09.01.2024 -
In einem Rechtsstreit über die Zahlung von Weihnachtsgeld für mehrere Jahre hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) sich zuletzt wieder eingehend damit beschäftigt, auf welche Weise Arbeitsbedingungen durch betriebliche Übung zustande kommen können.
Möchte der Arbeitgeber bei der Zahlung einer Sondervergütung – hier ein Weihnachtsgeld – keine Bindung für die Zukunft eingehen, genügt nicht die Bezeichnung einer Leistung als „freiwillig“. Erfahren Sie hier näheres! (credits:adobestock).

In einem Rechtsstreit über die Zahlung von Weihnachtsgeld für mehrere Jahre hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) sich zuletzt wieder eingehend damit beschäftigt, auf welche Weise Arbeitsbedingungen durch betriebliche Übung zustande kommen können. An dem Urteil (vom 25.1.2023 – 10 AZR 116/22) ist besonders interessant, dass das BAG erstmals – zuvor wurde dies bloß im Schrifttum vertreten – entschieden hat, dass Arbeitsbedingungen, die durch eine betriebliche Übung entstanden sind, zugleich Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB sind, die deswegen auch dem strengen Prüfungsmaßstab von Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen (§§ 305c Abs. 2, 307 ff. BGB).

Fall:

Der Arbeitnehmer erhielt seit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses 2003 stets mit dem Novembergehalt auch ein Weihnachtsgeld. Ab dem Jahr 2011 bis zum Jahr 2017 zahlte der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld in Höhe von 1500,00 € brutto aus und bezeichnete es in den Gehaltsabrechnungen als freiwilliges Weihnachtsgeld. Im Dezember 2017 erkrankte der Arbeitnehmer dauerhaft. Der Arbeitgeber zahlte ihm in den kommenden drei Jahren während der Krankheit kein Weihnachtsgeld aus, sodass der Arbeitnehmer es gerichtlich geltend gemacht hat. Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Bei dem Landesarbeitsgericht hatte wiederum der Arbeitgeber Erfolg und die Klage ist vollständig abgewiesen worden.

BAG-Entscheidung:

Das BAG hat dem Arbeitnehmer das Weihnachtsgeld aufgrund betrieblicher Übung zugesprochen. Die Bezeichnung als „freiwillige“ Leistung zeige lediglich, dass der Arbeitgeber nicht durch Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag zur Zahlung verpflichtet sei. Außerdem habe der Arbeitgeber sich nicht vorbehalten, kein Weihnachtsgeld zu zahlen, wenn in dem betreffenden Jahr aufgrund von Arbeitsunfähigkeit keine Arbeit geleistet werden kann. Die betriebliche Übung sei zwar der Auslegung zugänglich. Die Auslegung des Arbeitgebers, wonach das Weihnachtsgeld auch leistungsbezogen zu verstehen sei, verdiene aber nicht den Vorzug; denn genauso könne man die Umstände auch so verstehen, dass der Arbeitnehmer das Weihnachtsgeld auch bei Krankheit erhalte. Die daraus resultierende Unklarheit gehe zu Lasten des Arbeitgebers (§ 305c Abs. 2 BGB). Er hätte das Weihnachtsgeld zwar so ausgestalten können, dass er es bei Arbeitsunfähigkeit entsprechend kürzen darf. Hierzu hätte es aber einer Kürzungsvereinbarung im Sinne des § 4a EFZG bedurft, die es zwischen den Parteien nicht gab.

Was ist neu? / Praxistipp für Arbeitgeber:

Neu ist an der Entscheidung aber, dass nun höchstrichterlich geklärt ist, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen auch durch eine betriebliche Übung zustande kommen können. Unter Allgemeinen Geschäftsbedingungen wurden bisher generell lediglich (geschriebene) Formularbestimmungen verstanden. Zwar hat der BGH bereits entschieden, dass auch mündliche Absprachen Allgemeine Geschäftsbedingungen sein können und das BAG bisher bei der sogenannten Gesamtzusage davon ausgegangen, dass diese eine Allgemeine Geschäftsbedingung ist. Im Fall der betrieblichen Übung gibt es aber normalerweise überhaupt keine Absprachen. Sie entsteht lediglich durch das Arbeitgeberverhalten. Auch dieses konkrete Verhalten sieht das BAG nun allerdings als in den Arbeitsvertrag eingegangene Vertragsbedingung an.

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass sehr genaue Klarstellungen erforderlich sind, wenn der Arbeitgeber bei der Zahlung einer Sondervergütung – hier ein Weihnachtsgeld – keine Bindung für die Zukunft eingehen will.

Aus dem Urteil geht hervor, dass die reine Bezeichnung einer Leistung als „freiwillig“ nicht genügt, um eine Bindung auszuschließen. Vielmehr sollte der Arbeitgeber genau diesen Gesichtspunkt ausdrücklich aufgreifen, indem er eine Formulierung wählt, aus der hervorgeht, dass er sich mit der Zahlung des Weihnachtsgeldes nicht für die Zukunft binden will, also vom Arbeitnehmer kein Anspruch aus der Zahlung abzuleiten ist.


Autor: Christian Hrach

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