05.04.2009 -

von RA Wolf Constantin Bartha, Fachanwalt für Medizinrecht, Rechtsanwälte MEYER-KÖRING, Schumannstraße 18, 10117 Berlin, www.meyer-koering.de

Zahnärztliches- und ärztliches Werberecht ist ein Dauerbrenner. Wenngleich Gerichte und Juristen stets auf den Wandel dieses Rechtsgebietes hinweisen und die fortlaufende Liberalisierung darstellen, treten immer wieder Unsicherheiten auf.

Einen aktuellen Fall, bzw. einen aktuellen Rückschritt, bietet das Landgericht Köln. In einer Entscheidung vom 31.07.2008, Az. 31 O 86/08, stellt es sinngemäß fest: „Das Verbot für Ärzte, in Berufsbekleidung zu werben, gilt auch nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH)“.

Im konkreten Fall ging es um die komplexe Auseinandersetzung zwischen einer zahnärztlichen Fachgesellschaft sowie einem Domainbetreiber bzw. einer Zahnarztpraxis. Neben allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Aspekten ging es unter anderem auch um Folgendes: Die verklagte Praxis hatte auf ihrer Homepage unter dem Stichwort „Patienteninformationen“ Informationen über endodontische Behandlungen eingestellt. In diesem Zusammenhang waren auch Photos zu sehen, die unter anderem vier Zahnmediziner und Hilfspersonal in Berufsbekleidung und bei der Ausübung von deren Tätigkeiten zeigten.

Diese Darstellung, so das Gericht, sei unzulässig und müsse unterlassen werden. In der Sache läge hier ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) vor. Zwar sei im Anschluss an die neuere Rechtsprechung des BGH zum Heilmittelwerberecht eine einschränkende Auslegung der Vorschrift geboten. Damit sei zudem zu fordern, dass die Werbung geeignet sei, das Laienpublikum unsachlich zu beeinflussen und dadurch zumindest eine mittelbare Gesundheitsgefährdung zu bewirken. Dies sei im konkreten Fall aber anzunehmen.

Denn die Werbung erschöpfe sich nicht in der Darstellung von Personen in Berufsbekleidung, sondern gehe mit der Abbildung von Zahnärzten und Hilfspersonal in zusätzlicher Schutzkleidung bei der Ausübung der Wurzelbehandlung und Untersuchungen über das zulässige Maß auch nach einschränkender Auslegung des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 HWG hinaus. Die Werbung berge die Gefahr der unsachlichen Beeinflussung und Fehlinterpretation und daraus folgend die fehlerhafte Einschätzung des Therapiebedarfs.

Überzeugt diese Begründung? Wohl kaum. Welche Grundsätze gelten denn nun nach aktueller Rechtsprechung des BGH?

Ausgangspunkt ist zunächst der Gesetzeswortlaut des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 HWG. Danach darf außerhalb der Fachkreise für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel u.a. nicht geworben werden mit der bildlichen Darstellung von Personen in der Berufskleidung oder bei der Ausübung der Tätigkeit von Angehörigen der Heilberufe, des Heilgewerbes oder des Arzneimittelhandels.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes lag hier also in der Tat ein Verstoß gegen das HWG vor. Denn letztlich wurde für Patienten (also außerhalb der Fachkreise) für ein Verfahren/eine Behandlung (Endodontie) „geworben“ und zwar mit der bildlichen Darstellung eines Zahnarztes in Berufsbekleidung bei der Tätigkeit.

Aber: was genau meint denn der Bundesgerichtshof, wenn er eine „einschränkende Auslegung“ fordert? Konkret geht es insbesondere um die Entscheidung vom 01.03.2007, Az. I ZR 51/04. Darin argumentiert der BGH, dass die Berufsfreiheit der betroffenen Ärzte hier eine Einschränkung in der Auslegung der Vorschrift erzwinge. Deshalb müsse die bereits erwähnte, zumindest mittelbare Gesundheitsgefährdung hinzukommen um ein Verbot zu rechtfertigen.

Wie genau diese Grundsätze mit Inhalt zu füllen sind, hat das Verwaltungsgericht Giessen mit einer Entscheidung vom 14.11.2007, Az. 21 BG 1275/07 überzeugend dargestellt. Auch dort ging es um die Abbildung in Berufsbekleidung und bei der Tätigkeit. Das VG Giessen hatte bei der Bewertung danach differenziert, ob es sich um allgemeine Darstellung handelt, die das Leistungsspektrum der Praxis darstellt oder ob eine bestimmte Behandlungsart gegenüber einer anderen besonders hervorgehoben würde. Übertragen auf den endodontischen Fall des LG Köln, kommen aber Zweifel auf. Welchem Verfahren wurde die Endodontie denn gegenübergestellt? Erkennbar keinem. Dies hätte auch zahnmedizinisch keinen Sinn gemacht, da es insoweit gar kein konkurrierendes Verfahren gibt. Vielmehr ging es nur um die Darstellung des Tätigkeitsspektrums.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine schon deutlich ältere Entscheidung des Kammergerichts (Berlin), die sich mit der Frage befasste, wann denn eigentlich eine „Gefährdung“ vorläge. Das Gericht betonte in seiner Entscheidung vom 07.03.2003, Az. 5 U 40/02 insbesondere: Zweck des HWG sei lediglich, krankhaft geschädigte Personen, die sich eigentlich zum Arzt begeben sollten, davon abzuhalten, aufgrund von Werbeaktionen eine unzureichende Selbstmedikation vorzunehmen. Ferner solle marktschreierischer Werbung vorgebeugt werden

Im vom Kammergericht entschiedenen Fall ging es aber um eine bestimmte Operationsart, weshalb schon gar nicht der Bereich betroffen sei, den das HWG schützen wolle. Denn vor jeder Operation, die ein entsprechend ausgebildeter Arzt vorzunehmen hätte, stünde zudem die individuelle Aufklärung über den Eingriff. Zudem erscheine eine Operation im Wege der Selbstmedikation ohnehin unvorstellbar.

Diese Wertungen haben sich aber durch die Rechtsprechung des BGH verfestigt. Zu fordern ist eine mittelbare Gesundheitsgefährdung. Kommt man zurück auf die Entscheidung des LG Köln, stellt man fest, dass es sich das Gericht bei der Prüfung dieser Gefahr der „mittelbaren Gesundheitsgefährdung“ offensichtlich zu leicht gemacht hat. Wenn das Gericht feststellt, die bildliche Darstellung eines Zahnarztes bei der Durchführung endodontischer Eingriffe berge die Gefahr der unsachlichen Beeinflussung und Fehlinterpretation und daraus folgend der fehlerhaften Einschätzung des Therapiebedarfs ist dies eine Behauptung, keine Begründung. Diese Behauptung ist darüber hinaus sogar noch falsch und zeugt von fehlender zahnmedizinsicher Durchdringung des Themas. Gerade die Entscheidung, ob ein endodontischer Eingriff indiziert ist oder nicht, obliegt ausschließlich dem Zahnarzt. Dem Patienten fehlen bereits jegliche Diagnosemittel. Eine Selbstmedikation kommt erkennbar ebenso wenig in Betracht wie eine Selbstdurchführung des Eingriffs. Selbst ein durch die „Werbung“ über die Möglichkeiten der Endodontie vorinformierter Patient ist stets und in vollem Umfang auf die Bewertung, Aufklärung und Therapie bei seinem Zahnarzt angewiesen.

Interessant wäre gewesen, wie sich das Landgericht positioniert hätte, wenn beispielsweise ein Herzzentrum seinen Operateur bei der Durchführung einer Herztransplantation gezeigt hätte? Ob auch hier das „Publikum“ unsachlich beeinflusst worden und anfällig für Akte der Selbsthilfe geworden wäre?

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