23.09.2025 -
Instagram und Co.: Zulässigkeit von „Vorher-Nachher“-Bildern als Werbung für ästhetische Schönheitseingriffe (credits: adobestock).

Das Werben mit „Vorher-Nachher“-Bildern auf Social Media bei rein ästhetischen Schönheitsoperationen ist verboten. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 31.07.2025 (Az. I ZR 170/24) entschieden, dass die Werbung für kosmetische Behandlungen wie Hyaluronsäure- oder Botoxinjektionen mit Vorher-Nachher-Bildern unzulässig ist, sofern der Eingriff nicht medizinisch indiziert ist, sondern aus rein ästhetischen Gründen erfolgt. Das Problem: Die Darstellungen blenden die individuelle Beschaffenheit des Körpers und daraus resultierende Unterschiede in den Behandlungsergebnissen aus.

Hintergrund des Rechtsstreits

Damit bestätigte der BGH das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm aus der Vorinstanz (Az. I-4 UKl 2/24). Das OLG hatte zuvor entschieden, dass das Injizieren von Botox oder Hyaluronsäure aus nicht medizinischen Gründen unter das Werbeverbot des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) fällt.

Auf Unterlassung geklagt hatte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gegen das auf ästhetische Medizin spezialisierte Unternehmen „Aesthetify GmbH“ der prominenten Gründer „Dr. Rick & Dr. Nick“. Die beiden Influencer mit großer Reichweite betreiben mehrere Praxen zur ästhetischen Behandlung und bieten unter anderem medizinisch nicht indizierte Maßnahmen zur Lippenformung, Nasenkorrektur und Kinnaufbau durch Unterspritzung mit Fillern auf Hyaluronsäurebasis sowie dem Muskelrelaxans Botulinumtoxin (Botox) an. In den sozialen Medien wie Instagram oder TikTok warb das Unternehmen der beiden Influencer mit Bildern und Videos, die Kunden sowohl vor als auch nach dem Eingriff zeigten, insbesondere nach der Unterspritzung mit Fillern oder Botox. Dem hat der BGH nun einen Riegel vorgeschoben, indem er die gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegte Revision des Unternehmens als unbegründet zurückwies.

Ist das Unterspritzen des Gesichts mit Hyaluron bereits ein operativer plastisch-chirurgischer Eingriff?

Die zentrale Frage des Rechtstreits war, ob es sich bei der Unterspritzung des Gesichts zur Veränderung von Form oder Gestalt mit Hyaluronsäure bereits um einen operativ plastisch-chirurgischen Eingriff zur Veränderung des menschlichen Körpers ohne medizinische Notwendigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 lit. c HWG handelt. Bislang war umstritten, ob hierunter auch nicht-operative, minimalinvasive Verfahren fallen.

Der BGH hat nun klargestellt, dass dem Anwendungsbereich des Werbeverbots auch medizinisch nicht indizierte Eingriffe unterfallen, die nicht etwa mittels Skalpell durchgeführt werden. Unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Werbeverbots komme es nicht auf das Instrument an, mit denen Form- und Gestaltveränderungen an Organen oder der Körperoberfläche vorgenommen werden.

Zweck des Heilmittelwerbeverbots: Gesundheits- und Verbraucherschutz

Das Werbeverbot diene gerade dem Zweck, die Bevölkerung vor Gesundheitsschäden und Risiken zu schützen, die mit nicht medizinisch notwendigen schönheitschirurgischen Eingriffen verbunden seien. Auch nach dem Willen des Gesetzgebers sollen gerade auch Schönheitsoperationen zum Verbraucherschutz in den Anwendungsbereich des Heilmittelwerberechts einbezogen werden, um suggestive und irreführende Werbung hierfür zu verbieten, die Entscheidungsfreiheit zu schützen und zu vermeiden, dass sich Personen – hier sicherlich auch das vornehmlich junge Publikum auf Social Media – unnötigerweise den mit solchen Eingriffen verbundenen Gesundheitsrisiken aussetzen (vgl. Bundestags-Drucksache 15/4117, S. 7). Diese unsachliche Beeinflussung sei umso weniger hinzunehmen, wenn die Risiken des Eingriffs durch keinerlei medizinische Vorteile aufgewogen würden.

Auch minimalinvasive Eingriffe unterfallen dem Werbeverbot

Das Unternehmen von „Dr. Rick & Dr. Nick“ hatte erfolglos argumentiert, dass § 1 Abs. 1 Nr. 2 lit. c HWG nur invasive medizinische, von Fachärzten der plastischen Chirurgie unter Narkose durchgeführte Eingriffe fallen, bei denen Gewebe durchtrennt oder manipuliert werde.

Doch bereits nach dem Wortlaut, so der BGH in Fortführung der obergerichtlichen Rechtsprechung, handele es sich um einen operativ plastisch-chirurgischen Eingriff, wenn mittels einer Kanüle in den menschlichen Körper eingegriffen und seine Form und Gestalt durch das Injizieren einer Substanz (hier Hyaluron oder Hyaluronidase) verändert werde. Unerheblich sei es dabei, ob die Veränderung des Körpers dauerhaft und irreversibel sei oder die entsprechenden Substanzen vom Körper wieder abgebaut werden. Das Unternehmen hatte im Verfahren selbst vorgetragen, dass es bei den beworbenen Eingriffen zu Nebenwirkungen wie Schmerzen, Schwellungen, blauen Flecken oder Rötungen sowie in seltenen Fällen auch zu Infektionen, allergischen Reaktionen oder Embolien kommen könne. Gerade diese Nebenwirkungen hatte schon das OLG zum Anlass genommen, auch solche Eingriffe unter das Werbeverbot zu fassen.

Das beklagte Unternehmen werde nach Ansicht des BGH auch nicht in unverhältnismäßiger Weise in seiner grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit aus Art. 12 GG beschränkt, da das

Werbeverbot zunächst die Berufsausübung selbst gar nicht beschränke und die Regelung mit dem Gesundheitsschutz auch einem gewichtigen Gemeinwohlzweck diene. Das gelte auch entsprechend für die behauptete Verletzung der Meinungsfreiheit.

Was bleibt?

Der BGH hat den Verbraucher- und Gesundheitsschutz mit seiner Entscheidung ausdrücklich gestärkt. Das Urteil zwingt Anbieter ästhetischer und kosmetischer Eingriffe – ganz gleich, mit welchem Instrument sie durchgeführt werden – zu Sachlichkeit und Aufklärung und verbietet teils reißerische Werbeaufnahmen in den sozialen Medien. Wer weiterhin mit solchen Aufnahmen wirbt, riskiert jedenfalls eine Abmahnung.

Gänzlich verboten sind vergleichende Vorher-Nachher-Bilder damit aber nicht. Im ärztlichen Beratungsgespräch können Ärzte ihren Patienten weiterhin anhand solcher Fotos die Chancen und Risiken eines Eingriffs aufzeigen.


Autor: Julian Behrens

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