01.04.2009

 

Am 1. November 2008 ist die GmbH-Reform in Kraft getreten. In der öffentlichen Wahrnehmung standen bislang vor allem die Neuerungen im Gründungsrecht, die Änderungen in der Finanzverfassung der GmbH oder die neue Mini-GmbH. Neben der Modernisierung der GmbH ist allerdings auch die Missbrauchsbekämpfung ein wesentlicher Aspekt des neuen Rechts. Die Änderungen in diesem Bereich werden nachfolgend vorgestellt.

 

Firmenbestattung

Mit den Regelungen zur Missbrauchsbekämpfung reagiert der Gesetzgeber auf eine in den vergangenen Jahren verstärkt zu beobachtende Tendenz des Rechtsformmissbrauchs bei der GmbH. Das Stichwort der Firmenbestattung beschreibt eine Strategie, den Gläubigerzugriff auf die GmbH in der Krise zu verhindern bzw. jedenfalls zu erschweren.

Die Firmenbestattung beinhaltet zumeist folgende Maßnahmen: Vorhandenes Gesellschaftsvermögen wird abgezogen, die Geschäftsanteile werden weiterveräußert, der Firmensitz wird verlegt, der Geschäftsführer wird abberufen oder durch einen Strohmann ersetzt, die Geschäftsadresse wird aufgegeben. Die Folgen dieser Strategie sind offensichtlich. Ohne Geschäftsadresse werden bereits Zustellungen an die Gesellschaft unmöglich gemacht, ohne Geschäftsführer gibt es niemanden, der der Verpflichtung zur Stellung eines Insolvenzantrages nachkommen könnte oder von dem Informationen zu erwarten wären.

Zur Lösung des Problems beinhaltet die GmbH-Reform Änderungen an ganz verschiedenen Stellen im Gesetz:

Bestellungshindernisse

Bereits nach bisherigem Recht gab es bestimmte persönliche Voraussetzungen, die der Geschäftsführer einer GmbH zu erfüllen hatte, anderenfalls er das Amt nicht übernehmen konnte. So sprachen die Einrichtung einer Betreuung in Vermögensangelegenheiten nebst Einwilligungsvorbehalt, ein Berufs- oder Gewerbeverbot oder eine Verurteilung wegen Bankrottstraftaten gegen die Übernahme der Geschäftsführung.

Diese Liste der Bestellungshindernisse ist jetzt deutlich erweitert worden. Geschäftsführer kann nach neuem Recht auch nicht sein, wer wegen der folgenden vorsätzlich begangenen Straftaten verurteilt worden ist:

Abgesichert wird die Einhaltung der Bestellungshindernisse durch eine neu ins Gesetz eingefügte Haftungsvorschrift, die die Gesellschafter betrifft. Diese haften, wenn sie einer hierfür nicht geeigneten Person die Geschäftsführung überlassen.

Insolvenzantragspflicht der Gesellschafter

Geschäftsführer sind verpflichtet, spätestens drei Wochen nach Auftreten eines Insolvenzgrundes – Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung – Insolvenzantrag zu stellen. Im Fall der Führungslosigkeit – Fehlen eines Geschäftsführers – sind nunmehr auch die Gesellschafter der GmbH verpflichtet, binnen drei Wochen nach Eintritt des Insolvenzgrundes Insolvenzantrag zu stellen, es sei denn, sie haben vom Insolvenzgrund oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis. Verletzen die Gesellschafter diese Pflicht, so haften sie ggf. sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich.

Erweiterung der Massesicherungspflicht

Der Geschäftsführer haftet für Zahlungen, die er nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Feststellung der Überschuldung leistet und die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind. Die Haftung des Geschäftsführers ist durch die GmbH-Reform zeitlich vorverlagert worden bei Zahlungen an Gesellschafter, die zur Zahlungsunfähigkeit führen mussten. Begann die Haftung nach bisherigem Recht erst nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Feststellung der Überschuldung, so greift die Haftung jetzt bereits ein, wenn Zahlungen zur Zahlungsunfähigkeit führen müssen. Dies allerdings zum einen nur dann, wenn die Zahlung an einen Gesellschafter erfolgt, zum anderen nur dann, wenn der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bei Beachtung der Sorgfalt des ordentlichen Geschäftsmanns erkennbar war.

Zustellungserleichterungen

Da bei Firmenbestattungen in der Vergangenheit die Rechtsverfolgung der Gläubiger bereits daran scheiterte, dass keine zustellungsfähige Anschrift vorhanden war, bringt die GmbH-Reform eine Reihe von Neuerungen im Bereich der Zustellung von Schriftstücken und des Zugangs von Willenserklärungen.

  • Bei der Anmeldung der Gesellschaft ins Handelsregister ist jetzt zwingend eine inländische Geschäftsanschrift anzugeben, die ins Handelsregister einzutragen ist. Änderungen der Geschäftsanschrift sind ebenfalls zum Handelsregister anzumelden. Eine entsprechende Verpflichtung bestand zwar bereits bisher. Ein Verstoß hiergegen war allerdings nur unzureichend sanktioniert, die Geschäftsanschrift wurde zudem nicht Registerinhalt.
  • Die Verpflichtung zur Anmeldung einer inländischen Geschäftsanschrift gilt  im Übrigen auch für Gesellschaften, die bereits vor dem 1. November 2008 im Handelsregister eingetragen waren, wenn sie dem Handelsregister ihre Anschrift bisher nicht mitgeteilt hatten. Die Anmeldung der Geschäftsanschrift ist mit der ersten die Gesellschaft betreffenden Handelsregisteranmeldung vorzunehmen, spätestens jedoch bis zum 31. Oktober 2009.
  • Die Gesellschaft hat jetzt die Möglichkeit, außerdem eine empfangsberechtigte Person mit einer inländischen Anschrift ins Handelsregister eintragen lassen. Besondere persönliche Voraussetzungen knüpft das Gesetz nicht an diese Person; denkbar sind etwa ein Gesellschafter oder auch der Steuerberater der Gesellschaft. Diese Option mag dann interessant sein, wenn die dauerhafte Eignung der eingetragenen Geschäftsanschrift für Zustellungen zweifelhaft ist und die Gefahr von öffentlichen Zustellungen vermieden werden soll.
  • Erweitert wird die Möglichkeit der öffentlichen Zustellung. Ist eine Zustellung weder an der eingetragenen Anschrift noch unter einer im Handelsregister eingetragenen Anschrift einer für Zustellungen empfangsberechtigten Person oder einer ohne Ermittlungen bekannten anderen inländischen Anschrift möglich, so kann die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Entsprechendes gilt für den Zugang von Willenserklärungen.
  • Hat die Gesellschaft keinen Geschäftsführer, so wird sie für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten. Auf eine Kenntnis der Gesellschafter von der Führungslosigkeit kommt es nicht an. Sie sind unter der im Handelsregister eingetragenen inländischen Geschäftsanschrift zu erreichen.

 

Fazit

Die Neuerungen im GmbH-Recht zur Missbrauchsbekämpfung sind zu begrüßen. Die erweiterten Bestellungshindernisse verhindern die Bestellung erkennbar ungeeigneter Geschäftsführer. Gesellschaftsgläubigern wird die Verfolgung ihrer Ansprüche jedenfalls formal erleichtert, indem Ihnen in Bestattungsfällen Zustellungen an die Gesellschaft ermöglicht werden. Außerdem werden die Gesellschafter in höherem Maße in die Pflicht genommen. Ein bloßes Abwarten und der Verweis auf die Zuständigkeit der (nicht vorhandenen) Geschäftsführung hilft ihnen zukünftig nicht mehr.

Autor

Bild von Dr. Stephan Dornbusch
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Dr. Stephan Dornbusch
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