24.04.2023

Steuerschädlicher Verkauf an den geschiedenen Ehepartner und andere vermeidbare Fehler

Die Übertragung von Immobilien nach Trennung und Scheidung an den geschiedenen/ getrennten Partner löst oft eine Spekulationssteuer oder Spekulationsgeschäft aus. (credit: adobestock)

Die Übertragung von Immobilien oder Miteigentumsanteilen an Haus und Wohnung nach Trennung und Scheidung an den geschiedenen Ehepartner löst immer wieder ungewollt ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft aus, landläufig auch als Spekulationssteuer oder Spekulationsgeschäft bezeichnet.

Das gilt nicht nur bei einer Übertragung zur Abgeltung des Zugewinnausgleichsanspruchs (entgeltliches Geschäft!). Auch der Verkauf an den geschiedenen Ehepartner, der das Haus oder die Wohnung weiterhin mit den gemeinsamen Kindern bewohnt, löst bei unüberlegter Übertragung die sogenannte Spekulationssteuer aus. Das hat soeben der BFH (Urteil vom 14.02.2023, IX R 11/21) bestätigt.

Hinweis: Es stehen regelmäßig genug Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung, um die Spekulationssteuer zu vermeiden (s.u. Ziffer III.).

I. Der Fall:

Ehemann E hatte zusammen mit seiner früheren Ehefrau F im Jahr 2008 ein Einfamilienhaus erworben und dieses zunächst mit ihrem gemeinsamen Kind bewohnt. Nachdem die Ehe in die Krise geriet, zog der Ehemann 2015 aus dem Objekt aus. Die Ehefrau verblieb mit dem gemeinsamen Kind in der Immobilie. Anschließend wurde die Ehe geschieden.

Im Rahmen der streitigen Vermögensauseinandersetzung veräußerte E im Jahr 2017 seinen hälftigen Miteigentumsanteil an F. Diese nutzte die Immobilie weiterhin mit dem gemeinsamen Kind zu eigenen Wohnzwecken.

Das Finanzamt unterwarf den Gewinn aus der Veräußerung des Miteigentumsanteils der Einkommensteuer. Klage und Revision beim BFH hatten keinen Erfolg.

II. Aus den Entscheidungsgründen

Privates Veräußerungsgeschäft

Durch den Verkauf des hälftigen Miteigentumsanteils an F hat E steuerpflichtige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften gemäß § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG erzielt. Dazu gehören Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken (auch Erbbaurecht), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Das war hier der Fall.

Kein Befreiungstatbestand

§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nimmt Grundstücke, die

  • im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (1. Alternative) oder
  • im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken (2. Alternative)

genutzt wurden, von der Besteuerung aus.

E persönlich hat beide Befreiungsmöglichkeiten „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ nicht erfüllt. Aber Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt auch dann vor, wenn E das Objekt unterhaltsberechtigten Kindern, die nach § 32 EStG zu berücksichtigen sind, unentgeltlich zur Nutzung überlässt. Das war hier bis zum Zeitpunkt des Verkaufs eigentlich der Fall.

Aber Achtung: Schädliche Mitbenutzung durch Dritte!

  • Überlässt der Steuerpflichtige die Wohnung nicht ausschließlich einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kindern unentgeltlich zur Nutzung, sondern zugleich einem Dritten (z.B. der Kindesmutter bzw. dem Kindesvater), liegt keine begünstigte Nutzung des Steuerpflichtigen zu eigenen Wohnzwecken vor.

Damit lag im Streitfall eine schädliche Mitbenutzung des Einfamilienhauses durch die geschiedene Ehefrau F vor. Diese steht der Zurechnung der Nutzung durch das einkommensteuerlich zu berücksichtigende Kind entgegen.

III. Fazit und Empfehlung

Die sogenannte Spekulationssteuer lässt sich in Fällen von Trennung und Scheidung im Prinzip recht einfach vermeiden, Wille und Bereitschaft der Ehegatten zu einer wirtschaftlich vernünftigen Lösung vorausgesetzt.

  • Unproblematisch sind Verkauf und Übertragung des Miteigentumsanteils oder des ganzen Familienheims vor der Scheidung und vor dem Auszug bzw. im Jahr des Auszugs des weichenden Ehegatten. Es greift dann die Freistellung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG.
  • Schenkung vor der Scheidung. Die unentgeltliche Übertragung des Miteigentumsanteils, die kraft gesetzlicher Anordnung auf einen späteren Zugewinnausgleichsanspruch angerechnet wird (§ 1380 BGB), dürfte rechtssystematisch nicht rückwirkend in eine entgeltliche Übertragung umqualifiziert werden. Hierfür fehlt eine einkommensteuerliche Rechtsgrundlage. Leider fehlt auch eine einschlägige Rechtsprechung, so dass diese Gestaltung leider mit Unsicherheiten behaftet ist.

Schenkungsteuer fällt wegen der sachlichen Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG jedenfalls nicht an.

  • Wird die Übertragung zeitlich bis zum Ablauf der Zehnjahresfrist hinausgeschoben, entfällt die Steuerpflicht.
  • Wird bis zum Ablauf der Zehnjahresfrist nur ein einseitig bindendes Angebot abgeben, das erst nach Ablauf der Zehnjahresfrist angenommen werden kann, wird kein privates Veräußerungsgeschäft verwirklicht. Das Angebot kann zusätzlich mit einer Eigentumsvormerkung im Grundbuch abgesichert werden.
  • Die bloße Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung im Kaufvertrag ist hingegen steuerschädlich.
  • Auch die Übertragung eines Miteigentumsanteils zur Abgeltung der entstandenen Zugewinnausgleichsforderung oder von Unterhaltsansprüchen ist steuerschädlich.
  • Die Übertragung eines Miteigentumsanteils unter Wert, also bei Teilentgeltlichkeit, ist zumindest bezogen auf den entgeltlichen Teil steuerschädlich.
  • Der Tausch von Miteigentumsanteilen an Immobilien ist regelmäßig steuerschädlich.

Vereinbarungen anlässlich Trennung und Scheidung, mit denen Grundstücke übertragen werden, sollten ganz grundsätzlich auf mögliche Steuerfolgen des § 23 EStG überprüft werden. Im Zweifel sollte ein Fachanwalt für Steuerrecht oder ein Steuerberater hinzugezogen werden.

Autor: Andreas Jahn

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2022/2023)

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2017-2021)

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