03.03.2023
Wandeldarlehen erfreuen sich bei Start-Ups großer Beliebtheit.
Wandeldarlehensverträge erfreuen sich bei Start-Ups großer Beliebtheit (credit:adobestock)

Wandeldarlehensverträge erfreuen sich großer Beliebtheit, insbesondere im Venture Capital Bereich (VC). Bei Start-Ups im frühen Bereich (early stage) ist das Wandeldarlehen häufig die erste Fremdfinanzierung des Start-Ups. Investoren schließen auf Messen oder auf Pitches mit den Start-Ups vorformulierte Wandeldarlehensverträge ab, um den Start-Ups eine erste Finanzierung zu ermöglichen. Bei einem Wandeldarlehen gewährt ein – regelmäßig externer – Darlehensgeber dem Darlehensnehmer – im VC-Bereich dem Start-Up – ein Darlehen. Wie jedes andere Darlehen muss der Darlehensnehmer die Darlehensvaluta zuzüglich der vereinbarten Zinsen wieder zurückzahlen. Der Darlehensgeber hat allerdings unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, anstelle einer Rückzahlung der Darlehenssumme, eine Kapitalerhöhung zu verlangen, dabei Geschäftsanteile der Gesellschaft zu einer vorher festgelegten Bewertung der Gesellschaft zu erwerben und den Darlehensrückzahlungsanspruch als weitere Zuzahlung in das Kapitalvermögen der Gesellschaft einzubringen. Typischer Wandlungsfall ist regelmäßig eine zukünftige „richtige“ Finanzierungsrunde. Im VC-Bereich hat dies Vorteile für alle Seiten. Die Gründer/das Start-Up erhalten zu einem sehr frühen Zeitpunkt eine Finanzierung, ohne dass eine Bewertung der Gesellschaft durchgeführt werden muss. Der Darlehensgeber wiederum erhält einen Discount auf eine zukünftige Bewertung der Gesellschaft und kann sich dadurch „günstiger“ in die Gesellschaft einkaufen als zukünftige Investoren. Nach bisheriger Praxis wurden diese Wandeldarlehensverträge nur schriftlich abgeschlossen, dagegen nicht notariell beurkundet, obwohl sie „Verpflichtungen“ zur Erhöhung des Stammkapitals bei der Gesellschaft und zur Übernahme von Geschäftsanteilen aufgrund der Kapitalerhöhung durch den Darlehensgeber vorsehen.

Diese gesicherte Praxis könnte durch ein Urteil des OLG Zweibrücken vom 17. Mai 2022 – 8 U 30/19 –ins Wanken geraten. Das OLG Zweibrücken hat in dem Urteil bei dem dortigen Wandeldarlehen eine notariell aufgenommene oder beglaubigte Erklärung des Darlehensgebers bei dem Wandeldarlehen verlangt und – allerdings nicht in den entscheidungserheblichen Gründen – die Auffassung vertreten, dass eine Wandeldarlehensvereinbarung mit der GmbH eine Satzungsänderung darstelle, die gemäß § 53 GmbHG notariell zu beurkunden sei. Tatsächlich ging es in dem Urteil des OLG Zweibrücken vom 17. Mai 2022 noch nicht einmal schwerpunktmäßig um die Wandeldarlehen. Das OLG Zweibrücken hatte vielmehr darüber zu entscheiden, ob ein Geschäftsführer gemäß § 64 GmbH-Gesetz alte Fassung haftet. In diesem Zusammenhang hat das OLG Zweibrücken über die Wandeldarlehen entschieden.

Die Entscheidung:

Bedauerlicherweise war der Sachverhalt in der Entscheidung des OLG Zweibrücken nicht besonders aussagekräftig. Danach schloss die Gesellschaft Ende 2015 zwei privatschriftliche Wandeldarlehensverträge über EUR 100.000 mit einer Privatperson sowie mit einer B AG (Aktiengesellschaft nach Schweizer Recht). Die Wandeldarlehensverträge sahen jeweils unter einer Nr. 5.1 eine Wandlungspflicht für den Fall einer Kapitalerhöhung mit einem Mittelzufluss in Höhe von mindestens EUR 1 Mio. und unter Nr. 5.2 ein jederzeitiges Wandlungsrecht der Darlehensgeber bis zum Ablauf der vereinbarten Darlehenslaufzeit am 31. Dezember 2018.

Das OLG Zweibrücken hat wegen der Regelung unter Nr. 5.1 des Darlehensvertrages – einer Wandlungsverpflichtung des Darlehensgebers für den Fall einer Kapitalerhöhung mit Mittelzufluss von mindestens EUR 1 Mio. – Formnichtigkeit des Darlehensvertrages gemäß § 125 BGB i.V.m. § 55 Abs. 1 GmbHG angenommen. Gemäß § 125 BGB sind Verträge, welche die gesetzlichen Formvorschriften nicht einhalten, nichtig. Gemäß § 55 Abs. 1 GmbHG bedarf es zur Übernahme eines Geschäftsanteils bei einer Kapitalerhöhung einer „notariell aufgenommenen oder beglaubigten Erklärung des Übernehmers“. Keiner der beiden Darlehensgeber enthielt eine solche notariell beurkundete oder beglaubigte Erklärung. Die Wandlungspflicht des Darlehensgebers stellt aus Sicht des OLG Zweibrücken eine Verpflichtung des Darlehensgebers zur Übernahme von Geschäftsanteilen dar. Eine solche Verpflichtung könne ein Übernehmer nur in notariell beurkundeter oder jedenfalls beglaubigter Erklärung übernehmen. Diese Gesichtspunkte gelten jedenfalls dann, wenn – wie in dem Fall des OLG Zweibrücken – der Darlehensgeber und zukünftige Übernehmer von Gesellschaftsanteilen nicht bereits Gesellschafter des Darlehensnehmers ist. Dies war bei beiden Darlehensgebern der Fall.

In den sog. nicht tragenden Gründen der Entscheidung hat sich das OLG Zweibrücken noch mit der Frage auseinandergesetzt, ob möglicherweise das „gesamte“ Wandeldarlehen wegen § 53 Abs. 2 GmbHG formnichtig sei. Gemäß § 53 Abs. 2 GmbHG muss ein satzungsändernder Beschluss notariell beurkundet werden. Eine Kapitalerhöhung ist immer auch zugleich eine Satzungsänderung. Die Wandeldarlehensverträge sahen vor, dass die Darlehensnehmerin (die K GmbH) unter bestimmten Voraussetzungen verbindlich eine Kapitalerhöhung durchführen muss. Wegen dieser Verbindlichkeit zu einer Kapitalerhöhung und damit zu einer Satzungsänderung „spreche Vieles“ (so das OLG Zweibrücken) für die Formnichtigkeit der beiden Wandeldarlehensverträge.

Empfehlung für Wandeldarlehensverträge:

Die Entscheidung des OLG Zweibrücken hat jetzt schon für erheblichen Wirbel gesorgt. Ob es bei der Ansicht des OLG Zweibrücken bleibt, ist noch nicht ausgemacht. Das Revisionsverfahren ist beim Bundesgerichtshof (BGH) anhängig. Wie der BGH die Rechtslage einschätzt, muss abgewartet werden. Bedenken könnten sich daraus ergeben, dass die notarielle Form nur bei dem „Übernahmevertrag“ gemäß § 55 Abs. 1 GmbH-Gesetz von Gesetzes wegen vorgeschrieben ist; und auch nur bei der Erklärung des Übernehmers, dagegen nicht bei der Annahmeerklärung der Gesellschaft. Das Wandeldarlehen könnte ohne weiteres als ausschließlich schuldrechtliche Vereinbarung angesehen werden, auf Grund dessen der Darlehensgeber bei Vorliegen der Wandlungsvoraussetzungen die durch die Kapitalerhöhung geschaffenen neuen Geschäftsanteile zu übernehmen und den Übernahmevertrag zu zeichnen hat. Einzelheiten wird der BGH klären.

Bis zu einer möglicherweise klärenden Entscheidung des BGH muss mit der Entscheidung des OLG Zweibrücken gearbeitet werden. Soweit Wandeldarlehen daher eine Wandlungspflicht und nicht nur ein Wandlungsrecht des Darlehensgebers vorsehen, sollte, alleine schon aus Gründen der Vorsorge, die Erklärung des Darlehensgebers notariell beurkundet oder beglaubigt werden. Für die VC-Praxis relevanter könnten aber noch die (nicht tragenden) Ausführungen des OLG Zweibrücken zu der Beurkundungspflicht von Wandeldarlehen insgesamt werden, wenn sich der Darlehensnehmer (die Gesellschaft) zu einer Kapitalerhöhung verpflichtet. Bei „Einheits-Wandeldarlehen“, in denen sowohl der Darlehensvertrag, die Wandelabrede als auch die Verpflichtung zur Kapitalerhöhung enthalten ist, könnte sich eine notarielle Beurkundung aus Sicherheitsgründen anbieten. Dies würde allerdings zu erheblichen Kosten für die Gesellschaft führen und damit dieses Finanzierungsinstrument insgesamt weniger attraktiv machen. Hier muss die weitere Entwicklung abgewartet werden.

Autor: Dr. Andreas Menkel

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