26.07.2023

Ist ein Ehevertrag sinnvoll?

In vielen Fällen kann es sinnvoll sein, die Rechtsfolgen einer Ehe durch einen Ehevertrag festzulegen. Ein Ehevertrag ist nichts anderes als eine Vereinbarung zwischen den (zukünftigen) Eheleuten, die die rechtlichen Wirkungen der Ehe, insbesondere etwaige Folgen im Falle einer Scheidung, einvernehmlich regelt – ggf. abweichend von den gesetzlichen Folgen, wenn diese von den (zukünftigen) Ehepartnern nicht gewollt sind.

In vielen Fällen kann es sinnvoll sein, die Rechtsfolgen einer Ehe im Vorfeld durch einen Ehevertrag festzulegen.
In vielen Fällen kann es sinnvoll sein, die Rechtsfolgen einer Ehe durch einen Ehevertrag festzulegen (credit:adobestock)

Wann kann ein Ehevertrag geschlossen werden?

Ein Ehevertrag kann bereits vor der Heirat geschlossen werden. Dann spricht man von einem sog. vorsorgenden Ehevertrag. Aber auch noch nach der Eheschließung können die Ehepartner grundsätzlich jederzeit einen Ehevertrag schließen. Wird er erst dann geschlossen, wenn schon eine beabsichtigte Trennung oder Scheidung im Raum steht, spricht man von einer sog. Trennungs- oder Scheidungsfolgenvereinbarung.

Wie kann ein Ehevertrag geschlossen werden?

Zu beachten ist, dass das Gesetz für bestimmte Regelungen Formvorschriften vorsieht (vgl. § 1410 BGB). Dies gilt für Vereinbarungen über bestimmte Scheidungsfolgen, wie zum Beispiel bei Regelungen über den nachehelichen Unterhalt (§ 1585c S. 2 BGB), über den Versorgungsausgleich (§ 7 Abs. 1 VersAusglG) oder über den Zugewinnausgleich (§ 1378 Abs. 3 S. 2 BGB). Vereinbarungen über diese Scheidungsfolgen müssen vor Rechtkraft der Ehescheidung notariell beurkundet werden. Alternativ ist eine gerichtliche Protokollierung möglich (§ 127a BGB). Wird die gesetzlich vorgeschriebene Form nicht eingehalten, ist die Vereinbarung im Zweifel nichtig, also unwirksam (§ 125 BGB). Aber auch Regelungsbereiche, die keiner gesetzlichen Formvorschrift unterliegen, sollten schon aus Gründen der Beweisbarkeit in jedem Falle schriftlich fixiert werden. Die notarielle Beurkundung erfüllt zudem einen wichtigen Schutz vor Übereilung und sichert eine unparteiische und sachkundige Belehrung über die rechtlichen Folgen einer Vereinbarung.

Vor Abschluss eines Ehevertrages sollten sich grundsätzlich beide Partner anwaltlich beraten lassen – und zwar getrennt voneinander. Dies ist die beste Gewähr dafür, dass beide unabhängig voneinander über die rechtlichen Folgen beraten sind und alle Regelungen im geplanten Vertrag verstehen können.

Welchen Inhalt kann ein Ehevertrag haben?

Jeder Ehevertrag sollte so individuell sein, wie das betroffene Paar. In der Praxis haben sich Fallgruppen gebildet, in denen der Abschluss eines Ehevertrages besonders sinnvoll erscheint. Dies sind zum Beispiel: Ehen mit Unternehmern oder ausländischen Staatsangehörigen, Ehen junger Doppelverdiener (ggf. mit Kinderwunsch), Ehen mit begüterten Erben oder verschuldeten Partnern, Wiederverheiratung älterer Ehepartner, etc. Zum Beispiel ist es regelmäßig bei Ehegatten, die als Unternehmer oder freiberuflich tätig sind, sinnvoll, vertragliche Regelungen zum Güterstand zu treffen. Das kann konkret heißen, den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft zu modifizieren oder einen anderen Güterstand (z.B. die Gütertrennung) zu wählen. Bei Beteiligung ausländischer Ehegatten, bei einem absehbaren Umzug der deutschen Ehepartner ins Ausland oder wenn sich unbewegliches Vermögen im Ausland befindet, ist in der Regel eine ehevertragliche Rechtswahl zweckmäßig.

Dennoch ist zu beachten, dass sich pauschale Vertragsmuster verbieten, die nicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalles eingehen. Denn es gibt Grenzen, was in einem Ehevertrag zulässigerweise vereinbart werden kann. Als grober Maßstab ist zu beachten, dass Regelungen nicht eine Vertragspartei unangemessen benachteiligen dürfen. Wenn etwa ein Ungleichgewicht zwischen den Partnern besteht (z.B. wirtschaftlich, sprachlich, etc.) und nur ein Partner vollständig auf gesetzlich vorgesehene Absicherungen im Scheidungsfall verzichtet (z.B. Unterhalt, Versorgungsausgleich, Zugewinnausgleich), wäre ein solcher Vertrag nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam.

Der Bundesgerichtshof hat zur Kontrolle, ob ein Ehevertrag im Einzelfall wirksam ist, eine sog. Kernbereichslehre entwickelt. Hierbei handelt es sich grob gesagt um eine Art Abstufung, welche gesetzlichen Scheidungsfolgen vertraglich abgeändert werden können. Danach gilt: Je tiefer eine vertragliche Vereinbarung in den sog. Kernbereich der gesetzlichen Scheidungsfolgen eingreift, desto genauer ist zu prüfen, ob dies zu einer einseitigen und unangemessenen Belastung eines Ehegatten führt. Dabei werden sowohl objektive Umstände wie der Vertragsinhalt an sich berücksichtigt, als auch subjektive Umstände, wie der konkrete Vertrag zustande gekommen ist. Eine (Un-)Wirksamkeit eines Ehevertrages kann sich nicht nur aus einzelnen Regelungsbestandteilen ergeben, sondern auch erst aus der Gesamtschau aller Regelungen. Es kann auch möglich sein, dass ein Ehevertrag zwar zum Zeitpunkt der Beurkundung nicht zu beanstanden war, nachträglich aber wesentliche Veränderungen eintreten, die eine Anpassung des Ehevertrages bei der Ehescheidung notwendig machen.

Kann ich auch vertragliche Vereinbarungen treffen, ohne zu heiraten?

Natürlich können auch Paare, die keine Ehe miteinander eingehen möchten, vertragliche Regelungen miteinander schließen. Dies bietet sich für nichteheliche Partnerschaften insbesondere dann an, wenn weitreichende persönliche und/oder finanzielle Schritte geplant sind. Typische Fallgestaltungen sind zum Beispiel die Aufgabe oder Verringerung der Berufstätigkeit im Zusammenhang mit der Geburt eines gemeinsamen Kindes oder der Erwerb einer gemeinsamen Immobilie, ggf. kombiniert mit der Eingehung gemeinsamer Schulden. Für solche sog. nichtehelichen Lebensgemeinschaften bestehen zum Großteil keine gesetzlichen Schutzvorschriften wie für die Ehe, sodass in solchen Fällen sogar ein noch dringenderer Handlungsbedarf bestehen kann. Auch hier kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an, welche Gestaltungen sinnvoll oder sogar notwendig sein können.

Das Wichtigste ist die Kommunikation

Auch wenn Paare es oft als „unromantisch“ empfinden, vor der Heirat – vielleicht sogar mitten in den Vorbereitungen auf den „schönsten Tag im Leben“ – über finanzielle Fragen oder sogar über etwaige Folgen einer Scheidung zu sprechen, ist dies der erste Schritt in die richtige Richtung. Der beste Schutz vor einer bösen Überraschung im Falle einer Trennung bzw. Scheidung mit Blick auf die rechtlichen Auswirkungen ist die Information und Kommunikation, wenn die Beziehung (noch) intakt ist.

Wenn beide Partner wissen, was die Ehe rechtlich bedeutet und welche weitreichenden Auswirkungen sie im Scheidungsfall haben kann, können viele Missverständnisse oder Streitpunkte vermieden werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Partner schon vor einem möglichen Scheitern der Beziehung auf eine faire Lösung geeinigt haben. Wenn sich im Rahmen einer Beratung herausstellen sollte, dass die gesetzlichen Scheidungsfolgen völlig sachgerecht sind, werden seriöse Berater/innen keineswegs zur Beurkundung eines Ehevertrages drängen. Andererseits können sich im Laufe einer Ehe die Lebensumstände oder die gesetzlichen Regelungen so wesentlich verändern, dass auch nach vielen Ehejahren eine Überprüfung sinnvoll sein kann, ob die Ehepartner einen Ehevertrag schließen oder einen bestehenden Ehevertrag ggf. anpassen sollten.

Letztendlich kommt es für die Beurteilung, ob und welche Regelungen sinnvoll sind, immer auf den konkreten Einzelfall an. Kosten für eine anwaltliche Beratung sind in jedem Falle besser im Vorfeld investiert. Damit ein Ehevertrag mitunter auch noch nach vielen Jahren streitvermeidend wirken kann, ist es besonders wichtig, dass der Ehevertrag einen ausgewogenen Inhalt hat. Jeder Ehevertrag sollte den besonderen Umständen des (zukünftigen) Ehepaares und ihren Vorstellungen von ihrem gemeinsamen Ehezuschnitt gerecht werden.

Autorin: Sarah Schreinemachers

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Sarah Schreinemachers
  • Rechtsanwältin

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