13.01.2015

Eine Einkommensteuererklärung kann auch per Telefax an das Finanzamt übermittelt werden. Die tatsächliche, vollumfängliche Kenntnisnahme des Steuerpflichtigen vom Inhalt der Einkommen­steuererklärung ist nicht erforderlich.

Der Fall:

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit eines Antrags auf Veranlagung.

Die Klägerin erzielte im Streitjahr 2007 ausschließlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Die Steuerberaterin des Klägers übermittelte dem Beklagten (Finanzamt) die Einkommensteuererklärung ohne Zertifizierung über das ELSTER-Portal. Am 30.12.2011 ging die hierzu gehörende komprimierte Einkommensteuererklärung beim Finanzamt ein. Die erste Seite dieser Erklärung war ein Fax mit telekopierter Unterschrift der Klägerin.

Zuvor hatte sich die Klägerin, die urlaubsbedingt ortsabwesend war, telefonisch mit ihrer Steuerberaterin über die Steuererklärung und deren Inhalt ausgetauscht, sich mit der Einreichung einverstanden erklärt – ohne die körperliche Erklärung gesehen zu haben – und das ihr per Fax übersandte Deckblatt unterschrieben.

Am 24.01.2012 unterschrieb die Klägerin am Sitz des Finanzamtes erneut ein Deckblatt der Erklärung. Das Finanzamt lehnte den Antrag der Klägerin auf Veranlagung zur Einkommensteuer wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist ab.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der erfolgreichen Klage vor dem Finanzgericht, das Finanzamt legte daraufhin Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ein.

Die Entscheidung:

Die Revision hatte keinen Erfolg. Der BFH verpflichtete das Finanzamt, die beantragte Einkommensteuerveranlagung durchzuführen.

I. Eigenhändig unterschriebener Antrag nach §§ 46 Abs. 2 Nr. 8; 25 Abs. 3 EStG

Soweit das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit besteht, von denen ein Steuerabzug vorgenommen wurde, wird die Veranlagung gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 EStG nur auf Antrag durchgeführt. Der Antrag wird durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung gestellt, § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG.

Der Begriff der Einkommensteuererklärung wird im EStG nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des BFH ist der Veranlagungsantrag jedoch mit den Anforderungen an eine formal wirksame Einkommensteuererklärung verknüpft. Liegt diese vor, ist eine Veranlagung durchzuführen, fehlt es an ihr, ist der Antrag nicht wirksam gestellt.

§ 25 Abs. 3 EStG verlangt, dass die Einkommensteuererklärung eigenhändig unterschrieben sein muss, wobei „eigenhändig“ bedeutet, dass sie „von der Hand“ des Antragstellers stammen muss. Eine Blankounterschrift genügt deshalb nicht. Denn die zu § 126 BGB entwickelten Grundsätze sind nicht auf die eigenhändige Unterzeichnung anwendbar, wie sich aus § 150 Abs. 2 und Abs. 3 AO ergibt. Nach dieser Vorschrift ist nämlich schon die Unterzeichnung durch den Bevollmächtigten für den Steuerpflichtigen ausgeschlossen. Ebenso muss der Steuerpflichtige persönlich schriftlich versichern, dass der die Erklärung nach bestem Wissen und Gewissen gemacht hat. Der Steuerpflichtige soll mit der eigenhändigen Unterschrift die Verantwortung für die tatsächlichen Angaben in der Steuererklärung übernehmen und sich durch die Verpflichtung zur Unterschrift auf dem Vordruck vergewissern, dass die evtl. von einem Dritten gemachten Eintragungen vollständig und richtig sind.

II. Übermittlung des Antrags per Telefax

Sowohl die Steuererklärung selbst als auch die Unterschrift des Steuerpflichtigen können per Fax an das Finanzamt übermittelt oder als solches vorgelegt werden.

Dass eine fristwahrende Übermittlung von Schriftsätzen per Faxgerät in allen gerichtszweigen – auch in den finanzgerichtlichen Verfahren – zulässig und wirksam ist, ist ständige höchstrichterliche Rechtsprechung. Gleiches gilt (nunmehr auch) für die Abgabe der Einkommensteuererklärung.

Die eigenhändige Unterschrift unter einem Schriftstück gehört in beiden Fällen zum Erfordernis der Schriftform. Darüber hinaus sind die Gründe für das Erfordernis der Schriftlichkeit fristgebundener Erklärungen und die Gründe für die schriftliche Abgabe von Einkommensteuererklärungen mit eigenhändiger Unterschrift dieselben:

Der Inhalt einer Erklärung und die Person des Erklärenden sollen zuverlässig festgestellt werden können, ebenso soll erkennbar sein, dass es sich bei dem eingereichten Schriftsatz nicht lediglich um einen Entwurf handelt. Im Fall der Einkommensteuererklärung dient dies insbesondere dem Schutz des Steuerpflichtigen vor falschen und ungewollten Erklärungen Nichtberechtigter. Außerdem soll sichergestellt werden, dass der Steuerpflichtige die Verantwortung für die abgegebene Erklärung übernimmt und sich über deren Vollständigkeit und Richtigkeit informieren kann (s.o.).

Diese Zwecke werden aber auch dann erfüllt, wenn die Einkommensteuererklärung vom Steuerpflichtigen unterschrieben und im Anschluss daran per Telefax an das Finanzamt gesendet wird. Sowohl Inhalt als auch Urheberschaft bleiben eindeutig erkennbar. Höhere Formanforderungen an die Einkommensteuer zu stellen, als an bestimmte Schriftsätze in gerichtlichen Verfahren, wäre nicht gerechtfertigt.

Auf die tatsächliche Kenntnisnahme des Steuerpflichtigen vom Inhalt der Steuererklärung oder deren Vorliegen kommt es jedoch nicht an. Denn in jedem Fall hat er sich mit der Unterschrift den Inhalt der Erklärung zu eigen gemacht und dokumentiert, dass er die Verantwortung für die enthaltenen Angaben übernimmt. Die verbleibende Ungewissheit über den Umfang der Kenntnis des Steuerpflichtigen ist im Übrigen bei jeder Steuererklärung mit mehreren Anlagen, aber nur einmal geforderter Unterschrift gegeben und zusätzlich im ELSTER-Programm selbst angelegt, da die Unterschrift nur auf Seite 1 des Deckblattes erforderlich ist.

Fazit:

Die erfolgreiche Klage zeigt, dass die fristwahrende Abgabe einer Einkommensteuererklärung nicht anders zu behandeln ist, als die fristwahrende Abgabe von Schriftsätzen in gerichtlichen Verfahren. Damit ist höchstrichterlich entschieden, dass auch die Einkommensteuererklärung per Faxgerät an das Finanzamt übermittelt werden kann, ohne dass die Anforderungen an eine eigenhändige Unterschrift dem entgegenstehen.

Praxishinweis:

Insbesondere zur Fristwahrung bietet die Übersendung einer Einkommensteuererklärung per Telefax eine nunmehr höchstrichterlich bestätigte Alternative zur postalischen Versendung oder persönlichen Überbringung. Es ist jedoch stets darauf zu achten, dass die per Telefax übersandte Erklärung eigenhändig unterschrieben ist, so dass der Unterzeichner feststellbar und darüber hinaus erkennbar ist, dass der Unterzeichner sich der Vollständigkeit und Richtigkeit der enthaltenen Angaben vergewissern konnte und sich diese zu eigen macht. Eine Blankounterschrift oder eine vor Fertigstellung der Einkommensteuererklärung vorgenommene Unterzeichnung werden den Anforderungen an eine „eigenhändige“ Unterschrift nicht gerecht.

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2022/2023)

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2017-2021)

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