17.01.2024 -
Kündigungen müssen bekanntlich schriftlich erklärt werden. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat klargestellt, dass eine per WhatsApp übermittelte Kündigungserklärung des Arbeitnehmers nicht dem Schriftformerfordernis genügt!
Eine Kündigungserklärung per WhatsApp genügt nicht dem Schriftformerfordernis! (credits:adobestock)

Kündigungen müssen bekanntlich schriftlich erklärt werden. Immer wieder kommt es in der Praxis aber zu Fallkonstellationen, die Anlass geben, das Thema der Schriftform nochmals ausführlich zu besprechen und hier darzustellen. In einem jetzt veröffentlichten Urteil hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz klargestellt, dass eine per WhatsApp übermittelte Kündigungserklärung des Arbeitnehmers nicht dem Schriftformerfordernis genügt (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 22.12.2022, 5 Sa 408/21).

Der Fall:

Der Arbeitnehmer ist als Sicherheitsmitarbeiter bereits seit dem 1. August 2017 bei dem beklagten Sicherheitsunternehmen im Rahmen einer 40-Stunden-Woche beschäftigt.

Für Donnerstag, 7.1.2021, war der Arbeitnehmer um 07:00 Uhr zur Arbeit im Pfortendienst eingeteilt. Er teilt aber dem Geschäftsführer per WhatsApp um 08:49 Uhr folgendes mit:

„Moin sorry ich komm heute nicht mehr auf die arbeit meine frau lässt sich von mir scheiden keine ahnung ob ich die nächsten tage überhaupt noch kommen werde“

Um 11:26 Uhr desselben Tages übermittelte er dem Geschäftsführer per WhatsApp das Foto einer handschriftlichen Kündigungserklärung auf Karopapier mit folgendem Text:

„Sehr geehrter Herr H.,

Hiermit kündige ich, das mit ihnen bestehendes Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 01.03.2021.

Mit Freundlichen Grüßen

A.“

Unter diesem Foto fügte der Arbeitnehmer dann noch eine weitere WhatsApp-Nachricht mit folgendem Inhalt an:

„Schriftlich bekommst du es auch noch geschickt. Des weitern bitte ich dich drum mir bis einschließlich 12.01.2021 mir Urlaub gibst das ich die Grundsachen klären kann. Sorry nochmals aber es geht nicht mehr anders. Die Arbeit hab ich zu lange vor meine Familie gestellt. Gruss M.“

Anders als angekündigt wurde das Original des fotografierten Kündigungsschreibens vom 7.1.2021 von dem Arbeitnehmer dem Geschäftsführer nicht zugesandt. Am 8.1.2021 bestätigte der Geschäftsführer die Kündigung des Klägers schriftlich wie folgt:

„… am 07.01.2021 haben Sie erklärt, dass Sie auf eigenen Wunsch zum 07.01.2021 das Arbeitsverhältnis mit uns beenden.

Wir bestätigen hiermit Ihre fristlose Kündigung zum 07.01.2021.

Bitte senden Sie Ihren Dienstausweis, Firmenunterlagen und Dienstkleidung auf dem Postweg an uns zurück.“

Der Geschäftsführer erteilt am 7. und 8.1.2021 dem Kläger jeweils eine schriftliche Abmahnung, weil er an diesen Tagen nicht zur Arbeit erschienen ist. Am 10.1.2021 um 16:50 Uhr übersandte der Geschäftsführer dem Arbeitnehmer folgende WhatsApp-Nachricht:

„Bitte bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden.“

Hierauf antworte dann der Kläger am 11.1.2021 um 11:56 Uhr mit folgender WhatsApp:

„Hallo T.! Erst mal wollte ich mich für die Unannehmlichkeiten die ich dir in letzter Zeit bereitet habe in aller vorm entschuldigen und das meine Kündigung (nicht rechtskräftig ist) ein Schnellschuss war. Ich hoffe auch dass du ein wenig Verständnis für meine Situation hast (mit meiner Frau) das sich aber weitestgehend wieder beruhigt hat. Deshalb werde ich auch am 18.01.2021 wieder ordnungsgemäß zum Dienst erscheinen. Über eine positive Rückmeldung von deiner Seite würde ich mich sehr freuen. Gruss M.“

Der Kläger erschien auch am Montag, den 11.1. sowie am 12.1. und 13.1.2021 nicht zur Arbeit. Deshalb kündigte der Geschäftsführer das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 13.1.2021 fristlos zum 15.1.2021.

Der Kläger macht geltend, er habe ab dem 11.1.2021 nicht unentschuldigt gefehlt, denn er sei vom 11.1. bis 14.2.2021 arbeitsunfähig erkrankt. Zum Nachweis reichte er im Kündigungsschutzverfahren ein am 12.7.2021 ausgestelltes Duplikat einer „ärztlichen Bescheinigung“ zur Gerichtsakte. Ferner legte er Duplikate für weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die Zeit vom 18.1. bis zum 14.2.2021 vor.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Der Kläger habe unentschuldigt gefehlt. Der Beweiswert der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei nicht abschließend erfüllt. Der Kläger habe widersprüchlich vorgetragen.

Die Entscheidung:

Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht hingegen die fristlose Kündigung für unwirksam erachtet!

I. Kündigungserklärung und Schriftform

Jede Kündigung, ob Arbeitgeber- und Eigenkündigung, muss dem Schriftformerfordernis der § 623 i.V.m. § 126 Abs. 1 BGB entsprechen. Die Kündigung muss also mit Original Schreiben und mit Original Unterschrift beim Empfänger zugehen. Jeder Verstoß gegen das Schriftformerfordernis führt zur Nichtigkeit der Kündigung, § 125 S. 1 BGB.

II. WhatsApp erfüllt nicht das Schriftformerfordernis

Eine per WhatsApp übermittelte Kündigungserklärung genügt erkennbar nicht dem Schriftformerfordernis. Die WhatsApp-Nachricht des Klägers gibt lediglich die Ablichtung der Original Unterschrift wieder. Ist die Schriftform für eine Erklärung vorgesehen, wie bei einer Eigenkündigung, wird die Erklärung erst dann wirksam, wenn sie dem anderen Teil (hier dem Arbeitgeber) auch in der gesetzlich vorgeschriebenen Form tatsächlich zugeht. Der Zugang einer Ablichtung per Foto im Rahmen einer WhatsApp-Nachricht reicht daher nicht aus. Gleiches gilt für eine Übermittlung der Kündigung z.B. per Telefax, per E-Mail als Pdf-Datei oder als SMS.

III. Verstoß gegen Treu und Glauben?

Der Arbeitgeber hatte sich hier darauf berufen, die klare Kündigung per WhatsApp und auch schon die Ausstellung eines Kündigungsschreibens führe dazu, dass sich der Arbeitnehmer hier nicht mehr auf den Formmangel der fehlenden Einhaltung der Schriftform berufen dürfe. Vielmehr verstoße dies gegen die allgemeinen Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB).

Die Formvorschrift ist aber gerade für eine Fallkonstellation wie im vorliegenden Fall eingeführt worden. Arbeitnehmer sollen vor einer unüberlegten und übereilten Kündigung geschützt werden. Zudem hatte der Arbeitnehmer die fehlende Einhaltung der Formvorschrift in seiner WhatsApp-Nachricht ausdrücklich angesprochen und angekündigt, das Original noch übermitteln zu wollen. Der Arbeitgeber konnte daher nicht erwarten, dass sich der Arbeitnehmer nicht auf den Mangel der Form berufen wird. Später hat er sich zudem entschuldigt und um Verständnis für seine familiäre Situation gebeten. Für den Arbeitgeber war daher klar erkennbar, dass der Arbeitnehmer am Arbeitsverhältnis festhalten wollte.

IV. Arbeitsunfähigkeit führt zu entschuldigtem Fehlen

Der Arbeitgeber hatte das Fehlen an den ersten beiden Tagen abgemahnt. Diese Verstöße waren damit „verbraucht“. Für das Fehlen nach den Abmahnungen hatte dann aber der Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt. Diese wurde zwar erst sehr spät im Prozess nachgewiesen. Im Gerichtsverfahren wurde aber sogar der behandelnde Arzt als Zeuge vernommen und hat die Arbeitsunfähigkeit bestätigt. Damit ist der Arbeitnehmer ab dem 11.1. nicht unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben. Er war vielmehr arbeitsunfähig erkrankt. Somit lag aber kein Grund für eine fristlose Kündigung vor.

Fazit:

Kündigungserklärungen müssen klar und eindeutig formuliert werden. Sie sind nur dann wirksam, wenn sie im Original handschriftlich unterschrieben werden. Unterschreiben muss das zuständige Vertretungsorgan als Kündigungsberechtigter. Bei Gesamtvertretung müssen mehrere Organe unterschreiben. Das Original muss dann dem Arbeitnehmer zugehen. Nur bei Einhaltung dieser Grundsätze ist die Kündigung wirksam zugegangen. Alle anderen Formen des Zugangs von Kopien, Ablichtungen oder auf elektronischem Weg sind unzulässig. Wird die Schriftform bei einer Eigenkündigung nicht gewahrt, kann der Arbeitgeber diese unwirksame Kündigung auch nicht „bestätigen“. Vielmehr muss dann eine neue Kündigung von Arbeitgeberseite ausgesprochen werden, die dann aber eines Kündigungsgrundes bedarf.


Autor: Prof. Dr. Nicolai Besgen

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