Der Fall:

Der Erblasser war iranischer Staatsangehöriger, lebte jedoch seit Anfang der 50er Jahre in Deutschland. Ein Testament hatte er nicht errichtet. Die Klägerin war seine Ehefrau, mit der er fünf gemeinsame Kinder hatte. Die Kinder stritten sich mit der Ehefrau um die Erbquote. Die Kinder waren der Auffassung, der Ehefrau stünde nur ¼ am beweglichen Nachlass zu, während die Ehefrau ¾ des Gesamtnachlasses beanspruchte.

Grundsätzlich anwendbar war iranisches Erbrecht, da sich die Rechtsnachfolge von Todes wegen nach der Staatsangehörigkeit des Erblassers richtet. Nach iranischem Recht standen der Ehefrau des Erblassers neben ihren Kindern lediglich ¼ des beweglichen Nachlasses zu. Der Ehemann hätte an ihrer Stelle dagegen ½ des gesamten Nachlasses (also auch der Immobilien) erhalten.

Dieses Ergebnis korrigierte das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 19.12.2008 – I-3 Wx 51/08. Nach deutschem Internationalen Privatrecht ist eine Rechtsnorm eines anderen Staates dann nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen  Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar ist (ordre public). Dies bedeutet, dass das ausländische Recht dann unanwendbar ist, wenn im Einzelfall das Ergebnis der Anwendung dieses Rechts zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen liegenden Gerechtigkeitsvorstellungen in einem so schwerwiegenden Widerspruch stehen, dass die Anwendung des ausländischen Rechts als untragbar angesehen werden muss. 

Die Vorinstanz war der Auffassung, diesen Anforderungen genüge eine bloße Ungleichbehandlung von Mann und Frau nicht. Das OLG stellte jedoch klar, dass die Verschiedenbehandlung von Mann und Frau nach iranischem Erbrecht gegen Art. 3 Grundgesetz in seinem menschenrechtsbezogenen Kernbereich verstößt.

Als Folge dieses Verstoßes ist jedoch nicht deutsches Recht anwendbar. Vielmehr ist die Ehefrau dem Ehemann in den Rechtsfolgen nach iranischem Recht gleichzustellen. Die Klägerin wurde damit neben ihren Kindern Erbin zu ½, wie ihr Ehemann es geworden wäre.

Die Ehefrau war der Auffassung, ihr Anteil an der Erbschaft sei im Wege des pauschalierten Zugewinnausgleichs nach § 1371 BGB um ein weiteres Viertel zu erhöhen. Für diesen Standpunkt sprach, dass deutsches Eherecht anzuwenden ist, wenn die Ehegatten ihren ständigen Aufenthalt in Deutschland haben. Es ist jedoch umstritten, ob es sich bei § 1371 BGB um eine erb- oder um eine güterrechtliche Regelung handelt. Das OLG Düsseldorf hatte sich bisher auf den Standpunkt gestellt, § 1371 BGB finde im Falle ausländischen Erbstatuts keine Anwendung.

Hier ließ das OLG offen, ob es an dieser Auffassung weiterhin uneingeschränkt festhalten will. Jedenfalls in diesem Fall scheide eine Erhöhung der Erbquote um ein weiteres Viertel aber aus, da bereits das ausländische Erbrecht zugunsten der Klägerin angepasst worden sei. Es bleibe der Klägerin jedoch unbenommen ihren Zugewinnausgleichsanspruch nach §§ 1373 ff. BGB zu beziffern und geltend zu machen.

Hinweis für die Praxis:

Auch wenn das OLG offen gelassen hat, ob er an seiner Auffassung, § 1371 BGB komme bei ausländischem Erbstatut nicht zur Anwendung, uneingeschränkt festhalten will, ist jedenfalls zu empfehlen, den Anspruch auf Zugewinn nach §§ 1373 ff. BGB rechtzeitig rechtshängig zu machen. Dieser verjährt nämlich, anders als erbrechtliche Ansprüche, bereits nach drei Jahren.

Wenn der Erblasser solche Streitigkeiten vermeiden will, sollte er also ein Testament errichten, mit dem er seiner Ehefrau den pauschalierten Zugewinnausgleich im Wege eines Vermächtnisses zuwendet.

Bei der Testamentsgestaltung für ausländische Erblasser ist auch im Übrigen zu beachten, dass die Wahl des deutschen Rechts allein nicht ausreicht. Die Wirkung der Rechtswahl ist nämlich gemäß Art. 25 Abs. 2 EGBGB auf das bewegliche Vermögen beschränkt. Hätte also der Erblasser in dem hier besprochenen Fall seiner Ehefrau ½ seiner Immobilien zukommen lassen wollen, ohne dass dazu ein langwieriger Prozess erforderlich gewesen wäre, so hätte er ein entsprechendes Vermächtnis aussetzen müssen.

Verfasserin: Dr. Susanne Sachs, Rechtsanwältin, Meyer-Köring, Bonn

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