03.05.2023

Einspruch allein gegen den Haftungsbescheid hilft nicht gegen zu hohe Lohnsteuerfestsetzung. Auch der Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung muss angefochten werden.

Einspruch allein gegen den Haftungsbescheid hilft nicht gegen zu hohe Lohnsteuerfestsetzung. Auch der Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung muss angefochten werden. (credit:adobestock)

Wer als Arbeitgeber für Lohnsteuer in Haftung genommen wird, muss die zugrundeliegenden Steueranmeldungen und Steuerbescheide genau prüfen. Wer nur gegen den Haftungsbescheid vorgeht, die vorherige Lohnsteueranmeldung aber nicht angreift, hat keine Chance, sich gegen eine überhöhte Lohnsteuer zur Wehr zu setzen. Das hat jüngst der BFH (Urteil vom 15.02.2023, VI R 13/21) festgestellt.

Der Fall:

Ein Arbeitgeber hatte – wie sich später herausstellte – zu hohe Lohnsteuer angemeldet. Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung stellte der Prüfer weitere Sachverhalte fest, die zu Lohnsteuernachforderungen führten. Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ einen Haftungsbescheid mit Leistungsgebot (nach § 42d EStG i.V.m. § 191 AO). In diesem Sammelbescheid hob es zugleich den Vorbehalt der Nachprüfung für die Lohnsteuer-Anmeldungen des Prüfungszeitraums auf.

Der Arbeitgeber legte gegen den Haftungsbescheid Einspruch ein. Im Laufe des Verfahrens wandte er sich erfolglos gegen die zu hohe Lohnsteuerfestsetzung. Das Finanzgericht wies die hiergegen erhobene Klage ab. Die Lohnsteuer-Festsetzungen seien bestandskräftig geworden, da sie innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist nicht mit dem Einspruch angefochten worden seien. Der Einspruch habe sich allein gegen den Haftungsbescheid und nicht auch gegen den Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung gerichtet.

Die Revision beim BFH blieb ohne Erfolg.

Aus den Entscheidungsgründen

  • Lohnsteuer-Anmeldungen (§ 167 AO) stehen gemäß § 168 Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Das Steueranmeldungs-Verfahren ist ein abgekürztes Festsetzungsverfahren. Die Steueranmeldung kann gemäß § 164 Abs. 2 AO geändert sowie durch Einspruch und Klage angefochten und dementsprechend ebenfalls geändert werden.
  • Nach § 164 Abs. 3 AO kann der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben werden. Die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung steht gemäß § 164 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 AO einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich.
  • Ein Lohnsteuer-Haftungsbescheid und ein Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung der Lohnsteuer-Anmeldungen sind unterschiedliche Verwaltungsakte sind, auch wenn sie in einem Sammelbescheid verbunden sind.
  • Sie können und müssen jeweils mit dem Einspruch und der Klage angefochten werden können, um den Eintritt der (formellen) Bestandskraft des jeweiligen Bescheids zu verhindern.
  • Der Arbeitgeber hatte gegen den Aufhebungsbescheid keinen Einspruch eingelegt.
  • Durch den Einspruch gegen einen Lohnsteuer-Haftungsbescheid wird die Überprüfbarkeit der bestandskräftigen Lohnsteuer-Anmeldungen nicht wieder eröffnet.

Fazit und Empfehlung

Steuerbescheide können unterschiedlichste selbständige Festsetzungen (Verwaltungsakte) enthalten, auch wenn sie in einem Papier zusammengefasst sind (Sammelfestsetzung).

Will sich der Steuerpflichtige gegen die ergangenen Festsetzungen wehren, ist genau zu prüfen, welche Festsetzungen

  • der Sammelbescheid enthält,
  • aufeinander aufbauen,
  • welche Rechtswirkungen entfalten,
  • zwingen angefochten werden müssen, um die Bestandskraft zu verhindern.

Einspruch und Klage müssen genau erkennen lassen, gegen welche Festsetzungen sich die Anfechtung richtet. Im Zweifel sollten sämtlich Festsetzungen eines Sammelbescheids angegriffen werden. Die ungenügend geprüfte und undurchdachte Anfechtung (versehentlich) nur einer von mehreren Festsetzungen, kann letztlich ins Leere laufen. Das beweist eindrücklich das Besprechungsurteil.

Autor: Andreas Jahn

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2022/2023)

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2017-2021)

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