
Psychotherapeuten, die gesetzlich Versicherte behandeln, unterliegen regelmäßig der sogenannten Plausibilitätsprüfung. Diese dient der Kontrolle, ob die abgerechneten Leistungen zeitlich und formal mit den rechtlichen Vorgaben und dem tatsächlichen Arbeitsvolumen vereinbar sind.
Typische Aufgreifkriterien der Prüfung
Die Prüfung erfolgt meist auf Grundlage der Quartalsabrechnungen, die an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) übermittelt wurden.
Häufige Auslöser für eine Überprüfung sind statistisch auffällige Behandlungszeiten, die anhand der sogenannten Prüfzeiten des EBM (Einheitlicher Bewertungsmaßstab) ermittelt werden:
- Überschreitung von quartalsbezogenen oder tagesbezogenen Zeitgrenzen, (z. B. > 780 Stunden/Quartal bei einem vollen Versorgungsauftrag; 390 Stunden/Quartal bei einem hälftigen Versorgungsauftrag; > 12 Stunden an mindestens drei Tagen/Quartal)
- Auffällige Häufung bestimmter Leistungsziffern
Der weitere Ablauf im Überblick
Wird eine solche Auffälligkeit erkannt, leitet die KV ein Prüfverfahren ein und informiert den Therapeuten schriftlich über den Sachverhalt. In diesem Schreiben wird dem Therapeuten Gelegenheit gegeben, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme beträgt in der Regel etwa vier Wochen.
Im nächsten Schritt bewertet die KV die vom Therapeuten abgegebene Stellungnahme. Sofern die Erläuterungen nicht ausreichen oder aus Sicht der KV keine stichhaltige Begründung vorliegt, kann es zu Honorarkürzungen oder Rückforderungen bereits ausgezahlter Vergütungen kommen.
Gegen eine belastende Entscheidung der KV kann der Therapeut Widerspruch einlegen. Sollte auch dieser zurückgewiesen werden, besteht die Möglichkeit, den Rechtsweg zu beschreiten und vor dem Sozialgericht zu klagen.
Was sollte der Psychotherapeut bei der Abgabe einer Stellungnahme bedenken?
Bei der Abgabe der Stellungnahme im Rahmen eines Plausibilitätsverfahrens sollte der Therapeut mit besonderer Sorgfalt vorgehen – denn hiervon hängt maßgeblich ab, ob etwaige Rückforderungen durch die KV vermieden oder reduziert werden können.
Umgekehrt gilt es, unbedachte Äußerungen zu vermeiden, die sich – einmal in der Welt – im weiteren Verfahrensverlauf schwer oder gar nicht wieder entkräften lassen. Auch wenn es nicht der eigenen Gemütsverfassung entsprechen mag: Emotionale Spontanaussagen wirken nicht überzeugend und schaden eher der eigenen Position.
Die Stellungnahme sollte erst abgegeben werden, wenn dem Therapeuten alle Abrechnungs- und Prüfdaten der KV aus dem relevanten Zeitraum bekannt sind und er diese sorgfältig geprüft und bewertet hat.
Hier sind die wichtigsten Punkte, auf die geachtet werden sollte:
Frist zur Stellungnahme im Blick behalten
Die Stellungnahme muss innerhalb der von der KV gesetzten Frist (meist vier Wochen) erfolgen. Wird die Frist versäumt, kann die KV auch ohne weitere Anhörung eine Entscheidung treffen – oft zulasten des Therapeuten. Ist absehbar, dass die Frist nicht eingehalten werden kann, sollte rechtzeitig ein Antrag auf Fristverlängerung gestellt werden.
Ursachen für Auffälligkeiten herausfinden und Gründe sachlich erläutern
Zunächst einmal kommt es darauf an, die Ursachen der Abrechnungsauffälligkeiten herauszufinden. Grundlage dieser Prüfung sind die von der KV erstellten Tageszeit- und Quartalszeitprofile, die Abrechnungsbestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) sowie des Bundesmantelvertrages der Ärzte.
Häufig sind aus Sicht der KV die abgerechneten Leistungen in Bezug auf erbrachte Gruppentherapien (gruppentherapeutische Leistungen) erläuterungsbedürftig, deren komplexe Abrechnungsmöglichkeit je nach Größe und Zusammensetzung der Gruppen im therapeutischen Alltag eine Herausforderung darstellt. Daneben stellt sich manchmal die Frage nach der zulässigen Delegierbarkeit von Leistungsbestandteilen, beispielsweise im Rahmen der psychodiagnostischen Testverfahren (EBM 35600-35602). Schließlich steht auch häufig infrage, ob die obligaten Abrechnungsbestandteile des EBM erfüllt wurden, beispielsweise bei der Abrechnung der Biographischen Anamnese (EBM 35140).
Es empfiehlt sich, die Ursachen anhand konkreter Zahlen, Daten und Abläufe zu erklären. Erforderlichenfalls sollten getätigte Aussagen durch Behandlungsdokumentationen, Kalenderaufzeichnungen, Therapieverläufe oder andere Nachweise belegt werden können.
Besonderheiten
Sonderkonstellationen – etwa Krankheitsvertretungen, Akutfälle, besonders belastete Zeiträume oder Praxisbesonderheiten (z. B. Versorgung in unterversorgten Regionen) – sollten nachvollziehbar erläutert und gegebenenfalls durch Patientenlisten oder Absprachen mit Kollegen belegt werden.
Wie lassen sich Regressrisiken für Psychotherapeuten verringern?
Um Risiken einer Rückforderung zu vermeiden, sollten Psychotherapeuten folgende Punkte stets im Blick behalten:
- Gute Dokumentation: Jede Sitzung nachvollziehbar dokumentieren– mit Datum, Uhrzeit, Dauer, Art der Leistung und ggf. besonderen Umständen. Außergewöhnliche Belastungsphasen (z. B. Vertretung, Notfälle) sollten ebenso dokumentiert und begründet werden können.
- Zeitmanagement: Die tägliche Arbeitszeit muss realistisch bleiben – auch unter Berücksichtigung von Pausen, Dokumentation, Vor- und Nachbereitung.
- Kenntnis der gesetzlichen Abrechnungsvoraussetzungen: Die obligaten Leistungsbestandteile der regelmäßig erbrachten EBM-Ziffern und weiteren Abrechnungsvoraussetzungen, wie Abrechnungsgenehmigungen kennen und erfüllen:
Gerne unterstützen wir Sie bei Rückfragen oder im konkreten Prüfverfahren.
Autorin: Katrin Dell’Anna
Auszeichnungen
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Top-Kanzlei für Medizinrecht (Behandlerseite)(WirtschaftsWoche 2023, 2022, 2021, 2020)
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TOP-Wirtschaftskanzlei Deutschlands im Bereich Gesundheit & Pharmazie(FOCUS SPEZIAL 2024, 2023, 2022, 2021 - 2013)
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Top-Anwalt (Wolf Constantin Bartha) für Medizinrecht(WirtschaftsWoche 2023, 2022, 2021, 2020)
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„Eine der besten Wirtschaftskanzleien für Gesundheit und Pharmazie„(brand eins Ausgabe 23/2022, 20/2021, 16/2020)
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