18.05.2009 -

 

Das Bundesarbeitsgericht hat sich in immer wieder neuen Fallvarianten mit der Wirksamkeit von Befristungen zu befassen. In einer aktuellen Entscheidung des 7. Senats ging es um den Anspruch eines Arbeitnehmers auf Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages, der auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt wurde (BAG, Urt. v. 13.8.2008 – 7 AZR 513/07, NZA 2009, 27).

 

Der Sachverhalt der Entscheidung:

Die klagende Arbeitnehmerin machte die Unwirksamkeit der mit ihr vereinbarten sachgrundlosen Befristung sowie einen Anspruch auf Vertragsverlängerung geltend.

Sie war befristet ohne Sachgrund im Rahmen einer Erstbefristung von Januar 2006 bis Ende September 2006 beschäftigt. Die Klägerin wurde zusammen mit 18 weiteren Arbeitnehmern eingestellt, mit denen gleichlautende Verträge abgeschlossen wurden.

Im September 2006 bot der beklagte Arbeitgeber diesen 18 weiteren Arbeitnehmern eine Vertragsverlängerung bis zum 22. Januar 2008 an. Diese nahmen die Angebote an. Die Klägerin erhielt indessen kein derartiges Angebot. Eine Weiterbeschäftigung über den 30. September 2006 hinaus erfolgte bei ihr nicht.

Mit ihrer Klage machte sie einerseits die Unwirksamkeit der Befristung zum 30. September 2006 geltend sowie andererseits einen Anspruch auf Vertragsverlängerung bis zum 22. Januar 2008.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen.

 

Die Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht hat im Revisionsverfahren die Entscheidungen der Vorinstanzen deutlich bestätigt.

 

I. Sachgrundlose Befristung wirksam

Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bekanntlich bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig, § 14 Abs. 2 TzBfG. Bis zu dieser Gesamtdauer ist die höchstens dreimalige Verlängerung zulässig. Eine Befristung ist nur dann nicht möglich, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Für die Wirksamkeit der Befristung kommt es nicht darauf an, ob die dem Arbeitnehmer übertragenen Arbeitsaufgaben nach Ablauf der Vertragslaufzeit weiterhin anfallen. § 14 Abs. 2 TzBfG erlaubt die befristete Beschäftigung unabhängig vom Vorliegen eines die Befristung rechtfertigenden sachlichen Grundes. Die Wirksamkeit der Befristung hängt ausschließlich davon ab, ob im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Voraussetzungen des § 14. Abs. 2 TzBfG objektiv vorlagen. Dies war hier der Fall.

 

II. Vertragsverlängerungsanspruch

Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen hat die Arbeitnehmerin aber nicht nur die Unwirksamkeit der Befristung, sondern zusätzlich auch eine Vertragsverlängerung gerichtlich geltend gemacht.

 

1. Anspruch aus Vertrauenshaftung

Das Bundesarbeitsgericht hatte bereits entschieden, dass allein aus der Inanspruchnahme von Vertrauen kein Anspruch auf Weiterbeschäftigung hergeleitet werden kann. Ein zu Unrecht enttäuschtes Vertrauen verpflichtet lediglich zum Ersatz des Vertrauensschadens, gewährt aber keinen Erfüllungsanspruch. Aber: Es besteht ein vertraglicher Anspruch des Arbeitnehmers auf Abschluss eines weiteren Arbeitsvertrages, wenn die Erklärungen oder Verhaltensweisen des Arbeitgebers als Zusage auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auszulegen sind.

Im vorliegenden Fall lagen von Seiten des Arbeitgebers solche Verhaltensweisen nicht vor. Im Gegenteil. Die Unterbreitung von Verlängerungsangeboten an andere Arbeitnehmer konnte gerade auf die Absicht des Arbeitgebers schließen, das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin nicht fortsetzen zu wollen. Erklärungen oder Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen auf eine Zusage auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Arbeitnehmerin hinaus geschlossen werden konnten, waren nicht erkennbar.

 

2. Kein Anspruch aus arbeitsrechtlichem Gleichbehandlungsgrundsatz

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern gleichzubehandeln, soweit sie sich in gleicher oder vergleichbarer Lage befinden. Liegt ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung nicht vor, kann der übergangene Arbeitnehmer verlangen, nach Maßgabe der allgemeinen Regelung behandelt zu werden.

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist anwendbar, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem allgemeinen generalisierenden Prinzip gewährt, in dem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke für die Leistung festlegt. Es spricht daher schon im Ansatz vieles dagegen, den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz überhaupt als Anspruchsgrundlage für den Abschluss eines weiteren befristeten oder unbefristeten Arbeitsvertrages anzusehen.

Unabhängig von dieser Streitfrage ergibt sich nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts jedenfalls keine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Verlängerung eines wirksam sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit genießt Vorrang vor dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Dies folgt aus Sinn und Zweck von § 14 Abs. 2 TzBfG. Dadurch würde dem Arbeitgeber die Möglichkeit genommen, frei und ohne Bindung an sachliche Gründe entscheiden zu können, ob er einen befristet beschäftigten Arbeitnehmer nach Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit weiterbeschäftigen möchte.

 

Fazit:

Das Bundesarbeitsgericht bestätigt in klaren und erfreulich deutlichen Worten die Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers im Rahmen der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG. Der Arbeitgeber ist hier in seiner Entscheidungsfindung frei und kann ohne Bindungen über eine mögliche Verlängerung des Arbeitsverhältnisses entscheiden. Es kommt nicht darauf an, ob er in gleichgelagerten Fällen Vertragsverlängerungen anbietet und es kommt auch nicht darauf an, ob Arbeitsaufgaben nach Ablauf der Vertragslaufzeit weiterhin anfallen.

 

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