17.05.2023 -
Der Arbeitgeber sollte die privaten Nutzung einer dienstlichen Tankkarte stets vertraglich regeln, da unklare Regeln zu seinen Lasten gehen.
Der Arbeitgeber sollte die privaten Nutzung einer dienstlichen Tankkarte stets vertraglich regeln, da unklare Regeln zu seinen Lasten gehen (credits:adobestock).

Die Beeinträchtigung der Vermögensinteressen des Arbeitgebers rechtfertigt regelmäßig eine fristlose Kündigung. Dies gilt vor allem bei Diebstahl und Unterschlagung. Schwieriger ist aber die Beurteilung, wenn sich die Vereinbarungen und Verhältnisse im Laufe des Arbeitsverhältnisses ändern und die Parteien keine neuen Regelungen getroffen haben. Einen solchen Fall hatte das Landesarbeitsgericht Köln zu entscheiden (LAG Köln v. 18.1.2022, 4 Sa 329/21). Die Entscheidung macht einmal mehr deutlich, dass unklare Regelungen stets zu Lasten der Arbeitgeberseite gehen.

Der Fall (verkürzt):

Der Arbeitnehmer war bei dem beklagten Autohaus bereits seit 1. November 2001 beschäftigt. Seit dem Jahre 2017 wurde er als Betriebsleiter beschäftigt. Anlässlich der Übertragung dieser Position erhielt der Kläger aus dem Fahrzeugpool ein Dienstfahrzeug und eine eigene Tankkarte. Diese wurde auch zur privaten Nutzung verwendet.

Die übrigen Mitarbeiter müssen sich an eine Dienstanweisung zur „Benutzung von Vorführfahrzeugen, Firmen- und Kundenfahrzeugen“ halten. Dort ist u.a. geregelt, dass die Firmenfahrzeuge immer voll betankt zurückgegeben werden müssen. Zur Abrechnung muss die Firmentankkarte verwendet werden. Die Tankkarte darf keinesfalls für private Betankungen genutzt werden.

Seit der Kündigung des Werkstattleiters Anfang 2020 übernahm der Kläger die Leitung der Werkstatt und führte die Position des Betriebsleiters nicht mehr fort. Dazu räumte er seinen Arbeitsplatz als Betriebsleiter und erhielt einen Arbeitsplatz in der Werkstatt. Gleichzeitig stellte der Arbeitgeber dem Kläger keinen Dienstwagen mehr zur Verfügung. Allerdings verblieb die dem Kläger überlassene Tankkarte weiter bei ihm.

Der Kläger nutzte die Tankkarte weiter und tankte auch unterschiedliche Kraftstoffe. Zudem nutzte er die Tankkarte für die Bezahlung von Autoreinigungen. Zuletzt betankte der Kläger am 12. September 2020 sein privates Wohnmobil mit 174,54 l Diesel.

Der Arbeitgeber kündigte im Anschluss das Arbeitsverhältnis mehrfach fristlos und stützte die Kündigungen auf die unzulässige Nutzung der Tankkarte zu privaten Zwecken.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe die Vermögensinteressen des Arbeitgebers zu seinen Gunsten beeinträchtigt, in dem er nicht nur den an die Stelle des ihm ursprünglich überlassenen Pool-Fahrzeugs seinen Privat-PKW betankt habe, sondern sogar auch andere Kraftfahrzeuge. Eine uneingeschränkte private Nutzung der Tankkarte sei nicht vereinbart worden. Mangels vertraglicher Absprachen habe er daher nicht davon ausgehen können, dass er auch andere Kraftfahrzeuge auf Kosten seines Arbeitgebers habe betanken dürfen, insbesondere kein Wohnmobil.

Die Entscheidung:

Im Berufungsverfahren hat hingegen das Landesarbeitsgericht die Kündigungen für unwirksam erachtet, dem Kläger einen Weiterbeschäftigungsanspruch zugestanden und den von ihm gestellten Auflösungsantrag abgewiesen.

Unzulässige Nutzung der Tankkarte?

Unstreitig dürfte der Kläger während seiner Tätigkeit als Betriebsleiter die Tankkarte auch zu privaten Zwecken nutzen. Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht die fehlenden vertraglichen Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers ausgelegt. Der Arbeitgeber hätte im Hinblick auf die monatlichen Abrechnungen ersehen können, dass die Tankkarte weitergenutzt wurde. Von daher konnte von einer heimlichen Nutzung keine Rede sein. Der Arbeitgeber habe daher die Pflicht gehabt, die einzelnen Rechnungen zu prüfen.

Das Gericht hat zwar zugestanden, dass der Kläger die Tankkarte nicht für die Betankung seines Wohnmobils nutzen dürfte. Ohne eine besondere Regelung wäre bei verständiger Würdigung davon auszugehen, dass jedenfalls ein Wohnmobil nicht hätte betankt werden dürfen. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht diesen Pflichtenverstoß nicht für so gravierend gehalten, dass nicht vorrangig eine Abmahnung für diesen Verstoß hätte ausgesprochen werden müssen. Es sei nicht erkennbar, warum der Kläger nicht sein Verhalten nach Ausspruch einer Abmahnung hätte ändern sollen. Dies ergebe sich auch aus der allgemeinen Interessenabwägung.

Im Ergebnis hat daher das Gericht die außerordentliche Kündigung und gleichzeitig auch die hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen nicht für wirksam erachtet.

Fazit

Das Gericht hat zwar seine Entscheidung über viele Seiten äußerst ausführlich begründet. Im Ergebnis ist aber das Urteil nicht überzeugend. Arbeitgeber überlassen ihren Mitarbeitern eine Tankkarte nicht für die ausschließliche private Nutzung, sondern natürlich zur Nutzung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses. Bei überlassenen Dienstfahrzeugen ist die gleichzeitig zugelassene private Nutzung üblich. Entfällt aber jegliche Berechtigung, ein Dienstfahrzeug zu fahren und wird auch das Dienstfahrzeug zurückgegeben, fehlt es an der fortbestehenden Abrede. Weshalb ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter in vollem Umfange die private Nutzung einer Tankkarte, sogar für verschiedene Fahrzeuge und Tanksorten, zugestehen sollte, ist nicht ersichtlich. Dennoch macht auch diese Entscheidung einmal mehr deutlich, dass nur klare Regelungen zum gewünschten Erfolg führen. Dem Arbeitgeber war dabei tatsächlich vorzuwerfen, dass er über längere Zeit die weitere Nutzung der Tankkarte nicht geprüft hatte. Klare Regeln verhindern Rechtsnachteile. An diesen Grundsatz sollte sich daher jeder Arbeitgeber halten.

Autor: Nicolai Besgen

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