Potenziellen Mitarbeiter kann eine Teilhabe an dem zukünftigen Unternehmenserfolg ermöglicht werden, z.B. über ESOP oder über VESOP
Schuldrechtliche Modelle bieten eine flexible, weniger riskante Alternative zu gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen, es handelt sich aber lediglich um schuldrechtliche Ansprüche handelt. (credit: adobestock)

Der Arbeitsmarkt befindet sich in einem stetigen Wandel. Fachkräfte sind rar gesät und so befinden sich Unternehmen in einem ständigen „battle for talents“, um die vielversprechendsten Mitarbeiter für sich zu gewinnen. In diesem Wettkampf nimmt traditionell das in Aussicht gestellte Gehalt eine zentrale Rolle ein. Gerade in start-up Unternehmen fehlt es zumeist jedoch an den notwendigen finanziellen Mitteln, um die Wunschkandidaten mit einem wuchtigen Einstiegsgehalt anzulocken. Für sie bietet sich jedoch die Chance, die potenziellen Mitarbeiter von ihrem Unternehmen zu überzeugen und ihnen eine Teilhabe an dem zukünftigen Unternehmenserfolg zu ermöglichen. Regelmäßig erfolgt dies über die gesellschaftsrechtliche Beteiligung (ESOP = Employee Stock Option Plan) oder über schuldrechtliche Vereinbarungen, die einen ESOP „nachbauen“, den VESOP (Virtual Employee Stock Option Plan).

ESOP und dry income

Bei den gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen, dem ESOP, besteht traditionell ein steuerrechtliches Problem: Das Risiko der „dry-income“-Besteuerung. Weist das Unternehmen bereits im Zeitpunkt der Übertragung des Gesellschaftsanteils einen nicht unerheblichen Wert auf, führt die Übertragung von Geschäftsanteilen zu einem Zufluss eines geldwerten Vorteils an den Mitarbeiter, wodurch regelmäßig die Arbeitslohnbesteuerung nach § 19 EStG anfällt. Zwar hat der Gesetzgeber diese Problematik durchaus erkannt und in Form des § 19a EStG reagiert. Doch erfasst diese Norm längst nicht alle Unternehmen. Die Regelung begünstigt nur Unternehmen, die klein- und mittelständisch („KMU“) und nicht älter als 12 Jahre sind. Wer diese beiden Voraussetzungen nicht erfüllt (zu „alt“ und/oder zu „groß“), kann Mitarbeitern keine Geschäftsanteile anbieten. Die Praxis hat hierauf reagiert und Modelle entwickelt, um die Mitarbeiterbeteiligung auch für die Unternehmen attraktiv zu machen, die nicht unter § 19a EStG fallen: den Geschäftsanteil mit „negativen Liquidationspräferenzen“. Diese werden in Anlehnung an ihre britischen Vorbilder auch als „growth shares“ oder „hurdle shares“ bezeichnet. Der Zweck dieser Regelung besteht darin, dem Mitarbeiter lediglich eine Teilhabe an weiteren, zukünftigen Wertsteigerungen der Gesellschaft, nicht aber an dem zum Zeitpunkt der Gewährung bereits bestehenden Unternehmenswert zu gewähren. Dies wird dadurch erreicht, dass der Wert des Unternehmensanteils als negativer Präferenzbetrag festgelegt wird, sodass eine Ausschüttung im Falle eines Exits erst bei Überschreitung dieses Betrages erfolgt.

Damit ergeben sich allerdings steuerliche Probleme an anderer Stelle: „Negative Liquidationspräferenzen“ sind eine neue Ausprägung eines „alten“ steuerlichen Problems: Disquotale Gewinn- und Erlösverteilungen. Die Gestaltung von hurdle shares muss daher steuerlich genau begleitet werden, damit das wirtschaftlich Gewünschte auch von der Finanzverwaltung anerkannt wird.

Die Bundesregierung hat zwischenzeitlich auf die Probleme bei § 19a EStG reagiert. Das Zukunftsfinanzierungsgesetz soll Abhilfe schaffen. Das Bundekabinett hat den Gesetzesentwurf zwischenzeitlich verabschiedet. Es soll noch dieses Jahr beschlossen werden. Durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz soll der Anwendungsbereich von § 19a EStG auf „größere“ (grob: Doppelte des Jahresumsatzes und der Bilanzsumme sowie das 4-fache der Anzahl der Beschäftigten von KMU) und „ältere“ (20 Jahre) Unternehmen erweitert werden. Da aber auch nach dem Entwurf einzelne Unternehmen (noch „größer“; noch „älter“) nicht begünstigt sind, werden hurdle shares sicherlich weiterhin eine Rolle spielen.

VESOP

Wer diese Probleme vermieden möchte, greift zu dem VESOP. Im Unterschied zu den gesellschaftsrechtlichen Modellen (ESOP) wird bei dem VESOP kein Gesellschaftsanteil übertragen, sodass sich die soeben dargestellten Probleme nicht in gleicher Weise stellen. Bei einem VESOP wird der Mitarbeiter wirtschaftlich so gestellt, als sei (= virtuell) ihm ein entsprechender Gesellschaftsanteil übertragen worden.

Dies geschieht durch Einräumung eines schuldrechtlichen Zahlungsanspruchs, dessen Höhe sich nach dem Wert eines entsprechenden tatsächlichen Anteils berechnet. Auch bei schuldrechtlichen Modellen kann ein Bedürfnis bestehen, den Mitarbeiter nicht an den bisherigen, sondern ausschließlich den zukünftigen Wertsteigerungen des Unternehmens teilhaben zu lassen. Hierzu bedarf es allerdings nicht einer negativen Liquidationspräferenz. Zur Erreichung dieses Zwecks wird ein sog. fiktiver Ausgabepreis („strike price“) vereinbart. Dieser wird nach dem auf den virtuellen Anteil entfallenden Unternehmenswert im Zeitpunkt der Einräumung der virtuellen Beteiligung berechnet und zum späteren Zeitpunkt des Exits als Abzugsposten in die Berechnung des Zahlungsanspruchs berücksichtigt. Dabei wird der Zahlungsanspruch üblicherweise so ausgestaltet, dass ein negativer Saldo ausgeschlossen ist. Sinkt der Wert des Unternehmens zum Zeitpunkt des Exits unter den Wert bei Einräumung der virtuellen Anteile, so beträgt der Zahlungsanspruch des Mitarbeiters gegen die Gesellschaft schlicht null. Der Mitarbeiter nimmt also nur an Steigerungen des Unternehmenswertes Teil.   

Wenngleich schuldrechtliche Modelle eine flexible, weniger riskante Alternative zu gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen bieten, sollte nicht verkannt werden, dass es sich lediglich um schuldrechtliche Ansprüche handelt. Dies führt in praxi zu einer gewissen Unbeliebtheit, insbesondere bei ausländischen Mitarbeitern, denen aus ihrem Heimatland nur die Gewährung echter Gesellschaftsanteile bekannt ist. Im Einzelfall ist daher weiterhin abzuwägen, welchen der genannten Modelle der Vorzug zu gewähren ist.

Autoren. Dr. Andreas Menkel und Constantin Dorschu

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  • „MEYER-KÖRING ist besonders renommiert für die gesellschaftsrechtliche Beratung.“
    (JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2022)

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