In einem aktuellen Urteil  hat das Berliner Kammergericht den früheren Betreiber einer nicht mehr existenten Bitcoin-Handelsplattform vom Vorwurf eines fahrlässigen Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz (KWG) freigesprochen (KG Urt. v. 25.9.2018 – (4) 161 Ss 28/18 (35/18)). Der gewerbliche Handel mit Bitcoins sei in der festgestellten Form nicht erlaubnispflichtig, weil es sich bei Bitcoins nicht um ein Finanzinstrument im Sinne des KWG handele.


Der gewerbliche Handel mit Bitcoins sei nicht erlaubnispflichtig, weil es sich bei Bitcoins nicht um ein Finanzinstrument im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG )handele, so das Berliner Kammergericht.  

Absage an die Verwaltungsauffassung der BaFin

Das Kammergericht erteilt der gegenteiligen Auffassung der BaFin (siehe deren Merkblatt „Hinweise zu Finanzinstrumenten nach § 1 Abs. 11 Sätze 1 bis 3 KWG (Aktien, Vermögensanlagen, Schuldtitel, sonstige Rechte, Anteile an Investmentvermögen, Geldmarktinstrumente, Devisen, Rechnungseinheiten und Emissionszertifikate)“ vom 20.12.2011, zuletzt geändert am 26.07.2018, eine deutliche Absage. So heißt es in der Entscheidung des Kammergerichts:

„Das genannte Merkblatt hat daher keinen rechtsgestaltenden Charakter und kann einen solchen auch nicht haben. Mit der Behauptung, Bitcoins fielen unter den Begriff der Rechnungseinheiten im Sinne von § 1 Abs. 11 KWG, überspannt die Bundesanstalt den ihr zugewiesenen Aufgabenbereich.“

Bitcoin keine Rechnungseinheit nach § 1 Abs. 11 Nr. 7 KWG

Nach Meinung des Kammergerichts handelt es sich bei Bitcoins nicht um   Rechnungseinheiten gem. § 1 Abs. 11 Nr. 7 KWG. Der Bitcoin habe keinen eigenen darstellbaren oder vergleichbaren Wert. Es handele sich um keine Währung und kein Geldzahlungsmittel im klassischen Sinne, das in einem Währungsraum kraft Gesetzes von jedermann zur rechtswirksamen Erfüllung geschuldeter Leistungen akzeptiert wird. Zwar sei der Bitcoin unter bestimmten Wirtschaftsteilnehmern ein akzeptiertes Zahlungsmittel. Sein Wert hänge aber entscheidend von dem ihm durch die Nutzer des Netzwerkes zum Zeitpunkt der Wertbeurteilung zugewiesenen Wert ab. Bitcoins unterliegen daher nicht vorhersehbaren oder kalkulierbaren Schwankungen, weshalb es dem Bitcoin an einer allgemeinen Anerkennung und der entsprechenden vorhersehbaren Wertbeständigkeit fehle, ohne die man ihn zur allgemeinen Vergleichbarkeit verschiedener Waren oder Dienstleistungen nicht heranziehen könne. Er erfülle daher eine wesentliche begriffliche Voraussetzung von Rechnungseinheiten nicht, wie sie in der vom Gesetzgeber vorgenommenen Gleichstellung von Rechnungseinheiten mit Devisen und der beispielhaft herangezogenen ECU zum Ausdruck kommt.

Bitcoins kein E-Geld im Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG)

Es handele sich bei Bitcoins auch nicht um E-Geld. Gemäß § 1a Abs. 3 ZAG ist E-Geld jeder elektronisch, darunter auch magnetisch, gespeicherte Wert in Form einer Forderung gegenüber dem Emittenten, der gegen Zahlung eines Geldbetrages ausgestellt wird, um damit Zahlungsvorgänge durchzuführen. Schon die Voraussetzung der Ausgabe durch einen Emittenten sei beim Bitcoin nicht gegeben.

Ausblick

Zu Recht hat das Kammergericht darauf hingewiesen, dass es – gerade im Strafrecht – nicht Aufgabe einer Bundesbehörde ist, rechtsgestaltend in der Weise tätig zu werden, dass ihre Verwaltungsauffassung Grundlage einer strafrechtlichen Verurteilung wird, wenn das Gesetz an sich nicht bestimmt genug ist. Allerdings betrifft dies primär die Frage, ob der in einem gewerblichen Handel mit Bitcoins ohne Erlaubnis der BaFin liegende Verstoß gegen die Vorschriften des KWG zur Strafbarkeit führt.

Ungeachtet der Strafbarkeit stellt sich allerdings auch die Frage, ob die BaFin die ihr zustehenden verwaltungsrechtlichen Instrumente in solchen Fällen weiter nutzen kann. Die Behörde hat bereits angekündigt, an ihrer Verwaltungsauffassung festhalten zu wollen, solange keine anderslautende Entscheidung der Verwaltungsgerichte ergeht.

Auch im strafrechtlichen Bereich bleibt bis zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ein hohes Maß an Unsicherheit: Denn andere Oberlandesgerichte könnten die entscheidende Frage, wie Bitcoins aufsichtsrechtlich einzuordnen sind, ggf. anders beurteilen als das Kammergericht.

Gesetzgeber, bitte übernehmen Sie!

Wünschenswert wäre eine entsprechende Klarstellung des Gesetzgebers zu den zahlreichen regulatorischen Fragen rund um Kryptowährungen, die sich nicht auf das KWG beschränken (siehe dazu auch unseren Artikel zum Hinweisschreiben der BaFin vom 20.02.2018 – „Aufsichtsrechtliche Einordnung von sog. Initial Coin Offerings (ICOs) zugrunde liegenden Token bzw. Kryptowährungen als Finanzinstrumente im Bereich der Wertpapieraufsicht“).

Trotz der Entscheidung des Kammergerichts ist daher auch weiterhin bei Projekten rund um Bitcoins oder andere Kryptowährungen eine rechtliche Prüfung und Begleitung unerlässlich.

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