukturierung Ihrer Beteiligungsverhältnisse ist immer auch die Grunderwerbsteuer ins Auge zu fassen.
Das aktuelle Urteil des BFH zeigt dabei einmal mehr, dass es sich lohnen kann, der Auffassung der Finanzverwaltung nicht widerspruchslos zu folgen. Wir helfen Ihnen gerne bei steueroptimierten Umstrukturierungen – und scheuen im Zweifel auch nicht, den Finanzgerichtsweg für Sie zu beschreiten.
Autor: RA & StB Andreas Jahn
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